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Ausnahmeregelung greift nicht: Auch bei Haarwuchsserum und Anti-Faltencreme muss ein Grundpreis mit angegeben werden

Eine wichtige Norm für Anbieter von Kosmetik ist §9 Abs. 5 Nr. 2 Preisangabenverordnung (PAngV). Demzufolge ist ein Grundpreis nicht anzugeben bei

– kosmetischen Mitteln, die ausschließlich der Färbung oder der Verschönerung der Haut, des Haares oder der Nägel dienen.

In welchen Fällen diese Ausnahme greift, ist immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung.So hatte das Landgericht Leipzig bereits 2012 angenommen, dass ein Mittel gegen eine Nagelpilzbehandlung nicht unter die Ausnahmenorm fällt.

Haarwuchsserum und Anti-Faltencreme

Das Oberlandesgericht Celle (OLG Celle, Urteil vom 23.03.2017, Az.: 13 U 158/16) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob beim Angebot eines Haarwuchsserums, wie auch einer Anti-Faltencreme eine Grundpreisangabe notwendig ist oder ob die Ausnahmenorm des § 9 Abs. 5 Preisangabenverordnung greift.

Grundsätzliches

Das OLG Celle hat sich sehr ausführlich und grundsätzlich mit dieser Rechtsfrage befasst. So gilt der Ausnahmetatbestand nicht bei kosmetischen Produkten,

– deren Effekt erst nach regelmäßiger Anwendung über einen längeren Zeitraum eintritt,

– deren Wirkung dadurch eintritt, dass zunächst körpereigene Funktionen angeregt werden

– oder die (auch) die Pflege von Haut, Haar und Nägeln bezwecken.

Was versteht die Rechtsprechung unter Verschönerung?

Das OLG führt hierzu aus:

“Unter Verschönerung wird jede Änderung des äußeren Erscheinungsbildes von Haut, Haaren oder Nägeln einer Person verstanden, die allgemein oder zumindest von dieser als Verbesserung empfunden wird. Dass die hier streitgegenständlichen Kosmetikprodukte jedenfalls auch eine Verschönerung in diesem Sinne zur Folge haben, ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings muss das kosmetische Mittel, um unter § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV zu fallen, ausschließlich der Verschönerung dienen.”

Für das OLG stand – zutreffend – die Ausschließlichkeit im Vordergrund. Hinzu kommt:

“Während Verschönerungsmittel, die nur der sofortigen und kurzfristigen Änderung des Erscheinungsbildes dienen, in der Regel ohne Rücksicht auf die Menge gekauft werden, um – bspw. durch eine Packung Haarfärbemittel – einen schnellen Erfolg herbeizuführen, wird der Verbraucher Pflegeprodukte, die eine nachhaltige Wirkung erzielen sollen in der Regel über einen längeren Zeitraum erwerben, so dass es dabei eher auf den Preis pro Mengeneinheit und den daraus resultierenden Preisvergleich ankommt…Eine kurzfristige Änderung des Erscheinungsbildes erzielen z. B. Make-Up, Schminke, Nagellack, Enthaarungsmittel oder Lippenstift, wobei sich jeweils der ausdrückliche Zusatz “wenn nicht auch pflegend” findet.”

Des Weiteren würde anderenfalls nahe jedes kosmetische Produkt – im Rechtsinne – zur Verschönerung eingesetzt.

Schöner wird’s nicht

Vorliegend ging es um ein Haarwuchsserum und um eine Anti-Faltencreme. Dem Haarwuchsserum, so der Senat, komme zwar ein Verschönerungseffekt zu, weil es dem Anwender dichteres und stärkeres Haar verschaffen soll. Dieser Effekt tritt jedoch nicht kurzfristig, sondern vielmehr erst durch tägliche Anwendung über einen längeren Zeitraum ein.

Die Anti-Faltencreme soll erste Erfolge in weniger als sieben Minuten versprechen, da diese jedoch auch pflegende Wirkung entfaltet, gibt es jedenfalls neben anderen Inhaltsstoffen Funktionen, die ebenfalls über einen kurzfristigen Verschönerungseffekt hinausgehen.

Wir können nur vermuten, dass das Urteil durch einen Mann verfasst wurde…

Fakt ist jedenfalls, dass die Ausnahmenorm der Preisangabenverordnung eindeutig nur für klassische Haarfärbemittel, Nagellack (soweit farbig) und Schminke gilt.

Im Zweifel sollten Anbieter somit einen Grundpreis mit angeben.

Stand: 24.04.2017

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

 

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