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Kopierprogramme für Privatkopien doch legal?

Das neue Urheberrechtsgesetz hat dazu geführt, dass auch Privatkopien von kopiergeschützten CD`s und DVD´s nicht mehr erstellt werden dürfen. Softwareschmieden, die ihr Geld bisher in diesem Bereich verdient haben, sahen sich somit ihrer Existenzgrundlage beraubt.

Die Firma S.A.D. hat diese von Anfang an nicht hinnehmen wollen, wie Aktion auf der Seite www.copyisright.de zeigt.

Das Gutachten

Nunmehr hat die Firma S.A.D. am 07.10.2003 ein eigenes Rechtsgutachten zum neuen Urheberrechtsgesetz veröffentlicht. Auf über 90 Seiten stellt Prof. Dr. Bernd Holznagel vom Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) in Münster seine Ergebnisse vor.

Prof. Holznagel, der zu dem Ergebnis kommt, dass die Privatkopie nicht nur zulässig ist, sondern ein Recht auf Privatkopie besteht, geht im Ergebnis davon aus, dass Kopierprogramme, die auch einen Kopierschutz umgehen können weiterhin legal sind, wenn sie nur für Privatkopien eingesetzt werden. Umgehungen eines Kopierschutzes im Sinne des § 95 a UrhG liegen nach der Ansicht von Prof. Holznagel nur dann vor, wenn sie nicht der Durchsetzung der Privatkopierschranke des § 53 Abs. 1 UrhG dienen.

Soweit somit technisch gewährleistet ist, dass nur Privatkopien, wenn auch von kopiergeschützten Medien erstellt werden, hält das Gutachten einen weiteren Vertrieb von Kopierschutzprogrammen für zulässig.

Die Folgen, die die Firma S.A.D. daraus zieht, ergibt sich aus einem Positionspapier . Es heißt dort: “Das Gutachten gibt uns nun die Möglichkeit, unseren Geschäften wie gewohnt nachzukommen und unsere Produkte demnächst in alter Frische auf den Markt zu bringen. Dabei werden wir jedoch peinlich genau darauf achten, dass die Produkte lediglich zum Zweck der Erstellung einer Privatkopie eingesetzt werden können. Multibrennerfunktionalitäten wird es bei uns nicht geben und wir werden einen Zähler einbauen, der nur eine vertretbare Anzahl von Privatkopien zulässt.”

Warum ein Gutachten?

Der rechtliche Hintersinn dieses Gutachtens ist klar. Wenn die Firma S.A.D. davon ausgeht, auf Grund dieses sehr ausführlichen und auch qualifizierten Gutachtens im Einklang mit dem Gesetz die Kopierprogramme weiter zu betreiben, ist sie ein Stück weit erst einmal auf der sicheren Seite. Derartige Begutachtungen werden in der Regel eingesetzt, um zumindestens auf der strafrechtlichen Schiene die Möglichkeit einer Strafbarkeit auszuschließen. Das Stichwort heißt hier “Verbotsirrtum”. Wer davon ausgehen konnte, dass eine Tätigkeit nicht verboten ist, kann hierfür auch nicht bestraft werden. Ausführliche Rechtsgutachten können hier durchaus geeignet sein, im Zweifelsfall eine Strafbarkeit entfallen zu lassen.

Unsere Ansicht

Dennoch können wir dem Ergebnis des Gutachtens nicht zustimmen. Dies hat für den nicht rechtskundigen Leser nichts mit persönlicher Kritik an der Arbeit von Prof. Holznagel zu tun, sondern schlichtweg mit der Tatsache, dass es bei nicht geklärten Rechtsfragen mehrere Ansichten geben kann, die jeweils ihre guten Gründe für sich haben. Wie bereits aus unserer FAQ-Liste deutlich geworden ist, sind viele Fragen des neuen Urheberrechts tatsächlich noch ungeklärt. Die Gesetzesformulierungen sind in einigen Bereichen wenig glücklich. So gibt beispielsweise zu der von uns vertretenen Auffassung zur Analogkopie genug gegenteilige Auffassungen , sogar auf unserer eigenen Internetseite.

Für problematisch halten wir es schon, ein Recht auf Privatkopie anzunehmen. Diese sind lediglich zulässig, dass heißt erlaubt, was nicht gleichbedeutend damit ist, dass auch ein Anspruch auf Privatkopie besteht. Nichts anderes ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, wo es in § 53 Abs. 1 UrhG heißt: “Zulässig sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes…”

Prof. Holznagel nimmt an, dass ein Verbot einer Privatkopie bei kopiergeschützten Medien gegen die Informationsfreiheit im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz verstößt. Nach unserer Auffassung ist es kurz gegriffen, das Recht auf Speicherung von Informationen, das zur Informationsfreiheit gehört, auf Privatkopien zu erstrecken (vgl. Seite 55 des Gutachtens). Weshalb die Informationsfreiheit auch dann gelten soll, wenn die Medien kopiergeschützt sind und einen gesetzlichen Schutz genießen, beantwortet das Gutachten nicht.

Auch Schwierigkeiten beim Abspielen kopiergeschützter Medien sehen wir nicht als Grundrechtsverletzung an (Seite 66 des Gutachtens). Grundsätzlich muss natürlich Beachtung finden, dass die Untersuchung von Prof. Holznagel sich auf eine grundrechtliche Vereinbarkeit des an sich im Wortlaut eindeutigen Urheberrechtsgesetzes bezieht. Insofern kann eine verfassungskonforme Auslegung notwendig sein, überzeugt jedoch vom Ergebnis her nicht.

Im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung des Umgehungsbegriffes (Seite 67 des Gutachtens), wird nicht ganz nachvollziehbar hergeleitet, dass eine Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen im Sinne des Urhebergesetzes nicht vorliegt, wenn dies dazu dient, eine Privatkopie herzustellen. Kernpunkt des Ganzen ist, dass Prof. Holznagel ein Recht auf Privatkopie annimmt, was durchaus nicht umunstritten ist.

Zudem wird der Wille des Gesetzgebers in der Strafvorschrift des § 108 b UrhG deutlich. Die Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen ist zwar verboten aber nicht strafbar, wenn die Tat ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch des Täters oder mit dem Täter persönlich verbundener Personen erfolgt. Die Aussage des Gesetzgebers lässt hier, die grundgesetzliche Betrachtungsweise einmal ausser Acht gelassen, nur wenig Interpretationsspielraum zu.

Fazit:

Wir können nicht empfehlen, unter Berufung auf das vorliegende Gutachten, Privatkopien unter Umgehung des Kopierschutzes herzustellen. Da die Firma S.A.D. in ihrem Positionspapier angekündigt, Kopiersoftware wieder auf den Markt zu bringen, wird es relativ schnell eine gerichtliche Klärung geben. Nach unserer Auffassung stehen die Chancen für ein gerichtliches Ergebnis im Sinne der Firma S.A.D. jedoch nicht besonders gut.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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