auskunft-provider

Kein Auskunftsanspruch gegen den Internet-Provider bei Urheberrechtsverletzungen

durch Dritte bei Musiktauschbörsen (OLG Frankfurt vom 25.01.2005)

Ein Internet-Access-Provider ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Namen und die Anschrift eines Internetnutzers mitzuteilen, der im Internet Musikdateien zum Herunterladen anbietet und dadurch Urheber- oder sonstige Rechte Dritter verletzt.

Ein Provider hatte dem Betreiber eines Servers, auf dem Musikdateien zum sog. Download bereitgestellt wurden, den Internetzugang vermittelt. Die klagende Tonträgerherstellerin, die Rechte an einigen dieser Musiktitel beansprucht, verlangte deshalb Auskunft über den Namen und die Anschrift des unbekannten Anbieters.

Zwar besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg gegen den, der das Recht des Urhebers durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken verletzt (§ 101 a Abs. 1 Urhebergesetz). Die auf das sog. Produktpirateriegesetz zurückgehende Bestimmung erfasst nach ihrem Wortlaut aber nur die Herstellung und Verbreitung körperlicher Vervielfältigungsstücke. Ob sie auf die urheberrechtswidrige Verbreitung von Musiktiteln oder anderer urheberrechtlich geschützter Werke im Internet entsprechend angewendet werden kann, ist bislang umstritten.

 

Der für das Urheberrecht zuständige 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat den Antrag auf Auskunft heute zurückgewiesen. Entscheidend war für den Senat, dass Access-Provider nur die technischen Voraussetzungen für die Durchleitung von Informationen schaffen, ohne von deren Inhalten Kenntnis zu haben. Auch von Überprüfungspflichten sind sie deshalb weitgehend freigestellt (§§ 9 Abs. 1, 8 Abs. 2 Teledienstegesetz). Zwar ist ein Provider verpflichtet, den Zugang zu sperren, sobald er von rechtswidrigen Inhalten Kenntnis erlangt. Auskunft über Dritte, die den von ihm vermittelten Internetzugang für urheberrechtsverletzende Angebote nutzen, muss er nach der heutigen Entscheidung jedoch nicht erteilen, weil er weder selbst Urheberrechte verletze noch Gehilfe des Verletzers sei.

Die im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangene Entscheidung ist rechtskräftig.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 11. Zivilsenat, Urteil vom 25.01.2005 – 11 U 51/04

Quelle: Pressemeldung des OLG Frankfurt

Anmerkung von Rechtsanwalt Richard: Die Staatsanwaltschaft bekommt selbstverständlich die erforderlichen Daten, die betroffenen Firmen in Rahmen einer Akteneinsicht auch.

Weiterführende Links:

  • Musikindustrie zieht durch: Schadenersatz und Strafe gegen Kazaa-Nutzer
  • Mit einem Bein im Knast – rechtliche Gefahren bei Internettauschbörsen
  • Um diese Gesetze ging es:

    § 101 a UrhG Anspruch auf Auskunft hinsichtlich Dritter

    (1) Wer im geschäftlichen Verkehr durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken

    das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht verletzt,

    kann vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg dieser

    Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden, es sei denn, dass dies im Einzelfall

    unverhältnismäßig ist.

    (2) Der nach Absatz 1 zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über Namen und Anschrift

    des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer er Vervielfältigungsstücke, des

    gewerblichen Abnehmers oder Auftraggebers sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten,

    erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke.

    (3) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft

    im Wege der einstweiligen Verfügung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung angeordnet

    werden.

     

    § 8 TDG Allgemeine Grundsätze

    (1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den

    allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

    (2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 9 bis 11 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten

    oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine

    rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung

    von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit

    des Diensteanbieters nach den §§ 9 bis 11 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 85

    des Telekommunikationsgesetzes ist zu wahren.

    Es folgt die Entscheidung im Volltext.

