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Neue strenge Anforderungen, um Schleichwerbung bei Instagram zu vermeiden: Verlinkung auf Herstellerseite sowie mehr als 50.000 Follower sind Schleichwerbung, wenn Werbung nicht als solche gekennzeichnet wird

Wir hatten bereits mehrfach in diesem Jahr darüber berichtet, dass Influencer in sozialen Netzwerken, sei es bei Instagram, YouTube oder im eigenen Blog, wettbewerbswidrige Schleichwerbung betreiben, wenn auf werbende Beiträge nicht hingewiesen wird.

Das Landgericht Berlin (LG Berlin, Urteil vom 24.05.2018, Az.: 52 O 101/18) hat sich mit Schleichwerbung bei Instagram befasst. Das Urteil enthält durchaus neue Aspekte, die für Influencer wichtig sind.

Worum ging es?

Abgemahnt wurde eine Influencerin und Bloggerin, die nicht nur einen Blog betreibt, sondern auch bei Instagram aktiv ist. Die Bloggerin hat bei Instagram mehr als 50.000 Follower. In einzelnen Blogbeiträgen erfolgten Verlinkungen auf die jeweiligen Unternehmen des erwähnten Produktes.

Die Bloggerin hatte behauptet, dass Sie für diese Verlinkung keine Vergütung oder sonstige geldwerte Vorteile erhalten hätte.

Wie lautet der Tenor?

Das Gericht hatte die Bloggerin verurteilt, es unter Androhung von Ordnungsmitteln

zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr unter Abbildung einer Person oder einem Bezug zu einer Person und der Bezeichnung kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne den kommerziellen Zweck der Veröffentlichung zu verdeutlichen, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, in dem dies geschieht wie
– durch Veröffentlichung von Beiträgen
– mit der Abbildung einer Person oder einem Bezug zu einer Person (…) = 1. Ansicht,
– nach Aufruf der 1. Ansicht durch einen Klick des Anzeigens des Namens von einem oder mehreren Unternehmen auf der gleichen Seite = 2. Ansicht
und
– durch einen weiteren Klick des Accounts des Unternehmens, dessen Name bei der zweiten Ansicht ins Bild gekommen ist = 3. Ansicht,
ohne den kommerziellen Zweck der Veröffentlichung kenntlich zu machen, jeweils wenn dies geschieht, wie aus den Anlagenkonvoluten A 4 a – c, A 5 a – c, A 6 a – c ersichtlich, die jeweils den Instagram-Blog (…) der Antragsgegnerin zeigen. (…)

Es geht somit um eine im Rechtssinn mehrstufige Beschreibung von Blogbeiträgen bei Instagram.

Dies ist für die Bloggerin auch weiterhin zulässig. Sie muss jedoch den “kommerziellen Zweck der Veröffentlichung” kenntlich machen. Mit anderen Worten: Werbung muss als Werbung bezeichnet werden.

Was ist neu?

Die Entscheidung des Landgerichtes Berlin enthält einige durchaus neue Aspekte zum Thema nichtgekennzeichnete Werbung bei Instagram oder Blogs. Bereits zum Thema eBay gibt es umfangreiche Rechtsprechung, ab wann ein privater eBay-Account im Rechtssinne eigentlich gewerblich ist. Bei eBay sind dies bspw. 25 Verkäufe in drei Monaten, so der BGH. Vergleichbare Maßstäbe legt das Landgericht Berlin nun an die Anzahl der Follower bei Instagram an:

Bei mehr als 50.000 Followern sei die Präsentation von Produkten durch eine nicht unbedeutende Influencerin geeignet, die Aufmerksamkeit von Unternehmen zu erlangen und deren Interesse zu wecken, konkrete Geschäftsbeziehungen anzubahnen, aus denen sich dann konkrete geschäftliche Vorteile für die Antragsgegnerin ergeben könne. Diese hatte im Übrigen eingeräumt, auch gekennzeichnete Werbebeiträge zu haben, bei denen sie über Instagram für Unternehmen wirbt.
Hinzu kam für das Landgericht der Vortrag der Antragsgegnerin, dass sie ihren Instagram-Account selber als geschäftlich ansieht, da sie in ihrem Blog ganz bewusst private Bereiche nicht ins Internet tragen will. Hinzu kommt des Weiteren, dass sie als professionelle Bloggerin eine Projektmanagerin beschäftigt und ihre Geschäftsanschrift in den Räumen einer Werbeagentur unterhält.

 “Es handelt sich bei der Antragstellerin nicht um eine Privatperson, die ihre persönlichen Vorlieben im Internet veröffentlicht. Ebenso wenig handelt es sich bei den streitgegenständlichen Posts um redaktionelle Inhalte. Vielmehr werden Produkte zu kommerziellen Zwecken präsentiert und deren Herkunft benannt.”

Diese Rechtsansicht ist durchaus nachvollziehbar, wenn man sich folgende Aspekte anschaut:

  • mehr als 50.000 Follower
  • im gleichen Account als Werbung gekennzeichnete Beiträge
  • Angestellte der Bloggerin
  • Geschäftsadresse
  • keinerlei private Inhalte
  • durch Beiträge erzielte Einkünfte

Hierzu führt das Landgericht aus:

“Damit wird sie für Unternehmen interessant, die für ihre Werbung an möglichst glaubwürdigen Werbeträgern interessiert sind und verdient Geld umso mehr, je größer die Zahl ihrer Follower ist. Sie hat ein Interesse daran, ihren Instagram-Auftritt möglichst ansprechend, interessant und vielfältig zu gestalten, um ihre Follower zu erhalten und neue dazuzugewinnen. Einer solchen Gestaltung ihres Instagram-Auftritts dienen auch die verfahrensgegenständlichen Posts.”

