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Geringe Umsätze bei eBay bei vielen ausgesprochenen Abmahnungen: OLG Düsseldorf zum Rechtsmissbrauch bei eBay-Abmahnungen

Mit deutlichen Worten hat das OLG Düsseldorf in einer aktuellen Entscheidung (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2015, Az.: I-20 U 187/14) mit einem eBay-Abmahner abgerechnet.

Der Abmahner, der uns aus unserer Beratungspraxis bekannt ist, bot bei eBay Sanitärartikel an und mahnte insbesondere Pseudoprivatverkäufer bei eBay ab.

Das OLG Düsseldorf ging mit dem Abmahner, dem es ein rechtsmissbräuchliches Verhalten attestiert hat, hart ins Gericht.

So beginnen die Entscheidungsgründe des Urteils mit der Formulierung:

“Der Antragsteller,
der über kein Ladengeschäft verfügt,
keinen Online-Shop unterhält
und auch nicht im Handelsregister eingetragen ist,
betreibt einen gewerblichen Online-Handel und bietet bei eBay unter der Bezeichnung “…” Artikel aus dem Heimwerker-und Sanitätsbereich … an.”

Trotz einer etwas umfangreicheren Abmahntätigkeit wurden in einem Zeitraum von ca. 5 ½ Monaten nur sieben bewertete Verkäufe mit einem Gesamtumsatz von ca. 1.700,00 Euro registriert.

Das OLG zog ferner die Auto-Complete-Funktion von Google heran. Bei Eingabe des Vor- und Nachnamens des Abmahners erfolgte eine Autovervollständigung zu dem abmahnenden Rechtsanwalt:

“Unter dieser wird eine Vielzahl von Internetseiten indexiert, die sich mit Abmahnungen des Antragstellers und seines Prozessbevollmächtigten befasst.”

Zu viele Abmahnungen bei zu wenig Umsatz

Zur Begründung des Rechtsmissbrauches heißt es in der Entscheidung:

“In der Gesamtschau hat die Antragsgegnerin ausreichend Indizien vorgetragen, nachdem die Abmahntätigkeit des Antragstellers in keinem vernünftigen Verhältnis zu seiner gewerblichen Tätigkeit mehr steht und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung bestimmter Wettbewerbsverstöße kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem Gebührenerzielungsinteresse bestehen kann.

Unstreitig belief sich der vom Kunden bewertete eBay-Umsatz des Antragstellers in der Zeit vom 01.01. bis zum 14.05.2014 auf nur 1.714,93 Euro. (…) Angesichts des Internetnutzerverhaltens des durchschnittlichen Verbrauchers, das nicht selten von einer gewissen Sorglosigkeit im Umgang mit Daten gekennzeichnet ist, spricht viel dafür, dass ein großer Teil der eBay-Käufer von der Bewertungsmöglichkeit Gebrauch macht und die Umsätze des Antragstellers in dem betreffenden Zeitraum dort nicht sehr viel höher waren als die unstreitigen 1.714,93 Euro.”

Der Abgemahnte muss vortragen, der Abmahner muss widerlegen

Der Abgemahnte hatte vorgetragen, dass der Abmahner insgesamt 15 Abmahnungen ausgesprochen habe, dies seien im Durchschnitt drei pro Monat. Hierauf hatte der Abmahner offensichtlich nicht substantiiert erwidert.

“Der Vortrag des Antragstellers hierzu ist, worauf die Antragsgegnerin zutreffend hingewiesen hat, unsubstantiiert geblieben und damit unbeachtlich.”,

so das OLG.

OLG setzt niedrigen Streitwert von 700,00 Euro fest

In der Sache selbst war wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung bei eBay abgemahnt worden. Der Abmahner hatte einen Streitwert von 15.000,00 Euro angenommen. Diesen hat das OLG dann auf 700,00 Euro für beide Instanzen drastisch zusammengekürzt:

“Vor dem Hintergrund des hier anzunehmenden Missbrauchs nach § 8 Absatz 4 Satz 1 UWG bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes des vom Antragsteller geltend gemachten Unterlassungsanspruchs keine genügenden Anhaltspunkte für eine Festsetzung in seinem Sinne, so dass gemäß § 51 Absatz 3 Satz 2 UWG ein Hauptsachestreitwert von 1.000,00 Euro anzunehmen ist. Weder die Unternehmensverhältnisse der Partei, noch die Intensität des Wettbewerbs zwischen ihnen oder das Ausmaß, die Intensität oder die Auswirkungen streitgegenständlicher Verletzungshandlungen, so wie sie sich aufgrund des Vortrages der Parteien darstellen, rechtfertigen im Streitfall eine höhere Festsetzung. Nach der Gesetzesbegründung soll der Streitwert von 1.000,00 Euro vielmehr gerade in Fällen wie dem vorliegenden einschlägig sein, in denen ein Verstoß gegen die Marktverhaltensregeln im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG außerhalb des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vorliegen, die Verzerrung des Wettbewerbs aber unwahrscheinlich ist, da sich ein vernünftiger Verbraucher oder ein sonstiger Marktteilnehmer durch den Verstoß seiner Entscheidung über den Kauf einer Ware nicht beeinflussen lassen wird.

Da gemäß § 51 Absatz 4 GKG im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der sich aus Absatz 2 und 3 des § 51 GKG ergebende Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen ist, war auch im Streitfall der Betrag von 1.000,00 Euro nochmals zu reduzieren. Als angemessen erachtet der Senat den festgesetzten Betrag von 700,00 Euro.”

Bei Rechtsmissbrauch wird es für den Abmahner billiger?

Die Herabsetzung des Streitwertes von 700,00 Euro hat zur Folge, dass der Abmahner Gesamtverfahrenskosten für die erste und zweite Instanz von unter 2.000,00 Euro tragen muss einschließlich seiner eigenen Rechtsanwaltskosten. Wenn eine Abmahnung nicht rechtsmissbräuchlich ist, sind die Streitwerte hoch. Wenn sie rechtsmissbräuchlich ist, ist der Streitwert zugunsten des Abmahners niedrig, so kann man die Entscheidung des OLG zusammenfassen. Dies hat letztlich zur Folge, dass das Kostenrisiko eines rechtsmissbräuchlichen Massenabmahners gering ist, wenn ihm schlussendlich Rechtsmissbrauch attestiert wird.

Bereits in der Vergangenheit hat das OLG Düsseldorf gerade bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung den Streitwert erheblich reduziert (so bspw. 900,00 Euro bei einer falschen Widerrufsbelehrung, OLG Düsseldorf, Az.: I-20 W 15/07).

Diese aktuelle Einzelfallentscheidung zugrunde gelegt, wäre dem Rechtsmissbrauch wieder Tür und Tor geöffnet, da das finanzielle Risiko des Abmahners gering ist. Ist es kein Rechtsmissbrauch, ist der Streitwert schön hoch, ist es Rechtsmissbrauch, ist der Streitwert extrem niedrig.  Hiermit tut das OLG Düsseldorf niemandem einen Gefallen.

Rechtsmissbrauch? Wir beraten Sie.

Stand: 22.04.2015

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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