    11 U 51/04

    2/3 O 297/04

    Landgericht Frankfurt

    Verkündet laut Protokoll

    am 25.01.2005

    Mikschy Justizangestellte

    Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

    OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

    Verfügungsbeklagte und Berufungsklägerin,

    Prozessbevollmächtigte:

    gegen

    Antragstellerin und Berufungsbeklagten,

    Prozessbevollmächtigte:

    hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den

    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hucke und die Richter am Oberlandesgericht

    Dr. Weber und Falk aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2004

    f ü r R e c h t e r k a n n t:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil

    des Landgerichts

    Frankfurt am Main – 3. Zivilkammer – vom 05.08.2004 abgeändert.

    Der Beschluss – einstweilige Verfügung – vom 07.06.2004 wird

    aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

    wird zurückgewiesen.

    Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits

    Das Urteil ist rechtskräftig.

    G r ü n d e:

    I.

    Die Verfügungsklägerin (künftig: Klägerin) nimmt die Verfügungsbeklagte (künftig: Beklagte)

    im Wege der einstweiligen Verfügung auf Auskunft gemäß § 101 a Abs. 1 und 3

    UrhG in Anspruch. Die Klägerin ist ein großes deutsches Tonträgerunternehmen. Die

    Beklagte betätigt sich als Internetprovider.

    Die Beklagte stellt einen ihrer Breitband-Hochgeschwindigkeits-Internetzugänge einem

    Nutzer zur Verfügung, der einen ftp-Server unter der Internetadresse …

    betreibt und dort mp3-Musikdateien zum Download zur Verfügung stellt, ohne dazu berechtigt

    zu sein.

    Der Download einer solchen Musikdatei erfolgt dergestalt, dass zunächst zwischen dem

    ftp-Server und dem Internet eine Verbindung hergestellt wird, indem der Kunde sich

    gegenüber der Beklagten durch seine Benutzerkennung identifiziert und ihm dann durch

    die Beklagte automatisch eine individuelle Kennung, die sog. IP-Nummer, zugeteilt

    wird. Die Verbindung zwischen dem ftp-Server und einem Suchenden erfolgt dergestalt,

    dass der Suchende durch Eingabe der entsprechenden Verbindungsdaten eine

    unmittelbare Verbindung zwischen dem ftp-Server und seinem Computer herstellt, um

    auf die auf dem ftp-Server abgespeicherten Daten zugreifen und diese herunterladen

    zu können. Eine Zwischenspeicherung durch die Beklagte findet nicht statt.

    Die Klägerin, die behauptet, auf dem ftp-Server würden auch solche Musiktitel zum

    Download bereitgestellt, an denen sie die Tonträgerherstellerrechte besitze, hat mit

    Schreiben vom 13.05.2004 Auskunft über die Identität des Nutzers gefordert. Die Beklagte

    hat eine Auskunftserteilung mit Schreiben vom 21.05.2004 unter Hinweis auf

    das bestehende Datenschutzrecht abgelehnt.

    Das Landgericht hat der Beklagten durch einstweilige Verfügung vom 7.6.2004 aufgegeben,

    der Klägerin Name und Anschrift des unbekannten Nutzers mitzuteilen. Auf den

    Widerspruch der Beklagten hat es den Beschluss mit Urteil vom 5.8.2004 im Wesentlichen

    bestätigt. Es hat gemeint, § 101 a UrhG sei auf Auskunftsansprüche wegen Urhe6

    berrechtsverletzungen durch unkörperliche Vervielfältigungsstücke wie mp3-Dateien

    jedenfalls entsprechend anwendbar. Die Beklagte hafte als Störer, weil sie einen adäquat-

    kausalen Beitrag zu der Verletzungshandlung, die in dem Angebot zum Download

    der Musiktitel liege, geleistet habe. Die für Internetprovider durch das Teledienstegesetz

    (TDG) in bestimmten Situationen eröffneten Haftungsprivilegien stünden dem Auskunftsanspruch

    nicht entgegen. Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird auf das

    Urteil vom 5.8.2004 Bezug genommen.

