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LG Düsseldorf: Set Angebote bei Amazon Markenprodukt mit Zusatzprodukt einer Eigenmarke ist nicht wettbewerbswidrig
Um bei Amazon exklusiv verkaufen zu können, nutzen Amazon-Verkäufer gerne Set-Angebote: Statt wie viele andere ein Markenprodukt anzubieten, d. h. sich an eine ASIN anzuhängen und zu hoffen, in die Buy-Box zu kommen, wird eine neue ASIN erstellt. In dieser ASIN wird das Markenprodukt zusammen mit einem markenrechtlich geschützten Zusatzprodukt des Verkäufers angeboten. Der Vorteil in einer derartigen Angebotsgestaltung liegt darin, dass andere Amazon-Händler sich an diese Angebote nicht anhängen können, da diese im Falle einer Bestellung das markenrechtlich geschützte Zusatzprodukt nicht ausliefern können. In der Regel handelt es sich um ein Zusatzprodukt mit einer eingetragenen Marke des Verkäufers.
Das OLG Köln (OLG Köln, Urteil vom 30.08.2024, Az. 6 U 25/24) hatte entschieden, dass derartige Set-Angebote wettbewerbswidrig sind. Die Entscheidung des OLG Köln besprechen wir hier. Wir von internetrecht-rostock.de hatten in diesem Verfahren den Beklagten vertreten.
Nach Ansicht des OLG Köln verstoßen derartige Angebote gegen Richtlinien von Amazon, insbesondere würde bei derartigen Angeboten kein sachlicher Zusammenhang der Set-Bestandteile gegeben sein.
Darüber hinaus können derartige Angebote auch irreführend sein, da die in der ASIN angegebene Marke des Zusatzprodukts nicht der Marke des Hauptproduktes entspricht.
Landgericht Düsseldorf: Set-Angebote Markenprodukt mit Marken-Zusatzprodukt des Verkäufers bei Amazon sind nicht wettbewerbswidrig
Das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urteil vom 23.12.2024, Az. 38 O 62/24, mutmaßlich n. rkr.) sieht die Rechtslage völlig anders.
Der Sachverhalt war ähnlich: Bei dem Angebot eines Marken-Lebensmittels erstellte der Beklagte ein Set mit dem Lebensmittel und einem markenrechtlich geschützten Zusatzprodukt. In diesem Zusammenhang setzt sich das Landgericht Düsseldorf auch mit der Entscheidung des OLG Köln auseinander.
Im Einzelnen:
Monopolisierung eines Amazon-Angebotes ist nicht zu beanstanden
„Dies beachtend ist eine gezielte Behinderung der Klägerin durch die angegriffene Angebotsgestaltung nicht festzustellen.
aa) Richtig ist, dass die Erstellung und Aufrechterhaltung des Angebots mit dem Titel „xxx + YYY Block“ – also das Anlegen der Produktdetailseite unter der ASIN xxx für das „geschnürte“ Bundle bestehend aus einem Lebensmittel und einem im Großhandel nicht (oder jedenfalls nicht ohne weiteres) erhältlichen yyy-Block – unter anderem zur Folge hat, dass Händler, die keinen Zugang zu yyy-Blöcken haben, von dem Angebot ausgeschlossen sind. Weil diese Händler, zu denen die Klägerin gehört, nicht in der Lage sind, neben dem Lebensmittel den in der Angebotsbeschreibung genannten yyy-Block zu liefern, sind sie letztlich daran gehindert, sich an das Angebot „anzuhängen“ (also ihr Angebot des Lebensmittels der Produktdetailseite hinzuzufügen). Täten sie es dennoch, handelten sie zum einen wettbewerbswidrig (nämlich irreführend). Zum anderen verletzten sie über die Plattform abgeschlossene Kaufverträge mit Verbrauchern, weil eine auf deren Bestellung hin vorgenommene Lieferung lediglich des Sirups hinter der versprochenen Leistung (die aus der Lieferung des Sirups und des yyy-Blocks besteht) zurückbliebe.
Eine solche Monopolisierung eines konkreten Produktangebots ist für sich gesehen wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden und verletzt keine schutzwürdigen Interessen der Mitbewerber oder der Verbraucher.
bb) Zunächst einmal zählt es zum Wesen des Wettbewerbs zu versuchen, sich Alleinstellungsmerkmale zu verschaffen, um die eigenen von konkurrierenden Angeboten abzusetzen. Das kann über den Preis geschehen oder durch zusätzliche Leistungen, wie etwa das Schaffen einer ansprechenden Verkaufsatmosphäre im stationären Handel, eine besondere Verpackung der Ware oder die Beigabe eines weiteren Artikels. Eine solche Zusatzleistung mag für den Verbraucher wenig oder keinen praktischen Nutzen bieten. Darüber zu befinden und zu entscheiden, ob und welches Gewicht er solchen Zusatzleistungen im Rahmen seiner Marktentscheidung einräumt, ist aber allein Sache des Verbrauchers.
