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Strafurteil wegen pornografischen Angeboten – Verurteilung nach Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (KG Berlin vom 26.04.2004)

 

Weitere Bestätigung: Personalausweis als Altersverifikation nicht ausreichend.

Lesenswert ist ein Revisionsurteil des Kammergerichtes Berlin vom 26.04.2004, Az.: 1 Ss 436/03 (4/04) 75 Js 46-02 Ns.

Der Angeklagte wurden wegen fahrlässig Zugänglichmachens von pornografischen Angeboten im Internet zu einer Geldbuße von 2.000,00  Euro verurteilt. Er hatte – so das Kammergericht als Revisionsinstanz – gegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) verstoßen.

Das Urteil ist lesenswert und stellt ein weiteres Opfer dar, dass sich auf das Alterverifikationssystems “über 18.de” verlassen hatte. Über 18.de ist nicht das erste Mal als nicht ausreichend in der Rechtsprechung kritisiert worden, da dieses Alterverifikationssystem (AVS) allein auf einer Ziffernfolge des Personalausweises beruht.

Oftmals ist die Frage, ob es sich um Pornografie handelt oder nicht, gar nicht einfach zu beantworten. Die Grenzen sind fließend. Vorliegend hat das Urteil hiermit jedoch keine Probleme. Es heißt im Urteil schön formuliert: ” Dass der Kunstbegriff angesichts der Banalität des Gezeigten keine Rolle spielt, liegt im vorliegenden Fall auf der Hand …………”.

Problematisch war, dass diese Bilder zugänglich wurden, nachdem auch ein gegebenenfalls jugendlicher Betrachter irgendeine Personalausweisnummer einer beliebigen erwachsenen Person eingab und dann der Zugang zu den Bildern gestattet wurde.

Interessant sind auch die Ausführungen zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von “über 18.de”. Diese verbieten eine Nutzung einer fremden Personalausweisnummer. Das Kammergericht vertritt jedoch – spitzfindig – die Ansicht, dass gegenüber Minderjährigen, die das System illegal nutzen, die Vereinbarung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohnehin nicht möglich sein.

Jedenfalls war dieses untaugliche Alterverifikationssystem nicht in der Lage, den Voraussetzungen des § 3 GjSM zu entsprechen, dass durch technische Voraussetzungen Vorsorge getroffen wird, dass das Angebot im Inland auf volljährige Nutzer beschränkt werden kann (sogenannter geschlossener Benutzerkreis). Die Voraussetzungen sind, so das Kammergericht, dann gegeben, wenn der visuelle Zugang Minderjähriger zu pronografischen Schriften zuverlässig verhindert werden kann. Ein solcher Schutz ist jedenfalls nur dann gegeben, wenn zwischen der pornografischen Darstellung und dem Minderjährigen eine effektive Abgrenzung besteht. Eine Personalausweisnummer reicht dafür jedenfalls nicht aus.

Interessant sind im Weiteren noch die Ausführungen “zu nicht anerkannten” Altersverifikationssystemen. Der Nutzer kann jedenfalls die Verantwortung nicht auf die Anbieter von Altersverifikationssystemen schieben, sondern ist für die Wirksamkeit des Systems in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht selbst verantwortlich. Diese  Ansicht ist durchaus kritikwürdig, da sich der juristische Laie bei Nutzung eines Altersverifikationssystems darauf verlassen muss, dass der Anbieter die rechtlichen Vorgaben, soweit diese umsetzbar sind, einhält.  Entsprechende juristische Gutachten wurden als reines “Feigenblatt” abgetan. Dies ist jedoch nicht ganz unproblematisch, da sich die Frage stellt, ob die Ansichten der KjM hier das Maß der Dinge sind.

Das Urteil zeigt letztlich, dass die Frage von wirksamen Altersverifikationssystemen auch bei größeren Anbietern noch immer mit erheblichen rechtlichen Risiken begleitet ist. Letztlich wird man nach den aktuellen Diskussionsstand lediglich annehmen können, dass entsprechend den Vorgaben der KjM eine Face to Face Kontrolle bspw. im Wege des Post-Ident-Systems ausreichend ist.

Ihr Ansprechpartner:

Rechtsanwalt Johannes Richard

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