    Hiergegen richtet sich die zulässige Berufung der Beklagten.

    Sie hält den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung schon für unzulässig, weil

    eine missbräuchliche Prozessführungsbefugnis aufgrund Mehrfachverfolgung vorliege.

    Im Übrigen fehle es sowohl an einem Verfügungsgrund als auch an einem Verfügungsanspruch.

    Die Beklagte bestreitet die Rechteinhaberschaft der Klägerin. Die vorgelegte

    eidesstattliche Versicherung ihres Justitiars sei nicht geeignet, die erforderliche Rechtekette

    glaubhaft zu machen, weil sie sich in einer bloßen Aufzählung der angeblich erworbenen

    Rechte erschöpfe. Die Beklagte bestreitet auch, dass es sich bei den in Rede

    stehenden, zum Download angebotenen Dateien um die streitgegenständlichen Musiktitel

    handele.

    § 101 a UrhG sei, so meint die Beklagte, weder direkt noch analog anwendbar.

    Sie sei als Accessprovider kein Rechteverletzer im Sinne von § 101 a UrhG. Die Haftungsprivilegierung

    gem. § 9 TDG schließe einen Anspruch gem. § 101 a UrhG gegen

    sie im Übrigen von vornherein aus. Die Erzwingung der Auskunftserteilung sei unverhältnismäßig.

    Der begehrten Auskunftserteilung stünden im Übrigen das Fernmeldegeheimnis

    sowie datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegen.

    Die Beklagte beantragt:

    Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main

    vom 5. August 2004 sowie die einstweilige Verfügung

    vom 7. Juni 2004 (Az. 2/3 O 297/04) werden

    aufgehoben.

    Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

    vom 3. Juni 2004 wird zurückgewiesen.

    7

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Klägerin hält die Beklagte als Verletzerin im Sinne von § 101 a UrhG für zur Auskunftserteilung

    verpflichtet. § 101 a UrhG sei auf unkörperliche Vervielfältigungsstücke

    direkt, jedenfalls aber entsprechend anwendbar. Für den Auskunftsanspruch sei weder

    Verschulden noch Rechtswidrigkeit erforderlich. Ein Diensteanbieter, der auf eine klare

    Rechtsverletzung hingewiesen werde, sei verpflichtet, das konkrete Angebot zu sperren

    und Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen

    komme. § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG stelle klar, dass die Beklagte unabhängig von ihrer Verantwortlichkeit

    nach den §§ 9 – 11 TDG nach den allgemeinen Gesetzen immer und in

    jedem Fall zur Entfernung oder Sperrung rechtswidriger Inhalte und damit erst recht zur

    Auskunftserteilung verpflichtet sei. Sämtliche von dem illegalen ftp -Server verwendeten

    IP -Nummern stammten von der Beklagten, die die einzige Verbindung des Servers

    mit dem Internet herstelle und deshalb funktional als Host-Provider tätig sei. Auf eine

    Haftungsprivilegierung gem. § 9 TDG könne sich die Beklagte nicht berufen. Für die

    Abgrenzung zwischen einem Host- und einem Access-Provider komme es allein auf die

    technische Herrschaftsmacht an. Der Beklagten sei es möglich und zumutbar, den Zugang

    zu diesem Inhalt wirksam zu kontrollieren und zu sperren. Da die Beklagte die

    erforderliche Kenntnis habe, aber der Zugang zu den fraglichen Inhalten bis heute nicht

    gesperrt sei, hafte sie voll gem. § 11 TDG. Eine Einschränkung der Störerhaftung komme

    nicht in Betracht. Die Beklagte liefere nicht lediglich einen relativ kleinen Beitrag zur

