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Leitsatz:

1. Für die auf einer Plattform eingestellten Inhalte für die die Betreiberin erkennbar nur die Rahmenbedingungen zur Verfügung stellt ( hier: ebay) ist die Haftungspriviligierung des § 11 TDGnF einschlägig

2. Sind bei einer Plattform an mehreren Stellen deutlich erklärte Distanzierungen vom Inhalt gegeben entsteht nicht der Eindruck beim Nutzer, das der Plattformbetreiber und die jeweiligen Anbieter zusammen eine Einheit bilden und der Plattformbetreiber die Verantwortung für die eingestellten Angebote mitübernimmt.

3. Stichwortartige Kontrollen des Plattformbetreibers der Fremdinhalte haben keine Haftung für derartige Inhalte zur Folge. Eine Verpflichtung, aktiv Fremdinhalte zu überwachen besteht nicht. Ausreichend ist es, gem. §11 Nr. 2 TDG nach positiver Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten diese zu löschen.

LG Potsdam MMR 2003 Seite 86 f.- ebay ( nicht rechtskräftig)

Der Kläger ist ein Interessenverband des Videofachhandels. Die Beklagte ist das Internetauktionshaus ebay. Der Kläger begehrt die Untersagung, jugendgefährdende Schriften zu bewerben oder im Internet anbieten zu lassen.

Bei der Beklagten wurde das Angebot von mehreren jugendgefährdenden Schriften oder Medien festgestellt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Nach Ansicht des Landgerichtes besteht kein Unterlassungsanspruch, weil diesem §§ 8,11 TDG entgegensteht. Zu Gunsten der Beklagten greift das Haftungsprivileg des § 11 Satz 1 TDG, da es sich bei den Angeboten um fremde Angebote im Sinne der Vorschrift und nicht um eigene Inhalte handelt.

Bei der Bewertung, ob eigene oder Fremdinhalte angeboten werden, ist allein entscheidend, ob der Diensteanbieter aus Sicht des Nutzers die Inhalte als eigene übernehmen will oder ob sie erkennbar fremd für den Anbieter sind. Dabei wird für den Nutzer der Dienste fremder Inhalte in der Regel erkennbar sein, sowie das der Provider sich diese Inhalte nicht zur Eigen macht, etwa wenn die Inhalte kein Bezug zu sonstigen Tätigkeit des Providers haben. Sofern diese Erkennbarkeit nicht gewährleistet ist, ist eine ernsthafte Distanzierung des Providers von den fremden Inhalten angezeigt um eine Verantwortung verneinen zu können. So liege der Fall hier.

Die Beklagte, d.h. ebay, ist zwar im gewissen Umfang an der Präsentation und Versteigerung der Ware beteiligt, doch diese Beteiligung beschränkt sich jedoch auf die Vorgabe der Rahmenbedingungen für das automatisierte Auktionsverfahren. Weder bewertet die Beklagte die einzelnen Angebotsgegenstände noch gibt sie in sonstiger Weise Kommentare zu ihnen ab. Außerdem erfährt der Nutzer des Auktionsforums zweifelsfrei das ein Kaufvertrag nur zwischen ihm und dem Verkäufer zu Stande kommt. Desweiteren werden die allgemeinen Nutzungsbedingungen zum Gegenstand der Anmeldung des Nutzers bei ebay gemacht.

Auf Grund der an mehreren Stellen des Auktionsverfahrens deutlich erklärten Distanzierungen der Beklagten entsteht entgegen der Auffassung des Klägers gerade nicht der Eindruck bei dem Nutzer, das die Beklagte mit ihrem Versteigerungsforum und dem jeweiligen Anbieter zusammen eine Einheit bildet und die Beklagte die Verantwortung für die eingestellten Angebote mit übernehmen würde.