Unabhängig davon besteht für einen auf dem Amazon.de Marketplace tätigen Händler ein Interesse daran, der einzige einer Produktdetailseite zugeordnete Verkäufer zu sein. Einmal sichert er sich hierdurch den für den Absatzerfolg auf Amazon wichtigen Platz in der „Buy Box“. Zum anderen sind in diesem Fall alle für das Produkt abgegebenen Kundenbewertungen solche, die aus Abschlüssen mit diesem Händler resultieren. Es besteht deshalb keine Gefahr, eine erarbeitete gute Bewertungshistorie durch negative Bewertungen zu zerstören, die sich auf andere der Produktdetailseite zugeordnete Verkäufer beziehen und darauf zurückzuführen sind, dass diese beispielsweise einen falschen oder beschädigten Artikel geliefert oder Kundenanfragen unfreundlich oder gar nicht beantwortet haben. Schließlich lohnt es bei einer alleine gehaltenen Produktdetailseite, in Werbung oder sonstige Maßnahmen zu investieren, um den Rang der Produktdetailseite in der Amazonsuchliste zu verbessern. „
Kein Verstoß gegen Amazon-Richtlinien
Die folgenden Ausführungen des LG Düsseldorf zu den Amazon-Richtlinien sind bemerkenswert. Das LG Düsseldorf kommt zu dem Ergebnis, dass die Richtlinien schon ganz grundsätzlich nicht einschlägig sind. Es geht in den Richtlinien um Varianten, das LG Düsseldorf leitet ausführlich her, dass Set-Angebote gar keine Varianten sind:
„cc) Die Angebotsgestaltung mit der Bündelung von Sirup und yyy-Block verletzt keine Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit.
(1) In der Bündelung der Waren auf einer Produktdetailseite liegt kein Verstoß gegen die Regeln des Betreibers des Amazon Marketplace.
(a) Den gegenteiligen Feststellungen der Oberlandesgerichte Köln und Düsseldorf in den oben bereits erwähnten und von der Klägerin herangezogenen Urteilen vom 30. August 2024 und 31. Oktober 2024 kann nicht gefolgt werden. Beide Urteile beziehen sich – wie in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtert – zur Herleitung eines Verstoßes gegen die Richtlinien des Amazon-Marketplaces auf Bestimmungen, die für den hier vorliegenden Fall überhaupt nicht gelten.
Die in den Urteilen der Oberlandesgerichte herangezogenen (und jeweils auszugsweise wiedergegebenen) Bestimmungen entstammen der „Richtlinie zur ASIN-Erstellung“. Sie stehen dort aber in dem Abschnitt „Variantenrichtlinien“ (bzw. in der gegenwärtigen Fassung der „Richtlinie zur ASIN-Erstellung“ nun „Richtlinie zu Varianten“ genannt). Folglich stellen die beschriebenen Praktiken (wie es in dem betreffenden Abschnitt der Amazon-Richtlinien heißt), „einen Missbrauch von Varianten dar“.
„Varianten“ sind laut der Amazon-Richtlinie „Gruppen von Produkten, die miteinander verknüpft sind“. Dabei handelt es sich um Erzeugnisse, die – wie aus der Amazon-Hilfeseite „Variantenbeziehungen“ (von der Beklagten als „Anlage B14 Amazon Richtlinie Varianten“ vorgelegt) hervorgeht – praktisch identisch sind, sich nur in einigen bestimmten Punkten voneinander unterscheiden und von denen die Käufer erwarten, dass sie zusammen auf einer Produktseite angezeigt werden. Solche Erzeugnisse werden auf einer Produktdetailseite und unter einer ASIN in den Produktkatalog von Amazon aufgenommen
Auf diese Weise soll das Einkaufserlebnis auf der Plattform verbessert werden. So muss ein Kunde, der beispielsweise nach einem T-Shirt in einer bestimmten Stoffqualität und einem 10bestimmten Schnittmuster sucht, nicht verschiedene Produktdetailseiten durchklicken, um nach einer ihm gefallenden Farbe und der passenden Größe zu suchen. Er braucht nur eine Produktdetailseite aufzurufen, bei der das übergeordnete Produkt beispielsweise ein Herren T-Shirt aus reiner Baumwolle mit Brusttasche und ohne Produktdetails zu Farbe und Größe ist, und kann auf dieser Seite mit Hilfe der Varianten-Funktion die favorisierte Farbe und passende Größe auswählen.