    Verletzungshandlung. Sie nutze die illegale Nutzung ihrer Hochgeschwindigkeitszugänge

    vielmehr zur Steigerung ihrer eigenen Umsätze, wie ihre Werbung mit der Möglichkeit

    des Herunterladens von Musik zeige. Da die von der Beklagten bereit gestellten

    Zugänge mit deren Wissen und Wollen zu einem erheblichen Teil zu illegalen Zwecken

    genutzt würden, nehme sie die Rechtsverletzungen ihrer Kunden zumindest billigend in

    Kauf und handele bedingt vorsätzlich. Auf die Verletzung von Prüfungspflichten komme

    es daher nicht an. Für die Passivlegitimation der Beklagten im Sinne von § 101 a UrhG

    genüge allein die tatsächliche Beteiligung an der allein maßgeblichen Rechtsverletzung

    des Betreibers des ftp -Servers.

    8

    Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die

    gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    II.

    Die Berufung hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der vom Landgericht erlassenen

    einstweiligen Verfügung und zur Zurückweisung des Eilantrags.

    Der Klägerin steht kein Auskunftsanspruch gemäß § 101 a Abs.1 und 3 UrhG gegen

    die Beklagte zu.

    1. ) Allerdings scheitert der Antrag nicht bereits – wie die Beklagte meint – an der fehlenden

    Zulässigkeit wegen missbräuchlicher Rechtsverfolgung.

    Die missbräuchliche Ausnutzung einer an sich bestehenden Klagebefugnis ist ein Ausnahmetatbestand,

    an dessen Vorliegen hohe Anforderungen zu stellen sind. Dass die

    Klägerin Mitglied der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) ist

    und auch andere Mitglieder in vergleichbaren Fällen wegen Auskunftserteilung gem. §

    101 a UrhG gegen die Beklagte vorgehen, macht das Auskunftsersuchen der Klägerin

    nicht rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin verfolgt einen eigenen Anspruch, wozu sie

    grundsätzlich berechtigt ist, ohne dass ihr die Mitgliedschaft in einer Vereinigung entgegengehalten

    werden kann. Sie verfolgt auch nicht etwa in erster Linie ein Gebühreninteresse

    oder bezweckt absichtlich eine Schädigung oder Behinderung der Beklagten. Die

    Klägerin hat erkennbar ein ernsthaftes Rechtsschutzinteresse an der Durchsetzung des

    Auskunftsanspruchs, da ihr erhebliche Schäden durch Verletzungshandlungen entstehen

    können und sie bei Kenntnis des Verletzers unmittelbar gegen diesen vorgehen

    könnte. Angesichts der als offen zu bezeichnenden Rechtslage wäre es auch nicht zu

    beanstanden, wenn andere Mitglieder der IFPI, die an einer Klärung der Rechtslage

    ebenfalls interessiert sind, hierzu Anträge bei verschiedenen Gerichten eingereicht haben.

    2.) Ob die Klägerin einen Verfügungsgrund und ihre Berechtigung als Tonträgerhersteller

    an den hier in Rede stehenden Musiktiteln ausreichend glaubhaft gemacht hat, kann

    9

    der Senat offen lassen. Denn jedenfalls fehlt es an einem Verfügungsanspruch der

    Klägerin.

    3.) Gem. § 101 a UrhG kann, wer durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken

    das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes

    Recht verletzt, vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den

    Vertriebsweg dieser Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden.

    Ob § 101 a UrhG bei der Herstellung unkörperlicher Vervielfältigungsstücke zumindest

    entsprechend anzuwenden ist ( hierzu etwa Dreier/Schulze, UrhG, § 101 a Rn. 7 mwN )

    kann für die Entscheidung dieses Verfahrens dahingestellt bleiben, weil die Beklagte

    jedenfalls nicht passivlegitimiert ist.

    Auch wenn § 101 a UrhG unmittelbar oder mittelbar auf unkörperliche Vervielfältigungstücke

    anwendbar wäre und sich der Auskunftsanspruch aus § 101 a UrhG gegebenenfalls

    auf Verletzungshandlungen nach § 19 a UrhG erstrecken würde ( so Dreier/

    Schulze a.a.O.Rn. 7) erfüllt die Beklagte vorliegend die Merkmale einer Verletzungshandlung

    nach diesen Bestimmungen nicht.

