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Seit 01.04.2016: Freiwillige Streitbeilegung für Internethändler ist möglich – warum dies nichts bringt

Seit dem 01.04.2016 können Internethändler sich freiwillig verpflichten, an einer alternativen Streitbeilegung teilzunehmen.

Eine Verpflichtung besteht dazu nicht. Nur in dem Fall, indem ein Internethändler sich freiwillig seit dem 01.04.2016 verpflichtet, eine alternative Streitbeilegung anzubieten, gibt es besondere Informationspflichten.

Warum sich die Teilnahme an der alternativen Streitbeilegung in Deutschland für den Internethandel nicht lohnt, zeigt ein Blick auf die Plattform www.verbraucher-schlichter.de. Das Zentrum für Schlichtung e. V. in Kehl wurde vom Bundesamt für Justiz als offizielle Schlichtungsstelle im Sinne des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes anerkannt. Den Ablauf eines alternativen Streitbeilegungsverfahrens, der auch für diese Schlichtungsstelle gilt, haben wir hier einmal besprochen. Problem: Kosten

Ausser Spesen nichts gewesen?

Wie wahrscheinlich auch bei weiteren Schlichtungsstellen, die sich bis zum 01.02.2017 gründen werden, macht allein aus Kostengesichtspunkten eine alternative Streitbeilegung für Internethändler keinen Sinn. Nach der Kostenordnung der allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e. V. betragen die Kosten, die ausschließlich vom Unternehmer zu tragen sind (!), wie folgt:

  • 50,00 Euro bei Streitwerten bis einschließlich 100,00 Euro
  • 75,00 Euro bei Streitwerten von 100,01 Euro bis einschließlich 200,00 Euro
  • 150,00 Euro bei Streitwerten von 200,01 Euro bis einschließlich 500,00 Euro
  • 300,00 Euro bei Streitwerten von 500,01 Euro bis einschließlich 2.000,00 Euro
  • 380,00 Euro bei Streitwerten von 2.000,01 Euro bis einschließlich 5.000,00 Euro
  • 600,00 Euro bei Streitwerten über 5.000,00 Euro

Bei einem sofortigen Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruches durch den Unternehmer reduzieren sich die Gebühren.

Der Verbraucher muss nur dann zahlen, wenn er einen missbräuchlichen Streitbeilegungsantrag gestellt hat. In diesem Fall beträgt das Entgelt 30,00 Euro. Die Zahlungsverpflichtung des Unternehmers entsteht dann, wenn sich dieser dazu bereit erklärt hat, an dem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Die Zahlungspflicht entfällt nicht dadurch, dass der Unternehmer das Verfahren später nicht fortsetzen will.

Also Achtung – so schnell sind Sie in der Kostenfalle

Abgesehen davon, dass es keine Verpflichtung gibt, an einem alternativen Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, fallen für den Internethändler sofort Kosten an, wenn er erklärt, dass er mit dem Verfahren einverstanden ist und daran teilnehmen will!

Warum wir von der Streitschlichtung aus Sicht des Internethandels abraten

Es sind nicht nur die Kosten, die uns dazu bewegen, Internethändlern von einer Teilnahme an der Streitbeilegung abzuraten:

Besser selber klären

Zum einen glauben wir, dass die allermeisten Internethändler bei Problemen mit dem Kunden diese auch ohne Einschaltung einer Streitbeilegungsstelle gütlich lösen werden. Nach unserer langjährigen Praxiserfahrung, wir beraten so gut wie ausschließlich nur Internethändler, ist es zudem so, dass Forderungen von Verbrauchern im Rahmen eines Kaufvertrages, der über das Internet geschlossen wurde, nur dann abgelehnt werden, wenn der Unternehmer dafür auch einen triftigen Grund hat.

Faule Kompromisse?

Zum anderen wird das Ziel einer Streitschlichtung nach unserer Vermutung immer ein Kompromiss sein. Dies dürfte selbst dann gelten, wenn dem Verbraucher eigentlich keine Rechte zustehen. Kompromisse oder Vergleiche sind nichts negatives, sie müssen jedoch der tatsächlichen Situation und der tatsächlichen Rechtslage entsprechen. Diese wird durch Verbraucher oftmals verkannt.

Kosten

Auch ein weiterer Aspekt ist nicht unwichtig: Sollte die Streitschlichtung scheitern, d. h. ein Vorschlag der Streitbeilegungsstelle wird durch die Parteien nicht akzeptiert, kann der Verbraucher immer noch einen Anwalt einschalten oder seine Forderung gerichtlich geltend machen. Dadurch entstehen zusätzliche Kosten, so dass der Unternehmer unter dem Strich erheblich draufzahlen kann.

Unsere Empfehlung: Konflikt direkt mit dem Kunden klären

Sollten Sie die Mitteilung erhalten, dass über die Online-Streitbeilegungs-Plattform der EU oder über eine sonstige Stelle die Mitteilung an Sie ergeht, dass eine Beschwerde eingereicht worden ist, überlegen Sie zweimal, ob Sie an dem Streitbeilegungsverfahren tatsächlich teilnehmen möchten. Unsere Empfehlung ist vielmehr, zunächst auch ohne diese Stelle zu versuchen, den Konflikt mit dem Verbraucher zu klären.

Stand: 04.04.2016

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

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