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Wenn ein Widerrufsrecht nicht besteht, muss auch auf diesen Umstand hingewiesen werden (OLG Hamburg)

  • Aktuell:

    Mittlerweile hat sich der Bundesgerichtshof der Frage angenommen und die Entscheidung des OLG Hamburg bestätigt (BGH Urteil vom 09.06.2011, Az.: I ZR 17/10). Die Begründung des BGH ist gut nachvollziehbar: Verbraucher sind vor Abgabe der Vertragserklärung auch darüber zu informieren, dass sie ggf. kein Widerrufsrecht haben. Interessant jedoch eine Diskussion von gestern sind Ausführungen des BGH zu der Frage, ob die damalige Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV (diese Vorschrift ist mittlerweile im EGBGB geregelt) als Verordnung überhaupt wirksam sei, was der BGH problemlos bejaht.

Bei Fernabsatzverträgen gibt es durchaus Fälle, in denen ein Widerrufsrecht nicht besteht. Eine Übersicht finden Sie in unserem Beitrag “Viele Ausschlussgründe: Wann ein Widerrufsrecht nicht besteht“.

Artikel 246 § 1 Nr. 10 EGBGB schreibt vor, wie ein Unternehmer bei Fernabsatzverträgen gegenüber Verbrauchern über das Widerrufs- oder Rückgaberecht zu informieren hat. Es ist nämlich über das “Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechtes” zu informieren. Folge ist, dass ein entsprechender Hinweis notwendig ist, wenn im Einzelfall der Verbraucher kein Widerrufsrecht hat.

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg, Urteil vom 17.12.2009, Az.: 3 U 55/09) hatte sich genau mit dieser Frage zu befassen. Es ging um ein Zeitschriften-Abo, das telefonisch, per Fax oder durch eine Bestellpostkarte bestellt werden konnte. Angaben zum Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechtes enthielten weder die Anzeige noch die Bestellpostkarte noch der Bestellcoupon.

Bei Zeitschriften-Abo´s besteht gemäß § 312 d Abs. 4 Nr. 3 BGB kein Widerrufsrecht. Nach Ansicht des OLG Hamburg war der Zeitschriftenverlag daher verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass ein Widerrufsrecht nicht besteht und dass die Bestellung des beworbenen Zeitschriften-Abo´s mithin unwiderruflich sei. Die entsprechende Information, nämlich dass ein Widerrufsrecht nicht besteht, muss den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Der Hinweis muss vor Abgabe der Vertragserklärung “klar und verständlich” erteilt werden und in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Vertragserklärung stehen.

Das OLG Hamburg hat deutlich gemacht, was sich eigentlich schon aus dem Gesetz ergibt, jedoch oftmals nicht transparent dargestellt wird. Vorliegend geht es im Übrigen wohl nur um die Fälle des § 312 d Abs. 4 BGB, in denen ein Widerrufsrecht grundsätzlich nicht besteht. Die häufigsten Fälle sind

– Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden,

– Lieferung von Waren, die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde,

– Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind,

– Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten (der hier entschiedene Fall),

– Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen,

– bestimmte Finanzdienstleistungen.

Praxisrelevant ist in erster Linie die Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder die Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder Software. Bei der Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder bei Software ist darauf zu achten, dass das Widerrufsrecht dann entfällt, wenn der gelieferte Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden ist. Nach einem Urteil des OLG Hamm muss ein entsprechendes Siegel für den Verbraucher auch als solches erkennbar sein.

Wer somit spezielle Waren anbietet, sollte seine Widerrufsbelehrung entsprechend modifizieren. In Fällen, in denen ein Widerrufsrecht grundsätzlich nicht besteht, muss darauf hingewiesen werden.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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