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Mutmaßlich wettbewerbswidriges Verhalten von Amazon gegenüber Verkäufern: EU-Kommission verschickt Auskunftsverlangen an Amazon-Verkäufer – Antwortpflicht

Mitte September hat die EU-Kommission verschiedene Amazon-Händler angemailt und darüber informiert, dass die Kommission zurzeit ein ggf. wettbewerbswidriges Verhalten von Amazon im Zusammenhang mit Drittverkäufern untersucht. Der Vorwurf geht wohl in die Richtung, dass der EU-Kommission Informationen vorliegen, wonach Amazon Daten, die durch Amazon im Zusammenhang mit Verkäufen durch Drittverkäufer generiert und erhoben werden, erfasst und für eigene Online-Handelstätigkeiten nutzt. Dies könnte ein Rechtsverstoß sein.

Die Anfrage der EU-Kommission hat folgenden Wortlaut:

Betreff: Europäische Kommission – Auskunftsverlangen – SACHE AT.40465 – Amazon Marketplace – Fragebogen für Einzelhändler

Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Kommission untersucht derzeit mutmaßlich wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Amazon im Zusammenhang mit der von Amazon betriebenen Verkaufsplattform für Drittverkäufer (“Amazon Marketplace”) und Amazons eigenen Online-Einzelhandelstätigkeiten in der Europäischen Union/im Europäischen Wirtschaftsraum (EU/EWR). Der Europäischen Kommission liegen Informationen vor, wonach Amazon Daten, die auf Amazon Marketplace im Zusammenhang mit Transaktionen von Drittverkäufern generiert oder erhoben werden, erfasst und für eigene Online-Einzelhandelstätigkeiten innerhalb der Europäischen Union/des EWR nutzt. Sollte sich der entsprechende Verdacht erhärten, könnte ein Verstoß gegen Artikel [101/102] des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel [53/54] EWR-Abkommen vorliegen.
Im Rahmen ihrer Untersuchung hat die Kommission förmliche Auskunftsverlangen an eine große Zahl von Einzelhändlern gerichtet, die Produkte auf einer der europäischen Websites von Amazon verkaufen. Bei Ihrem Unternehmen handelt es sich um einen der Adressaten dieses Auskunftsverlangens. Wir bitten Sie, den Online-Fragebogen in der Anwendung eQuestionnaire auszufüllen, die Ihnen über eine gesicherte Internetverbindung zugänglich gemacht wird. Das förmliche Auskunftsverlangen erfolgt gemäß Artikel 18 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates, mit dem die Kommission ermächtigt wird, von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen zu verlangen, dass sie alle erforderlichen Auskünfte erteilen, unabhängig davon, ob sie im Verdacht stehen, gegen Wettbewerbsvorschriften verstoßen zu haben.
Die von Ihnen auf das Auskunftsverlangen hin zu übermittelnden Informationen sollen die Kommission in die Lage versetzen, die Vereinbarkeit der mutmaßlich wettbewerbswidrigen Verhaltensweise mit den EU-Wettbewerbsvorschriften in voller Kenntnis der Sachlage und des wirtschaftlichen Kontextes zu prüfen.

Händler müssen Frage beantworten

Wird die Anfrage der EU-Kommission (die manche vielleicht als Spam oder Phishing-Mail einordnen) ignoriert, hakt die Kommission noch einmal nach unter Verweis auf Artikel 18 Abs. 1 und 2 der EU-Verordnung 1/2003. Es besteht tatsächlich eine Auskunftspflicht des angefragten Unternehmens.

Wird innerhalb der gesetzten Frist die online zu erteilende Auskunft nicht erteilt, droht gemäß Artikel 23 der EU-Verordnung 1/2003 ein Bußgeld bis zu einem Höchstbetrag von 1% des im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes.

Amazon-Händler sind daher aus mehreren Gründen gut beraten, die EU-Kommission zu unterstützen:

Nicht nur, dass ein Bußgeld vermieden wird. Die EU-Kommission steht in diesem Fall auf jeden Fall auf Seiten der Händler. Eine Zuarbeit kann daher sinnvoll sein.

Soweit sich die EU-Kommission entschieden hat, eine Vielzahl von Amazon-Händlern direkt zu befragen, gehen wir davon aus, dass die Vorwürfe gegenüber Amazon durchaus schwerwiegend sind.

Stand: 19.09.2018

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard

 

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