Ein aktuelles Beispiel für ein Angebot von „Varianten“ bietet etwa die Produktseite mit dem Titel „Amazon Essentials Herren Kurzärmeliges Tech-Stretch-T-Shirt“ und der ASIN B09GWCF62Y. Auf ihr werden (nach Schnitt und Stoffqualität identische) T-Shirts in verschiedenen Farben und Größen angeboten:
Es folgt eine Grafik des Angebotes
Bestellungen werden von einer solchen Seite aus nicht für alle unter der ASIN angebotenen Erzeugnisse ausgelöst, sondern jeweils nur für eine Variante. Diese muss zunächst ausgewählt werden, bevor sie in den Warenkorb eingelegt werden kann.
In dem eben gezeigten Beispiel ist bereits die Farbe „Goldgelb“ (durch Klicken auf das Vorschaubild) ausgewählt worden. Es fehlt noch die Festlegung der Größe (über die dafür vorgesehene Dropdownliste). Erst danach kann eines der auf der Seite als Variante angebotenen Kleidungsstücke in den Warenkorb eingelegt werden:
(b) Um solche Varianten – also die Zusammenfassung verschiedener Artikel auf einer Produktdetailseite und unter einer ASIN, unter denen der Verbraucher auf der Produktseite eine bestimmte Variante auswählt um sie zu bestellen – geht es hier nicht. Vielmehr sind auf der von der …. angelegten Produktseite mit dem Titel „XXX + yyy Block“ und der ASIN XXX mehrere Produkte (drei Flaschen Sirup und ein Block) zusammengefasst worden, die auf dieser Produktseite nur gemeinsam (als Bundle) bestellt werden können.
(c) Das Schnüren solcher Bundles, die als ein (aus den „gebundelten“ Erzeugnissen zusammengesetztes) Produkt (gleichsam „im Set“) auf einer Produktseite angeboten werden, ist nach den Programmrichtlinien für den Amazon-Marketplace den teilnehmenden Händlern nicht generell untersagt. Die von den Oberlandesgerichten Köln und Düsseldorf angeführten Verbote betreffen – wie bereits ausgeführt – nur Varianten. Vorgaben aus den Programmrichtlinien, die es ausschließen, mehrere Produkte auf einer Produktseite (und damit unter einer ASIN) dergestalt zusammenzufassen, dass sie dort einheitlich bestellt werden können, hat die Klägerin nicht aufgezeigt.
Solche Vorgaben lassen sich den Programmrichtlinien auch nicht entnehmen. Nach den über das amazon seller central zur Verfügung gestellten, von den an dem Programm „Verkaufen auf Amazon“ teilnehmenden Händlern für Verkäufe in Deutschland zu beachtenden „Richtlinien für Produktdetailseiten“ (abrufbar unter sellercentral.amazon.de/help/hub/reference/external/G200390640) soll zwar (soweit es nicht um die bereits behandelten „Varianten“ geht) laut dem Einleitungstext sichergestellt werden, dass es für „jeden einzelnen Artikel eine eigene Produktdetailseite gibt“. Ferner wird, ohne dass dies in den Richtlinien ausdrücklich ausgesprochen wird, unter einem Artikel oder Produkt im Regelfall ein Erzeugnis in der Form verstanden, wie es von dem Hersteller auf den Markt gebracht wird. Die „Richtlinien für Produktdetailseiten“ schließen es aber nicht generell aus, mehrere solcher Produkte zu einer Verkaufseinheit zusammenzufassen und sie auf einer Produktseite anzubieten. Das zeigt die Regelung im sechsten Aufzählungspunkt des Abschnitts „Richtlinien zum Hinzufügen von Detailseiten“. Sie lautet:
Mithin untersagen es die Programmrichtlinien bei anderen Artikeln als BMVD-Produkten (Anmerkung: gemeint sind “Bücher, Musik, Videos und DVDs (Medienprodukte”) sind nicht, mehrere Produkte auf einer Produktdetailseite zu einem als Einheit angebotenen Bundle zusammenzufassen, so wie das die …. unter der ASIN XXX getan hat.
(d) Diesem Ergebnis stehen die von dem Beklagten als Teil der Anlage B14 vorgelegten „Richtlinien zu Produkt-Bundles 11/24“ nicht entgegen.
Nach diesen Richtlinien versteht Amazon unter einem „Bundle“ das Anbieten mehrerer Produkte unter einer ASIN. Der Verkauf von Bundles sollte zwar laut Amazon „grundsätzlich […] eingeschränkt werden“, doch möchte Amazon eine bestimmte Art von Bundles weiterhin auf seiner Webseite zulassen und nennt Fälle, in denen es Bundles akzeptiert.