Eine Verantwortung besteht nicht, da die Beklagte keine positive Kenntnis im Sinne des § 11 Satz 1 TDG hatte. Würde man ein allgemeines Wissen ausreichen lassen, würden die Haftungspriviligierungsregelungen ad absurdum geführt, da der Dienstanbieter danach für sämtliche Inhalte einzustehen hätte. Dies entspricht gerade nicht dem Willen des Gesetzgebers. Eine Kenntnis ergibt sich auch nicht beim Registrierungsverfahren. Schließlich kann der Beklagten nach § 242 BGB ( Treu und Glauben) nicht der Vorwurf gemacht werden, das sie sich bewußt der Eröffnung des erheblichen Gefahrenpotentials verschließt. Hierbei ist zu beachten, das der Diensteanbieter gem. § 8 II TDG nicht verpflichtet ist, aktiv die Angebote zu überwachen und nach Umständen zu erforschen die auf einer rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Die Beklagte führt umfangreiche Kontrollprüfungen durch und hatte die Angebote unmittelbar nach positiver Kenntnis unverzüglich gelöscht.

Kommentar:

Das nicht rechtskräftige Urteil des Landgerichtes Potsdam stellt eine der wenigen Rechtssprechungsäusserungen zur Haftungsfrage von Dienstebetreibern nach dem Teledienstegesetz in der aktuellen Fassung dar. Dem Urteil ist grundsätzlich zuzustimmen, wendet es doch die Haftungspreviligierungen des Teledienstegesetzes im Sinne des Gesetzgebers an.

Die umstrittene Frage der sogenannten Disclaimer bekommt durch das Urteil wieder eine neue Aktualität. Einer der Beurteilungsgrundlagen des Landgerichtes war die Tatsache, das der Diensteanbieter an mehreren Stellen in seinen Portalauftritt deutlich gemacht hat, das er sich die fremden Angebote nicht zu Eigen macht. Für den Fall, das eine Erkennbarkeit, ob es sich um eigene oder fremde Angebote handelt nicht gewährleistet ist nimmt das Landgericht eine ernsthafte Distanzierung des Providers von fremden Inhalten an, um seine Verantwortung verneinen zu können. Dies heisst nichts anderes, als das nach Ansicht des Landgerichtes eine Disclaimer ausreichend sein dürfte, nicht um sich der Verantwortung für fremde Angebote zu entledigen, sondern nur um deutlich zu machen, das es sich um fremde Angebote handelt.

Hier liegt der kleine aber feine Unterschied zu den so gern genutzten Linkdisclaimern unter Bezugnahme auf das immer wieder falsch zitierte Urteil des Landgerichtes Hamburg.

Eine Distanzierung erfolgt nicht durch die Aussage man sei für die dargestellten Inhalte nicht verantwortlich sondern ausschließlich durch die Information, das es sich bei diesen Angeboten um Fremdinhalte handelt.

Die von Spindler in NJW 1997 Seite 3193,3196 geforderte ernsthafte Distanzierung von den Fremdinhalten ist nach unserer Auffassung unerheblich. Das Landgericht nimmt, wenn auch nicht konsequent auf diesen Aufsatz Bezug. Letztlich wird es auf den Zusammenhang ankommen indem sich der Fremdinhalt zum eigenen Inhalt des Anbieters darstellt. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Urteil des Landgerichtes Hamburg aus dem Jahr 1998. Während der Disclaimer sich zwar deutlich distanzierte sprach die tatsächliche Gestaltung und der tatsächliche Inhalt der Seite ganz klar eine andere Sprache.

Fazit:Für die Verantwortlichkeit von Fremdinhalten, somit fremde Beiträge auf der eigenen Internetseite wie auf Links kommt es auf den Zusammenhang an. Ein Disclaimer kann dazu dienen deutlich zu machen, das es sich um Fremdinhalte handelt, der Rest muss sich aus dem Zusammenhang ergeben. Man mag dies durch die üblichen Disclaimer deutlich machen, Rechtssicherheit ist dadurch allein nicht gegeben.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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