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Erste Bilanz aus unserer Praxis: Ein Jahr Zusicherung von Amazon gegenüber der EU-Kommission, gegen unsichere Produkte vorzugehen

Im Juni 2018 hatte sich Amazon, wie auch Alibaba, eBay Deutschland sowie Rakuten Frankreich gegenüber der EU-Kommission verpflichtet, mehr gegen gefährliche Produkte auf Ihren Plattformen zu tun (Product Safety Pledge Voluntary commitment of online marketplaces with respect to the safety of non-food consumer products sold online by third party sellers).

Im Rahmen unserer Beratungspraxis haben wir umfangreiche Erfahrungen mit Amazon in diesem Zusammenhang sammeln können.

Wie möchten daher nach über einem Jahr der Selbstverpflichtungserklärung von Amazon an dieser Stelle eine Bilanz ziehen.

Wozu sich Amazon verpflichtet hatte

Amazon hatte sich unter anderem verpflichtet, innerhalb von zwei Arbeitstagen auf die Meldung von Behörden zu unsicheren bzw. gefährlichen Produkten zu reagieren.

Des Weiteren sollte Kunden klar aufgezeigt werden, wie sie gefährliche Produkte melden können. Die Meldungen von Kunden und Verbrauchern  soll zügig bearbeitet werden, binnen fünf Arbeitstagen sollte eine angemessene Reaktion erfolgen.

Auch sollte Amazon verhindern, dass bereits entfernte gefährliche Produkte erneut auftauchen.

Soweit die Theorie.

Die Praxis

In unserer Beratungspraxis geht es in erster Linie um Folgendes:

Deutsche Amazon-Händler müssen einen großen Aufwand betreiben, damit ihre über Amazon verkauften Produkte verkehrsfähig sind. Dazu gehört unter anderem eine korrekte Produktkennzeichnung, die Einhaltung ganz grundsätzlicher Produktsicherheitsvorschriften (erkennbar am CE-Zeichen) wie aber auch zusätzliche Kosten durch abfallrechtliche Vorschriften, wie bspw. Verpackungsgesetz, Elektrogesetz oder Batteriegesetz. All das kostet den rechtskonformen deutschen Händler bzw. Hersteller Geld und wird mit eingepreist.

Dem gegenüber verkaufen gerade asiatische Verkäufer, insbesondere aus China, über Amazon-FBA häufig Produkte, die nicht rechtskonform und damit nicht verkehrsfähig sind. Asiatische Händler liefern diese Produkte direkt in deutsche bzw. europäische FBA-Lager ein. Der Verbraucher merkt häufig nicht einmal, dass sein Vertragspartner ein chinesische Händler ist, da er das Produkt, wie von anderen Händlern auch, durch FBA innerhalb von sehr kurzer Zeit bekommt. Gerade chinesische Anbieter bieten häufig entsprechende Produkte sehr viel günstiger an als deutsche Händler. Dies ist nicht weiter erstaunlich, wird doch häufig viel Geld gespart, das notwendig ist, damit Produkte verkehrsfähig sind und bspw. eine Entsorgung von Elektrogeräten nach Elektrogesetz finanziert und gewährleistet ist.

Wie wir deutsche Händler unterstützt haben

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Innerhalb der letzten zwölf Monate haben wir in zweistelliger Anzahl für deutsche Händler und Hersteller regelmäßig rechtskonforme und damit auch nicht verkehrsfähige Produkte bei Amazon gemeldet. Die Meldung bezog sich in erster Linie auf Produkte, die auf Amazon.de von chinesische Verkäufern über FBA angeboten wurden.

