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Leitsatz

1. Die Verwendung des Domainnamens “Presserecht” durch eine Anwaltskanzlei verstößt nicht gegen die Berufsordnung und ist auch nicht wettbewerbswidrig.

2. Für die Registrierung von Gattungsbegriffen gelten keine besonderen Regeln, allein maßgebend ist das Prioritätsprinzip.

3. Die Verwendung eines Gattungsbegriffes als Domainnamen ist in der Regel keine unzutreffende Alleinstellungsbehauptung.

BGH, Beschluss v. 25.11.2002, Az. AnwZ (B) 41/02, MMR 2003, Seite 252 ff.

Anhand der durch eine Anwaltskanzlei registrierten Domain “Presserecht.de” hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zur Registrierung von Gattungsdomains weiter ausgebaut. Aus den Gründen:

“a) Es liegt nahe und kann vorliegend als richtig unterstellt werden, dass ein Internetnutzer, der durch Direkteingabe des Begriffes Presserecht Zugang zu einer Homepage sucht, erwartet, auf diesem Wege allgemeine Informationen zu dem Thema Presserecht zu erhalten. Derartige Informationen werden dem Nutzer auch gegeben. So kann er auf entsprechenden Unterseiten presserechtlich bedeutsame Gesetzestexte (alle Pressegesetze der Länder, MDStV, TDG, Stasi-Unterlagen-Gesetz u.a.) in voller Länge abrufen.Weiterhin werden ihm Informationen über aktuelle Gerichtsentscheidungen und Gesetzgebungsvorhaben auf dem Gebiet des Presserechts gegeben. Darüber hinaus stehen Informationen über den Studienschwerpunkt Medienrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Frankfurt/ Oder  zur Verfügung.

b) Auf Grund dieser vom AnwGH nicht berücksichtigten tatsächlichen Breite des Angebots des Ast., bei dem allgemeine, presserechtlich relevante Informationen mit zusätzlichen Informationen über die Kanzlei des Ast. und ihre Tätigkeitsschwerpunkte gegeben werden, könnte von einer Irreführungsgefahr gesprochen werden, wenn der durchschnittlich informierte und verständige Internetnutzer, auf den insoweit maßgeblich abzustellen ist, mit dem Gattungsbegriff Presserecht die Vorstellung verbinden würde. Der hinter diesem Begriff stehende Anbieter würde mit seiner Homepage ausschließlich das Informationsinteresse der Nutzer befriedigen wollen, ohne dabei eigene, geschäftliche oder berufsbezogene Werbeinteressen zu verfolgen. Dafür besteht nach der Lebenserfahrung kein hinreichender Anhalt.

Nach der vielen Jahre bestehenden und nicht in Zweifel gezogenen Praxis der für die Registrierung von Domainnamen unter der Top-Level-Domain (TLD) “de” zuständigen DENIC gelten für die Registrierung von Gattungsbegriffen keine besonderen Regeln, allein maßgebend ist das Prioritätsprinzip. Aufgrund dessen weiß der normale Internetnutzer, dass er bei der “gegriffenen” Eingabe des Gattungsnamens Presserecht nicht sicher sein kann, auf eine staatliche oder universitäre Einrichtung zu stoßen, die sich wissenschaftlich auf dem Gebiet des Presserechts betätigt, oder eine sonstige Institution, die in wettbewerbsneutraler Weise allgemeine Informationen zum Thema Presserecht anbietet. Ihm ist vielmehr klar, dass er dann, wenn er unter Verzicht auf den Einsatz einer Suchmaschine nähere Informationen über ein bestimmtes, ihn interessierendes Rechtsgebiet unter Eingabe des diese Rechtsmaterie näher beschreibenden Gattungsbegriff sucht, auch zu dem Informationsangebot eines Websitebetreibers gelangen kann, der sich gewerblich (etwa ein Fachverlag) oder freiberuflich mit dieser Materie befasst und an der Herstellung eines geschäftlichen Kontakts zu dem Internetnutzer interessiert ist. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass der Anlass, sich mit Fragen aus einem bestimmten Rechtsgebiet näher zu befassen, häufig Einzelfall bezogen (etwa: Prüfung eines Gegendarstellungsanspruchs anlässlich eines bestimmten Presseartikels) ist und es daher dem Internetnutzer, der das geschilderte Suchverhalten an den Tag legt, gerade darauf ankommen kann, konkrete Hilfestellung, etwa durch einen auf dem Gebiet des Presserechts tätigen Rechtsanwalt, zu erhalten. Deshalb wird es einen durchnittlichen Nutzer nicht irritieren, wenn er unter dem Domainnamen “www.presserecht.de” auf eine Homepage stößt, die auch Informationen über eine einzelne Anwaltskanzlei enthält.

c) I. Ü. darf bei der rechtlichen Bewertung nicht außer Acht gelassen werden, dass die mögliche Fehlvorstellung eines Internetnutzers über die Person des Anbieters spätestens durch “Aufschlagen” der ersten Seite der Homepage des Ast. ausgeräumt würde. Dem Umstand, dass eine etwaige ursprüngliche Fehlvorstellung auf diese Weise umgehend korrigiert wird, kommt aber eine erhebliche Bedeutung bei der Beantwortung der Frage zu, ob eine relevante Irreführung des Verkehrs vorliegt.

d) Die in der Verwendung des von der Ag. beanstandeten Domainnamens liegende Werbung ist auch nicht als irreführend unter dem Aspekt einer unzutreffenden Alleinstellungsbehauptung anzusehen. Der durchschnittlich informierte und verständige Internetnutzer, der unter Eingabe des Domainnamens “www.presserecht.de” auf die Homepage einer Anwaltskanzlei stößt, die sich nach einigen Angaben auf das Gebiet des Medien- und Presserechts spezialisiert hat, weiß von vornherein, dass die gefundene Homepage nicht das gesamte Angebot anwaltlicher Dienstleistungen auf dem Gebiet des Presserechts in Deutschland repräsentiert.

Die Form und der Inhalt der Werbung, die der Ast. durch die Verwendung des Domainnamens “www.presserecht.de” für sich und seine Anwaltskanzlei betreibt, sowie die Darstellung seiner Anwaltskanzlei auf der einschlägigen Unterseite sind entgegen der Meinung des AnwGH auch nicht als sensationelles oder reklamehaftes Sich-Herausstellen zu bewerten.”

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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