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Falsche rechtliche Einschätzung gegenüber Verbraucher über das Bestehen eines Widerrufsrechtes ist nicht wettbewerbswidrig

Eine falsche, fehlerhafte oder gar fehlende Widerrufsbelehrung war seit vielen Jahren ein häufiges Abmahnthema.

Das OLG Köln (Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 16.12.2022, Az: 6 U 111/22) hatte sich mit dieser Frage auf dem nächsten Level zu befassen: Ist im Rahmen einer Kundenkommunikation die Information eines Unternehmers an einen Verbraucher, das ein Widerrufsrecht nicht besteht, wettbewerbswidrig, wenn diese Information falsch ist?

Damit so eine Information zu Gericht kommt im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Verhältnisses bedarf es erst einmal eines Wettbewerbers, d. h. eines Unternehmens, das gleiche ohne ähnliche Waren oder Dienstleistungen anbietet. Es muss im vorliegenden Fall somit so gewesen sein, dass der hier klagende Wettbewerber die Information von dem betroffenen Verbraucher bekam und diese dann für eine Abmahnung nutzte. In der Sache selbst ging es um die Branche der sogenannten Erbenermittler. Wenn ein Erbe nur schwierig zu ermitteln ist, gibt es Unternehmen, die dies Unternehmen. Der ermittelte Erbe bekommt quasi mitgeteilt, wen er beerbt hat, wenn er dem Erbenvermittler eine Provision verspricht, die in der Regel zwischen 20 % – 35 % des Erbschaftswertes beträgt.

In diesem Fall hatte eine Verbraucherin einen Vertrag geschlossen und später widerrufen. Das Unternehmen hatte mitgeteilt, dass ein Widerrufsrecht nicht besteht, wobei der Fall nicht ganz einfach war, weil ein ursprüngliches Vertragsangebot abgeändert wurde.

Jedenfalls, und dies ist Grundvoraussetzung dieses Urteils, war diese Information nicht richtig, es gab ein Widerrufsrecht.

Keine wettbewerbswidrige Irreführung bei Äußerung einer Rechtsansicht gegenüber einem Verbraucher

Das OLG sah die Information an den Verbraucher als nicht wettbewerbswidrig an, da es sich, vereinfacht gesagt, um eine Rechtsansicht handelte, auch wenn diese nicht zutreffend war.

Die Rettung: Es wurde keine eindeutige Rechtslage behauptet.

Entscheidend war für das Gericht, dass eine eindeutige Rechtslage nicht behauptet wurde, obwohl („Es besteht kein Widerrufsrecht“) eine objektive Feststellung formuliert wurde. Hinzukommt nach unserem Eindruck, dass es sich um eine Einzelfallkommunikation zwischen dem Unternehmer und einem Verbraucher handelte.

Relevanz für die Praxis

Es versteht sich von selbst, dass Internethändler oder Unternehmer nicht systematisch ihre Kunden vorsätzlich falsch über eine Rechtslage informieren sollten. Auf der anderen Seite macht die Entscheidung des OLG deutlich, dass eine Diskussion mit einem Kunden über das Bestehen eines Rechtes (sei es Widerrufsrecht, Mängelhaftung o. ä.) nicht unbedingt dazu führen muss, dass diese Aussage wettbewerbswidrig ist. Hinzukommt, dass zunächst einmal die Situation gegeben sein muss, dass ein unzufriedener Verbraucher sich an einen Wettbewerber wendet oder z. B. an einen Verbraucherschutzverein. So lange es sich jedenfalls um eine individuelle Kommunikation zwischen Unternehmer und Verbraucher handelt, ist die Gefahr einer Abmahnung gering.

Stand: 16.02.2023

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard