emailfilter-strafbar

Ausfiltern von e-Mails kann strafbar sein (OLG Karlsruhe Aktenzeichen: 1 Bs 152/04 vom 10.01.2005)

 Für viele Unternehmen interessant und bedenklich ist eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichtes Karlsruhe vom 10. Januar 2005, Aktenzeichen: 1 Bs 152/04 (Quelle: Pressemitteilung des OLG). Die Entscheidung beschäftigt sich mit dem Ausfiltern von e-Mails. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Ein ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Universität hatte nach seinem Ausscheiden im Jahr 1998 über den Mail-Server der Hochschule weiterhin mit dort tätigen Dozenten, Wissenschaftlern und Freunden Kontakt gehalten und so zum Beispiel auch über Vereine weiter geleitete Nachrichten Dritter auf seinem Privatrechner erhalten. Im Herbst 2003 wurde ihm seitens der Hochschule die Benutzung der Kommunikationseinrichtung untersagt, gleichzeitig wurden alle an ihn gerichteten oder von ihm stammenden Nachrichten, in welchen sein Name im Adressfeld vorkam, technisch ausgefiltert, ohne das andere Absender oder Empfänger hiervon unterrichtet worden waren.

Die Staatsanwaltschaft hatte im Januar 2004 die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachtes auf Verletzung des Post- und Briefgeheimnisses nach § 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB abgelehnt. Begründet wurde dies damit, dass das unterdrücken derartiger Sendungen nur bei Unternehmen strafbar sei und eine Hochschule nicht als ein solches angesehen werden könne. Dies sah der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichtes Karlsruhe jedoch anders. Nach Ansicht des OLG ist der Begriff des Unternehmens im Sinne des § 206 StGB weit auszulegen, denn nur ein solches Verständnis könne dem Gesetzeszweck gerecht werden, dass Recht des Einzelnen auf Geheimhaltung des Inhalts und der näheren Umstände des Postverkehrs und seinen Anspruch auf Übermittlung von Sendungen schützen. Als Unternehmen ist danach jede Betätigung im geschäftlichen Verkehr anzusehen, die nicht ausschließlich Hoheitlich erfolge, oder auf rein private Tätigkeiten beschränkt sei. Auf eine Gewinnerzielungsabsicht kommt es hierbei nicht an. Der Universität war hier zum Verhängnis geworden, dass sie zwar Hoheitlich handelt, den e-Mail-Server jedoch unterschiedlichem Nutzergruppen wie z.B. Mitarbeitern, Vereinen und außenstehenden Dritten zur Verfügung gestellt habe. Aus diesem Grund war eine Abgrenzung zwischen dienstlichen und wissenschaftlichen Belangen, einerseits, und privaten und wirtschaftlichen Zwecken ,andererseits, nicht möglich. Nicht zuletzt habe eine Hochschule auch wirtschaftliche Interessen. Der Senat hat deshalb die Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft angeordnet. Die Frage, ob für die e-Mail-Filterung ein Rechtfertigungsgrund vorlag, wie er gegebenen Falls in einem Virenschutz bestehen können, sein hier noch weiter zu prüfen.

Die Entscheidung zeigt, wie weitgehend Unternehmensentscheidungen im Rahmen des e-Mail-Filterns sein können. Zum besseren Verständnis hier die Norm:

§ 206 Strafgesetzbuch Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses

 (1) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die dem Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegen und die ihm als Inhaber oder Beschäftigten eines Unternehmens bekannt geworden sind, dass geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsleistungen erbringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Inhaber oder Beschäftigter eines in Absatz 1 bezeichneten Unternehmens unbefugt

1. eine Sendung, die einem solchen Unternehmen zu Übermittlung anvertraut worden und verschlossen ist, öffnet oder sich von Ihrem Inhalt ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer Mittel Kenntnis verschafft,

2. Eine einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraute Sendung unterdrückt. Die Folgen des Beschlusses, dass Ergebnis des Strafverfahrens steht damit noch nicht fest, sind weitreichend. Jeglicher e-Mailverkehr, der nicht ausschließlich Hoheitlich (Staatlich) oder rein Privat ist, unterfällt dem Fernmeldegeheimnis. Besonders für Unternehmen stellt sich die Frage, wie mit dieser wohl zutreffenden Rechtsansicht umzugehen ist. Eine Filterung von e-Mails gehört zum einen wegen der regelmäßig drohenden Virengefahr, zum anderen wegen des Spamschutzes heute zu den üblichen Vorkehrungen, um einen e-Mailverkehr heute überhaupt noch technisch ermöglichen zu können. Um somit Spam oder Viren aussortieren zu können, ist eine technische  Überprüfung der eingehenden Mails auf Ihren Inhalt notwendig. Es sollte nicht außer acht gelassen werden, dass diese Frage nicht nur bei Unternehmen von Belang ist, auch viele Freemail Anbieter bieten einen Spamschutz an bzw. schalten diesen, der e-Mailadresse vor, ohne das der Inhaber einer e-Mailadresse davon Kenntnis oder eine Einflussmöglichkeit hat.

Eine praktische Lösung kann zwei Ansätze verfolgen:

Ein Ansatz kann sein, den Inhaber eines e-Mail-Postfaches voll umfänglich über Filter und Sperren zu informieren und sich das ausdrückliche Einverständnis des Spamschutz einzuholen. Dies sollte schriftlich geschehen.

Eine andere Alternative kann sein, ein Filtersystem zu verwenden, dass es dem Postfachinhaber erlaubt, auf sämtliche eingehende Mails zu zugreifen. Auch in diesem Fall müsste jedoch eine Information über die Art der Filterung und die Tatsache der Einsicht in Mails getroffen werden.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/835b8486d0804cf68596ddae286079ac