internet-arbeitsplatz-bundesarbeitsgericht

Surfen am Arbeitsplatz: Kündigung droht!

BAG: Herunterladen von pornografischen Dateien rechtfertigt sofortige Kündigung ohne Abmahnung

In einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 07.07.2005 (Aktenzeichen: 2 AZR 581/04) hat das Bundesarbeitsgericht klarere Regeln, als bisher in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung vorhanden, zum Surfen am Arbeitsplatz aufgestellt. Im vorliegenden Fall war ein Arbeitnehmer fristlos gekündigt worden, da er trotz ausdrücklichen Hinweises im Rahmen des Intranetzes seiner Firma das Internet privat genutzt hatte und unter anderem fast 5 Stunden lang Seiten mit pornografischem Inhalt aufgerufen hatte. Die ersten beiden Instanzen hatten der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers stattgegeben.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Angelegenheit erneut zur Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Im Urteil heißt es wörtlich und insofern ergeben sich klare Richtlinien für die private Nutzung des Internets  am Arbeitsplatz:

Neben der vom Berufungsgericht genannten Pflichtverletzung kommen bei einer privaten Nutzung des Internets allgemein und im vorliegenden Fall im besonderen unter anderem in Betracht:

 

  • Das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme (“unbefugter Download”), insbesondere wenn damit einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierung oder anderer Störungen des -betrieblichen- Betriebssystems verbunden sein können oder andererseits von solchen Daten, bei deren Rückverfolgung es zu möglichen Rufschädigungen des Arbeitgebers kommen kann, beispielsweise bei strafbarer oder pornografischer Darstellungen heruntergeladen werden.
  •  Die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses als solche, weil sie dem Arbeitgeber -zusätzliche- Kosten entstehen und der Arbeitnehmer die Betriebsmittel -unberechtigter Weise- in Anspruch genommen hat.
  • Die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets während der Arbeitszeit, weil der Arbeitnehmer während des Surfens im Internet zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt und dadurch seine Arbeitspflicht verletzt.

 Somit konkretisieren sich die rechtlichen Anforderungen an arbeitsvertragliche Verletzungen, die das Arbeitsverhältnis gefährden auf drei wesentliche Punkte:

Zum einen auf das Herunterladen von Dateien in erheblichem Umfang mit den damit verbundenen Risiken. Des Weiteren ist ein Aspekt die zusätzlich entstehenden Kosten sowie die Tatsache, dass der Arbeitnehmer, wenn er privat im Internet surft eben nicht arbeitet, sondern seinen Freizeitinteressen nachgeht.

Sehr klar und eindeutig sind auch die weiteren Ausführungen des Bundesarbeitsgerichtes. Es heißt dort “Bei einer privaten Internetnutzung während der Arbeitszeit verletzt der Arbeitnehmer grundsätzlich seine (Hauptleistung-)Pflicht zur Arbeit.” Es wird dann zwar eingeschränkt, dass die private Nutzung die Erbringung der Arbeitsleistung nicht erheblich beeinträchtigen darf. Der eher unbestimmte Begriff “erheblich” macht deutlich, dass es feste Regeln nicht gibt. Jedenfalls ist bereits eine mehrstündige Internetnutzung während der Arbeitszeit als erheblich angesehen worden.

Interessant und weitreichend auf die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichtes zur erlaubten privaten Nutzung des Internets während der Arbeitszeit. Selbst wenn die Nutzung des Internets privat gestattet ist, bezieht sich dies allenfalls auf eine private Nutzung im normalen bzw. angemessenen zeitlichen Umfang. Dies bedeutet, dass selbst für den Fall, in dem der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern erlaubt, dass Internet privat zu nutzen, das Arbeitsverhältnis durch eine fristlose Kündigung auf dem Spiel steht, wenn die Arbeitnehmer es übertreiben.

Sozialadäquat, d.h. üblich, ist die Internetnutzung während der Arbeitszeit nicht. Diese Ansicht des Landesarbeitsgerichtes schiebt das Bundesarbeitsgericht mit deutlichen Worten einen Riegel vor. Es heißt im Übrigen:

“Aus einer möglichen Berechtigung zur privaten Nutzung des Internets folgt noch nicht, dass der Arbeitnehmer das Medium intensiv während der Arbeitszeit nutzen darf.”

Wer die Internetnutzung übertreibt, darf nicht darauf hoffen, abgemahnt zu werden, bevor er dann endgültig gefeuert wird. Das Bundesarbeitsgericht nimmt an, dass Fallgestaltungen denkbar sind, in denen es eine Abmahnung wegen der privaten Nutzung des Internets nicht bedarf. Im Übrigen darf der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht darauf vertrauen, der Arbeitgeber werde eine private Nutzung des Internets tolerieren. Selbst wenn der Arbeitgeber damit einverstanden ist, dass das Internet privat genutzt wird und eine Nutzung nicht in erheblichem Umfang erfolgt, darf man noch lange als Arbeitnehmer nicht das machen was man will. Die Grenzen des Einverständnisses zur privaten Nutzung sind dann überschritten, wenn sich der Arbeitnehmer umfangreiche pornografische Dateien aus dem Internet herunterlädt. In diesen Fällen bedarf es keiner Abmahnung. Es kann sofort gekündigt werden.

Es ist zu begrüßen, dass das Bundesarbeitsgericht klare Regeln für die häufige private Internetnutzung am Arbeitsplatz aufgestellt hat. Die bisher existente Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist in dem Urteil treffend und sehr restriktiv zusammengefasst worden. Für Arbeitgeber ist es nunmehr leichter möglich, gegen die unberechtigte Nutzung des Internets während der Arbeitszeit vorzugehen. Arbeitnehmer sollten vorsichtig sein, wie lange und vor allen Dingen was sie privat an dem betrieblichen Internetzugang tun.

Weiterführender Link:

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/1cf5913a9dc4483ba884435d3ded370f