Die häufigsten Mängel waren:

  • fehlende Informationen über den Hersteller bzw. dem Bevollmächtigten oder Einführer mit Sitz in der EU auf dem Produkt bzw. der Verpackung (siehe auch weitere Infos hier)
  • eine fehlende oder nicht ausreichende Bedienungsanleitung
  • eine fehlende Herstelleranmeldung von Elektro- oder Elektronikprodukten nach Elektrogesetz bei der Stiftung EAR

Voraussetzung für eine erfolgreiche Meldung von verkehrsfähigen oder gefährlichen Produkten bei Amazon

Eine Voraussetzung dafür, dass eine entsprechende Meldung gegenüber Amazon erfolgreich ist, ist eine entsprechende Dokumentation der Rechtsverstöße. Notwendig ist daher in der Regel ein Testkauf und eine entsprechende Dokumentation und ggf. rechtliche Erläuterung und Einordnung der Verstöße.

Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, dass ein Prüf- oder Zertifizierungsunternehmen ein Kurzgutachten erstellt, um entsprechende Rechtsverstöße eindeutig nachweisen zu können.

Soweit wir als Rechtsanwaltskanzlei die Verstöße bei Amazon melden, ist es übrigens nicht notwendig, zu benennen, welchen Händler wir im konkreten Fall vertreten. Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass viele Amazonhändler Sanktionen von Amazon befürchten, wenn auf Rechtsverstöße anderer Händler hingewiesen wird. Wir können dies aus unserer Beratungspraxis zwar nicht bestätigen, die Befürchtung jedoch nachvollziehen, gerade wenn ein Händler seinen Hauptumsatz über die Plattform Amazon macht.

Licht und Schatten

Eine vernünftige Dokumentation der Rechtsverstöße vorausgesetzt, können wir zunächst bestätigen, dass Amazon eine Zusicherung gegenüber der EU-Kommission einhält. Nach einer Meldung werden die Händler tatsächlich von den entsprechenden ASIN´s entfernt.

Dennoch gibt es auch Schattenseiten:

Soweit Amazon sich auch verpflichtet hatte, Kunden klar aufzuzeigen wie sie gefährliche Produkte melden können, um entsprechende Meldungen dann innerhalb von fünf Arbeitstagen zu bearbeiten, ist uns nicht bekannt, wo auf der Amazon-Plattform es diese Meldemöglichkeit gibt. Die EU-Kommission hatte hier durchaus Transparenz eingefordert. Es mag sein, dass es irgendwo versteckt eine entsprechende Möglichkeit gibt. Angesichts der Vielzahl der nicht verkehrsfähigen Produkte im Rechtssinne, die bei Amazon angeboten werden, würden wir uns jedoch eine deutliche und leicht zu findende Kundeninformation von Amazon wünschen.

Ein weiteres Problem ist, dass die Produktmeldung sich immer nur auf Produkte im Einzelfall bezieht. Wenn ein asiatischer Verkäufer bspw. drei Produkte über die Plattform Amazon verkauft, bei denen eine Herstellerkennzeichnung nach Produktsicherheitsgesetz fehlt, kann man davon ausgehen, dass auch alle weiteren Produkte dieses Verkäufers nicht korrekt gekennzeichnet sind. Nach unserem Eindruck tut sich Amazon jedoch schwer damit, trotz eines Hinweises die weiteren Produkte des Verkäufer im FBA-Lager zu überprüfen. Nach unserer Auffassung wäre es für Amazon ein Leichtes, den Lagerbestand des Händlers auf Rechtskonformität zu prüfen.

Was sich ändern sollte

Ein grundsätzliches Problem wird durch die Zusicherung von Amazon gegenüber der EU-Kommission im Übrigen nicht gelöst:

Wenn Amazon von Verkäufern außerhalb der EU, d. h. in erster Linie aus Asien, eine Bestätigung einfordern würde, dass die in Deutschland über FBA verkauften Produkte rechtskonform sind, wäre schon Vieles gewonnen. Nach unserem Eindruck gibt es diese Vorgabe nicht. Hierzu gehört insbesondere eine korrekte Herstellerkennzeichnung wie bei Elektroprodukten bspw. eine korrekte Herstelleranmeldung nach Elektrogesetz.