    Zur Auskunft verpflichtet ist nach § 101 a UrhG nur, wer ein fremdes Urheber- oder

    Leistungsschutzrecht verletzt. Verletzer ist, wer die Rechtsverletzung als Täter entweder

    selbst adäquat-kausal begeht oder daran als Teilnehmer (Anstifter, Gehilfe) beteiligt

    ist. Täter ist darüber hinaus derjenige, der eine unbefugte Nutzungshandlung zwar nicht

    selbst vorgenommen hat, dem diese jedoch als eigene zugerechnet wird, weil er sie

    veranlasst hat ( Dreier/Schulze aaO. § 97 Rn. 23 ). Die Verletzung setzt tatbestandsmäßiges

    Verhalten und Rechtswidrigkeit voraus ( Loewenheim/Vinck, Handbuch des

    Urheberrechts, §81 Rn. 14; Dreier/Schulze aaO. Rn. 6).

    Ersichtlich stellt die Beklagte weder Vervielfältigungsstücke her, noch bietet sie solche

    an, bringt sie in den Verkehr oder macht sie der Öffentlichkeit zugänglich. Als Access-

    Provider stellt die Beklagte – unstreitig – lediglich Verbindungen zu einem Kommunikationsnetz

    her und macht das Werk damit nicht selbst zugänglich ( Kitz, GRUR 03, 1014,

    1015). Auch die Klägerin behauptet nicht, dass die Beklagte selbst als Täter in Betracht

    kommt.

    Auch eine Tätigkeit als Teilnehmerin der Urheberrechtsverletzung eines Dritten

    scheidet aus, weil die hier allein in Betracht zu ziehende Gehilfenstellung zumindest

    einen bedingten Vorsatz voraussetzt, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen

    muss (BGHZ 148, 13 – Ambiente.de ). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die

    Beklagte bis zum Auskunftsverlangen der Klägerin überhaupt Kenntnis von der illegalen

    Nutzung des Servers hatte.

    In Betracht kommt daher in erster Linie – wie das Landgericht im Ansatz zutreffend

    gemeint hat -, eine mögliche Haftung der Beklagten als Störer. Wer – ohne Täter oder

    Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung

    eines geschützten Rechtsguts beiträgt, kann als Störer für eine Schutzrechtsverletzung

    auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (BGHZ 148, 13, 17 – Ambiente.

    de; BGH GRUR 02, 618 – Meissner Dekor).

    Zwar setzt – wie schon das Landgericht ausgeführt hat, – die Haftung als Störer nach

    der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung von Prüfungspflichten

    voraus, damit die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt wird, die

    nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben. Eine derartige

    Prüfungs- bzw. Kontrollpflicht könnte die Beklagte hier aber ab dem Zeitpunkt der Abmahnung

    durch die Klägerin und der Kenntniserlangung von der Übermittlung urheberechtsverletzender

    Inhalte haben.

    Als Access-Provider ist die Beklagte allerdings gem. § 9 Abs. 1 TDG für fremde Informationen

    grundsätzlich nicht verantwortlich (Spindler/Schmitz/Geis, TDG, § 9 Rn. 14

    m.w.N.) und nicht verpflichtet, die von ihr übermittelten oder gespeicherten Informationen

    zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit

    hinweisen ( § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG). Der lediglich den Zugang zu fremden Informationen

    eröffnende Access-Provider haftet nicht, wenn er die

    Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten nicht ausgewählt und die übermittelten

    Informationen weder ausgewählt noch verändert hat ( Wandtke/Bullinger/v.Wolf, UrhR,

    § 97 Rn. 24; Schricker/Wild, UrhR 2. Aufl. §97 Rn. 40 f ). Unberührt von dieser Privilegierung

    der bloßen Durchleitung von Informationen bleibt der Access-Provider gemäß §

    8 Abs. 2 Satz 2 TDG zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen

    nach den allgemeinen Gesetzen verpflichtet, wenn er Kenntnis erlangt hat. Insoweit

    besteht ab Kenntniserlangung die verschuldensunabhängige Störerhaftung, die einfa11

    che positive Kenntnis vom Verstoß voraussetzt (Spindler a.a.O., § 9 Rn. 34

    m.w.N.; v. Wolf aaO. Rn. 26; ).

