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Ich war´s doch gar nicht: Haftung des Anschlussinhabers beim Filesharing

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Nach wie vor erhält eine Vielzahl von Privatpersonen Abmahnungen von der Musik- und Filmbranche. In diesen Abmahnungen wird ihnen vorgeworfen, sie hätten eine oder mehrere Tonaufnahme oder einen Film über sog. Filesharing-Netzwerke bzw. Tauschbörsen heruntergeladen. Die Rechteinhaber der jeweiligen Musik- oder Filmwerke fordern im Rahmen der Abmahnung dann regelmäßig die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, die Erstattung der Abmahnkosten sowie Schadenersatz.

Häufig kommt es jedoch vor, dass die abgemahnte Person sich nicht erklären kann, wer die Dateien heruntergeladen hat. Daraus folgt dann nicht selten der Trugschluss, dass die Abmahnung unberechtigt sei. Tatsache ist jedoch, dass eine Haftung des Anschlussinhabers auch dann in Betracht kommt, wenn dieser selbst nicht Täter der Urheberrechtsverletzung war. Hier kommen die Grundsätze der sog. “Störerhaftung” zum tragen, wonach jemand, der eine Urheberrechtsverletzung nicht selbst vorgenommen oder auch keinem anderen dabei geholfen hat – folglich also nicht Täter oder Teilnehmer der Urheberrechtsverletzung war – auch dann zur Haftung herangezogen werden kann, wenn er durch sein Verhalten zu der Urheberrechtsverletzung beigetragen hat, indem er ihm zumutbare Prüfpflichten verletzt hat.

Im Rahmen der Prüfpflichten müssen zwei Varianten unterschieden werden:

  1. Schutz vor dem Zugriff durch unbekannte Personen,
  2. Überprüfung der berechtigten Nutzer des Anschlusses.

1) Ein Missbrauch des Internetanschlusses kann durch unberechtigte Dritte über ein ungeschütztes oder aber unzureichend abgesichertes drahtloses Netzwerk (WLAN) erfolgen. Mit seiner Entscheidung vom 12.05.2010 hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr höchstrichterlich geklärt, ob und unter welchen Bedingungen der private Anschlussinhaber zur Verschlüsselung seines WLAN verpflichtet ist.

Nach Ansicht des BGH muss der Anschlussinhaber seinen WLAN-Router mit einer zum Zeitpunkt des Kaufs des Routers üblichen Verschlüsselungsmethode absichern. Bei aktuellen Geräten dürfte insoweit eine WPA2-Verschlüsselung den Anforderungen gerecht werden. Zudem verlangt der BGH hinsichtlich der Prüfpflichten eines Anschlussinhabers, dass dieser das voreingestellte Standardpasswort in ein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort abändert – hier empfiehlt sich eine Zahlen-Buchstaben-Kombination mit Sonderzeichen.

Der private Anschlussinhaber ist nach Auffassung des BGH hingegen nicht verpflichtet, den Gang der Verschlüsselungstechnik zu verfolgen und den WLAN-Router in der Zeit nach der Inbetriebnahme an die neuen Verschlüsselungsstandards anzupassen.

Sind also die vorstehenden – vom BGH geforderten –  Maßnahmen zum Schutze eines Internetanschlusses vor dem Zugriff durch unberechtigte Dritte nicht ergriffen worden, läuft der Anschlussinhaber Gefahr, im Falle einer über seinen Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung zur Haftung herangezogen zu werden, obwohl er selbst weder Täter noch Teilnehmer der Rechtsverletzung war.

2) Darüber hinaus kann eine Urheberrechtsverletzung auch durch eine Person begangen werden, die den Anschluss im Einverständnis des Anschlussinhabers nutzt, z. B. Ehepartner, Kinder, Mitbewohner. Es stellt sich daher die Frage, welche Prüfpflichten der Anschlussinhaber in dieser Konstellation zu erfüllen hat. Dies wird von Gericht zu Gericht unterschiedlich beurteilt.

Das Amtsgericht Frankfurt am Main geht in seiner Entscheidung vom 17.09.2009 (Az. 31 C 975/08-10) davon aus, dass es ausreicht, wenn der Anschlussinhaber das minderjährige Kind ausdrücklich über verbotene Downloads im Internet belehrt und ein ausdrückliches Verbot ausspricht. Sind also die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, hat der Anschlussinhaber – nach Ansicht des Amtsgerichts Frankfurt am Main – seine ihm obliegenden Prüfpflichten erfüllt, so dass eine Störerhaftung entfällt.

Auch das Landgericht Mannheim führt in seiner Entscheidung vom 30.01.2007 (Az. 2 O 71/06) aus, dass eine dauerhafte Überprüfung des Handelns der eigenen Kinder oder des Ehepartners ohne konkreten Anlass für den Anschlussinhaber nicht zumutbar ist. Ob bei Eröffnung des Internetverkehrs eine einweisende Belehrung notwendig sein soll, ist nach dem Alter und dem Grad der Vernunft des jeweiligen Nutzers zu entscheiden.

Weitaus höhere Anforderungen an die Prüfpflichten des Anschlussinhabers stellen die Landgerichte Hamburg und Köln. Beide Gerichte vertreten die Auffassung, dass das Überlassen eines Internetzugangs an Dritte grundsätzlich die erhöhte Gefahr einer Urheberrechtsverletzung schafft, so dass bloße Belehrungen und Verbote nicht ausreichen. Das Landgericht Köln verlangt in seiner Entscheidung vom 27.01.2010, dass der Anschlussinhaber die Einhaltung seiner Verbote kontinuierlich überwacht, z. B. durch Benutzerkonten mit beschränkten Rechten oder die Installation einer Firewall, in der die gebräuchlichsten Filesharing-Ports gesperrt sind.

In Anbetracht der im Vorfeld dargestellten unsicheren Rechtslage besteht für den Anschlussinhaber immer ein gewisses Risiko, für die über seinen Anschluss begangene Urheberrechtsverletzung zu haften. Folglich muss deutlich davor gewarnt werden, auf ein Abmahnschreiben nicht zu reagieren, bloß weil man selbst nicht Täter oder Teilnehmer der Rechtsverletzung war. Dies könnte nämlich ein überaus kostspieliges Verfahren zur Folge haben, was u. U. zu Lasten des Abgemahnten ausgeht.

Stand: 01/2011

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