Auf eine private Motivation bspw. zu Beginn der Tätigkeit kommt es nicht an. Im Gegenteil:

“Diese nicht vorhandene Trennschärfe, die Posts für manche Beobachter privater Erscheinen lässt als sie tatsächlich sind, macht es für Unternehmen besonders attraktiv, wenn ihre Waren dort präsentiert werden.”

Letztlich, so unser Eindruck, beschreibt das Landgericht Berlin sehr klar und deutlich das Geschäftsmodell von Influencern: Nach außen hin soll es bloß nicht zu deutlich werden, dass vermeidlich private Beiträge und Ansichten nur Werbung sind. Dies ist letztlich das Geschäftsmodell.
Kennzeichnung ist zwingend

Hierzu führt das LG Berlin aus:

“Eine Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks der Beiträge ist auch nicht entbehrlich. Das wäre der Fall, wenn er sich unmittelbar aus den Umständen ergeben würde, was jedoch nicht der Fall ist. Entsprechendes könnte nur dann angenommen werden, wenn der kommerzielle Zweck auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar sein würde. Es genügt nicht, wenn der durchschnittliche Leser erst nach einer analysierenden Lektüre des Posts dessen werbliche Wirkung erkennt (KG a.a.O.). Zumindest Teile der angesprochenen Verkehrskreise, zu denen nicht nur internetaffine, im Bereich Social Media erfahrene Nutzer gehören, sondern die breite Öffentlichkeit und insbesondere auch Kinder und Jugendliche, die weniger aufmerksam und lesegeübt sind und sich erstmals mit solchen Posts befassen, werden den kommerziellen Zweck nicht sofort erkennen, sondern davon ausgehen, dass sie Beiträge der Antragsgegnerin zu ihrem derzeitigen Aufenthaltsort, ihrem aktuellen Aussehen sowie zu ihren Erlebnissen und Befindlichkeiten erhalten.”

Informationen der Landesmedienanstalten zur Werbekennzeichnung von Influencern greift zu kurz.

Die Landesmedienanstalten haben FAQs veröffentlicht, nämlich “Antworten auf Werbefragen in sozialen Medien“. Hierbei geht es um die Umsetzung der Regelung
“Werbung muss als solche leicht erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote angemessen durch optische und akustische Mittel oder räumlich abgesetzt sein (§ 58 Abs. 3 i. V. m. § 7 Abs. 3 Rundfunkstaatsvertrag)”.

Die Landesmedienanstalten können naturgemäß nur zum Medienrecht informieren, nicht jedoch zum Wettbewerbsrecht. Vor dem Hintergrund der Anzahl der Follower der Antragsgegnerin erteilt das Landgericht Berlin dem Merkblatt der Medienanstalten eine Absage:

“Soweit in dem aus der Anlage A 13 ersichtlichen Merkblatt der Medienanstalten, auf das sich die Antragsgegnerin beruft, die Auffassung vertreten wird, dass Nutzer von sozialen Medien ihre Posts nicht als Werbung kennzeichnen müssen, wenn sie das präsentierte Produkt von einem Unternehmen kostenlos und ohne Vorgaben erhalten haben, gilt dies nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht für Personen mit einer so großen Anzahl von Followern, wie die Antragsgegnerin sie hat, die noch dazu Verlinkungen in der hier erfolgten Art direkt auf eine Seite des Unternehmens vornehmen, wo der gesamte Shop oder zumindest eine große Anzahl von Waren der Unternehmen präsentiert werden.”

Wie sollen Blogger das Urteil des LG Berlin umsetzen?

Dies ist letztlich nicht Aufgabe des Gerichtes, was das Landgericht auch deutlich macht:

“Bei der Formulierung des Tenors hat die Kammer in geringfügiger Weise von § 938 ZPO Gebrauch gemacht. Dies beruht darauf, dass es der Antragsgegnerin selbst überlassen bleiben soll, Weg zu finden, die aus dem Verbot hinausführen. Dabei ist es nicht unbedingt erforderlich, -wie es im Antrag der Antragstellerin heißt- die 1. oder 2. Ansicht als kommerzielle Veröffentlichung zu kennzeichnen.”

Es verbleibt somit die offene Frage, wie man es richtig macht.
Die Zeit, in der Influencer mit vielen Followern angeblich mit privaten Beiträgen Produktwerbung veröffentlichen konnten, ohne diese zu kennzeichnen, gehen eindeutig zu Ende.
Zum ersten Mal hat ein Gericht bereits aus der Anzahl der Follower geschlossen, dass ein grundsätzlich gewerbliches Handeln vorliegt. Nach unserer Auffassung hat dies zur Folge, dass in diesem Fall quasi alle Beiträge in einem Blog als Werbung gekennzeichnet werden müssen.

Die Entscheidung zeigt im Übrigen auch, wie weitreichend Abmahnungen mit der Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sind. Es müsste in diesem Fall genau geklärt werden, was eigentlich genau als Werbung gekennzeichnet werden muss, damit nicht gegen eine Unterlassungserklärung verstoßen wird.

Stand: 21.06.2018

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke

 

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