    Die ab Kenntniserlangung bestehende Störerhaftung begründet indes lediglich einen

    Unterlassungsanspruch, aber keine Schadensersatz- und Auskunftsansprüche (BGH

    WRP 04, 1287, 1292 – Internet-Versteigerung; BGH GRUR 02, 618 – Meissner Dekor

    m.w.N.). Die Störerhaftung findet ihre Grundlage nicht im Deliktsrecht, sondern in der

    Regelung über die Besitz- und die Eigentumsstörung in § 862 und § 1004 BGB und

    vermittelt daher nur Abwehransprüche (BGH a.a.O. m.w.N.).

    Für den gesetzlich geregelten Anspruch auf Drittauskunft (§§ 19 Markengesetz, 101 a

    UrhG) gilt nichts anderes. Es handelt sich zwar um einen selbständigen, nicht akzessorischen

    Anspruch, der nicht auf die Ermittlung des Anspruchsinhalts gegenüber dem auf

    Auskunft in Anspruch genommenen Verletzer gerichtet ist, sondern von diesem Informationen

    zur Vorbereitung des Vorgehens gegen Dritte in Erfahrung zu bringen sucht.

    Der Anspruch soll dem Verletzten die Aufdeckung und damit letztlich die Trockenlegung

    der Quellen und Vertriebswege der bei einem Verletzer aufgefundenen schutzrechtsverletzenden

    Ware ermöglichen (Dreier/Schulze a.a.O. § 101 a Rn. 1). Er unterscheidet

    sich von einem allgemeinen, auf § 242 BGB gestützten Auskunftsanspruch vor allem

    dadurch, dass es nicht auf ein Verschulden des Auskunftspflichtigen ankommt. Es handelt

    sich aber letztlich ungeachtet dieser Besonderheiten um die gesetzlich modifizierte

    Form des allgemeinen aus § 242 BGB herzuleitenden Auskunftsanspruch. Das gilt insbesondere

    vom Kreis der Auskunftspflichtigen.

    Der Auskunftsanspruch gem. § 101 a Abs. 1 UrhG richtet sich ausdrücklich nur gegen

    den Verletzer, also denjenigen, der als Täter oder Teilnehmer am rechtswidrigen Eingriff

    in ein fremdes Urheberrecht beteiligt ist. Deshalb kommt auch ein Anspruch auf

    Drittauskunft gegenüber einem Störer nicht in Betracht, denn der Störer haftet

    ( nur ) auf Unterlassung, ohne selbst Verletzer zu sein (Dreier/Schulze a.a.O. § 97 Rn.

    33; zum Auskunftsanspruch gem. § 19 MarkG vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz § 19

    Rn. 10 und vor §§ 14 -19 Rn. 21 ff ).

    Dieses Ergebnis stimmt nach Auffassung des Senats auch mit der in §§ 9 ff TDG zum

    Ausdruck kommenden Privilegierung der Internet Provider und insb. der Access –

    Provider überein, die von einer Haftung für fremde Inhalte weitgehend freigestellt wer12

    den sollen. Insoweit unterscheidet sich die tatsächliche und rechtliche Situation des

    Internet Providers erkennbar von dem Kreis der Auskunftspflichtigen, die § 101 a UrhG

    in erster Linie erfassen will. Durch die Herstellung oder Vervielfältigung körperlicher

    Werkstücke besteht eine unmittelbare Beziehung des Verletzers zum Verletzungsgegenstand.