Wir stellen uns ferner die Frage, ob es nicht zu viel verlangt ist, dass im Rahmen einer Wareneingangskontrolle einige grundsätzliche Produktsicherheitsmerkmale überprüft werden, wie bspw. die korrekte Herstellerkennzeichnung. Hier ist dann doch der Gesetzgeber gefragt. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Selbstverpflichtungserklärung von Amazon und anderen Plattformen gegenüber der EU-Kommission mutmaßlich nur deshalb erfolgte, um eine gesetzliche Regelung zu verhindern. Auf Dauer, so unsere Einschätzung, müssen jedoch ganz klare gesetzliche Vorgaben notwendig sein.

Es geht in diesem Zusammenhang im Übrigen nicht nur um einen fairen Wettbewerb:

Die Angabe eines Herstellers bzw. Bevollmächtigten oder Einführers auf Produktverpackung bzw. dem Produkt selbst mit Sitz in der Europäischen Union, ist kein Selbstzweck. Sollte es durch das Verbraucherprodukt einen Schaden geben, bspw. bei einen Brand durch einen Akku, hat der deutsche Verbraucher anderenfalls keine Regressmöglichkeit. Vielen deutschen Verbrauchern, die bei Amazon ein Schnäppchen bei einem chinesischen Verkäufer machen, ist dies überhaupt nicht bewusst. Vielen ist nicht einmal klar, dass sie eigentlich von einem chinesischen Verkäufer kaufen.

Sehr bedenklich: Kriminelles Vorgehen einiger chinesischer Verkäufer hinsichtlich der Herstellerkennzeichnung

Eine weitere erschreckende Erfahrung ist die Dreistigkeit, mit der nach unserer Praxiserfahrung einige chinesische Verkäufer gesetzliche Vorgaben umgehen.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Produktsicherheitsgesetz besteht die Verpflichtung, auf einem Verbraucherprodukt Name und Kontaktanschrift des Herstellers bzw. Bevollmächtigen oder Einführers anzubringen. Diese Kontaktanschrift muss in der Europäischen Union sein.

Wir haben in diesem Zusammenhang mehrere Erfahrungen gemacht, die wir nicht für möglich gehalten hätten:

Nach einer Meldung gegenüber Amazon wegen einer fehlenden Herstellerkennzeichnung war in mehreren Fällen das Produkt nach einer Weile wieder online. Ein weiterer Testkauf ergab, dass das Produkt tatsächlich mit einer Herstellerkennzeichnung eines deutschen Unternehmens gekennzeichnet war. In einem Fall wusste das deutsche Unternehmen nichts von seinem Glück, plötzlich voll verantwortlicher Hersteller eines Verbraucherproduktes zu sein. Ein anderer Fall war noch dreister: Als Hersteller war ein Unternehmen angegeben worden, das bereits vor über zehn Jahren Insolvenz angemeldet und mittlerweile aus dem Handelsregister gelöscht worden war.

Ebenfalls eine neue Masche ist es, dass auf den Produktfotos bei Amazon auf der Produktverpackung deutlich ein deutscher Hersteller/Bevollmächtigter angegeben ist. Beim Testkauf wird das Produkt jedoch ohne diese Kennzeichnung ausgeliefert.

Es lohnt sich daher durchaus, in diesen Fällen misstrauisch zu sein und den jeweiligen chinesischen Verkäufer im Fokus zu behalten. Dieses Vorgehen zeigt nach unserer Auffassung die Aggressivität, mit der chinesische Verkäufer auf dem deutschen Markt tätig sind.

Wie wir Sie als Amazon-Verkäufer unterstützen können

Soweit Sie Wettbewerber haben bei denen Sie den Eindruck haben, dass deren Produkte nicht rechtskonform sind, sprechen Sie uns einfach an.

Wir unterstützen Sie gerne darin, gegen diese Anbieter effektiv vorzugehen.

Stand: 23.07.2019

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/cf062b1103e54c988b259eff9dba64de