    Auch der Besitzer derartiger unberechtigt produzierter Vervielfältigungsstücke

    – meist ein Händler – kommt als Glied der Vertriebskette und innerhalb des Vertriebswegs

    unmittelbar mit dem Verletzungsgegenstand in Berührung, weshalb ihm

    eine Auskunft über den Vertriebsweg nach der Entscheidung des Getzgebers grundsätzlich

    zumutbar ist. Eine vergleichbare Sachnähe besteht bei der bloßen Durchleitung

    von Informationen zwischen dem Access-Provider und dem illegalen Nutzer eines Servers

    nicht, was durchaus schon gegen eine entsprechende Anwendung des § 101 a

    UrhG sprechen könnte.

    4.) Dass sich die Beklagte vorsätzlich zur Steigerung ihres Umsatzes an den illegalen

    Musikangeboten beteiligt und deshalb als Teilnehmer haftet, lässt sich allein anhand

    ihrer Werbung nicht feststellen. Im Hinblick auf die generelle Haftungsprivilegierung wären

    an die Feststellung eines vorsätzlich rechtswidrigen Handelns eines Access-

    Providers strenge Anforderungen zu stellen. Ob eine Gehilfenstellung des Host Providers

    in Betracht zu ziehen wäre, wenn die Pflichten, die sich aus der Stellung als Störer

    ergeben, nachhaltig verletzt werden, hat der BGH in der erwähnten Entscheidung (Internet-

    Versteigerung a.a.O.) offengelassen. Hinreichende , Anhaltspunkte, die es rechtfertigen

    könnten, von einer nachhaltigen Verletzung auszugehen, sind auch hier nicht

    ersichtlich. Dafür reicht es nicht aus, dass die Beklagte sich geweigert hat, gegenüber

    der Klägerin Auskunft zu erteilen. Die Beklagte ist bisher – soweit ersichtlich auch außergerichtlich – nicht zur Sperrung aufgefordert worden. Dass sie bislang eine Sperrung

    nicht von sich aus vorgenommen hat, lässt noch nicht auf eine nachhaltige Verletzung

    ihrer Prüfungspflichten schließen.

    5.) Jedenfalls kann unter diesen Umständen nicht von einer offensichtlichen Rechtsverletzung

    im Sinne von § 101 a Abs. 3 UrhG ausgegangen werden, zumal die Voraussetzungen,

    unter denen aus einer Störerhaftung des Access-Providers eine Gehilfenstellung

    erwachsen könnte, von der Rechtsprechung bislang noch weitgehend ungeklärt

    sind.

    Die Klägerin ist durch die Ablehnung eines Auskunftsanspruchs nicht rechtsschutzlos.

    Sie hätte ohne weiteres im Wege des Eilverfahrens einen Unterlassungsantrag geltend

    machen können, der bei Glaubhaftmachung der tatsächlichen Voraussetzungen gegen

    die Beklagte als Störer voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. Auch unter diesem Gesichtspunkt

    erscheint dem Senat die analoge Anwendung des § 101 a UrhG auf Fälle

    der hier zu beurteilenden Art jedenfalls zweifelhaft.

    6. ) Da die Voraussetzungen für eine Auskunftserteilung im Wege der einstweiligen

    Verfügung nicht gegeben sind, war die einstweilige Verfügung vom 07.06.2004 aufzuheben

    und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen.

    Die Kosten des Eilverfahrens hat die Klägerin als unterlegene Partei zu tragen (§ 91

    Abs. 1 ZPO).

    Hucke Falk Dr. Weber

    Quelle: Pressemeldung des OLG Frankfurt (http://www.olg-frankfurt.justiz.hessen.de/C1256BA70030E5C7/vwContentByKey/W268YLEY157JUSZDE/$File/2005-01-25_Kein%20Auskunftsanspruch%20gegen%20den%20Internet-Provider.pdf)

    https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/4edf37e361b54a28907ddeb8a2523709