Zwar mag man in Zweifel ziehen können, ob das von der …. erstellte Bundle von drei Flaschen Sirup und einem Schreibblock sich unter einen der von Amazon genannten Fälle
fassen lässt. Die „Richtlinien zu Produkt-Bundles 11/24“ stellen aber (anders als das bei den „Richtlinien zum Hinzufügen von Detailseiten“ der Fall ist, denen zufolge bei BMVD-Artikeln ausdrücklich nicht mehrere Produkte auf einer Produktdetailseite angeboten werden „dürfen“ [Unterstreichung nur hier]) kein klares Verbot auf, sondern enthalten gleichsam eine „Positivliste“, nämlich eine Aufzählung von Fällen,, in denen Bundles akzeptiert werden.
Eine solche Art der Regelung dient in erster Linie dazu Händlern Aufschluss darüber zu geben, wie sie ihre Angebote gestalten können, ohne mit Beanstandungen rechnen zu müssen. Ferner mag sie es Amazon ermöglichen, Produktseiten, die andere Bundles enthalten, zu sperren. Sie kann aber nicht als ein klares Verbot verstanden werden. „
„Richtlinie zur ASIN-Erstellung“ und den „Richtlinien für Produktdetailseiten“ sind nicht verbindlich
„(e) Selbst wenn man letzteres anders sähe und den „Richtlinien zu Produkt-Bundles 11/24“ ein Verbot des von der …. erstellten Bundles entnehmen wollte, könnte man daraus keinen Verstoß gegen solche Regeln des Betreibers des Amazon Marketplace ableiten, auf deren Einhaltung sich die Händler im Grundsatz verlassen dürfen. Die „Richtlinien zu Produkt-Bundles 11/24“ sind nämlich nicht Teil der Programmrichtlinien, zu deren Einhaltung sich an dem Programm „Verkaufen bei Amazon“ teilnehmende Händler mit dem (für eine Teilnahme an dem Programm notwendigen) Abschluss des „AMAZON SERVICES EUROPE BUSINESS SOLUTIONS VERTRAGS“ verpflichten. Dieser Vertrag (dessen Text unter sellercentral.amazon.de/help/hub/reference/external/521?ref=efph_521_relt_201190440&locale=de abgerufen werden kann) bindet die Händler an die jeweiligen Programmbedingungen und Programmrichtlinien. Dabei versteht der Vertrag unter dem Begriff „Programmrichtlinien“ alle Richtlinien und Programmbestimmungen auf der Seite Programmrichtlinien. Auf dieser Seite, die unter sellercentral.amazon.de/help/hub/reference/external/521?ref=efph_521_relt_201190440&locale=de abgerufen werden kann, werden die „Richtlinien zu Produkt-Bundles 11/24“ (im Unterschied zu der 14
„Richtlinie zur ASIN-Erstellung“ und den „Richtlinien für Produktdetailseiten“) nicht genannt. „
Zusammenfassung des Gerichtes: Kein Wettbewerbsverstoß
(f) Zusammenfassend hat die …. mit der Erstellung der Produktdetailseite nicht gegen die von Händlern auf dem Marketplace zu beachtenden Programmrichtlinien von Amazon verstoßen. Vielmehr durfte sie drei Flaschen Sirup und einen Schreibblock zu einem Bundle zusammenfassen und für dieses Bundle eine neue Produktdetailseite erstellen.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, die …. umgehe auf diese Weise die Regularien des Marketplace, indem sie dem eigentlichen Produkt (dem Sirup) einen wertlosen Begleitartikel zu dem Zweck hinzufüge, eine nur von ihr als alleinigem Anbieter des Blocks (und damit des von ihr angebotenen Sets aus Sirup und Block) nutzbare Produktdetailseite in dem Amazon Katalog zu erhalten. Nach dem System und den die Händler bindenden Regularien der Handelsplattform ist es wie aufgezeigt gerade nicht generell verboten, Produkte mit mehr oder weniger wertlosen Zusatzleistungen zu versehen und obliegt es alleine dem Verbraucher, über den (Mehr-)Wert solcher Zugaben zu entscheiden. Eine Ausnahme gilt nur für BMVD-Produkte, die nicht Gegenstand des Angebots der …. sind.
(2) Schutzwürdige Interessen von Mitbewerbern werden durch das Vorgehen der …. nicht beeinträchtigt. Vielmehr ist bereits nicht festzustellen, dass von der Gestaltung ihres Angebots überhaupt eine (zumindest potentiell) behindernde Wirkung ausgeht.
Händler, die sich nicht mit yyy-Blöcken eindecken möchten, um diese gemeinsam mit Sirup auf Amazon anbieten zu können, werden durch die von der …. vorgenommene Bündelung von drei Flaschen Sirup mit einem yyy-Block auf einer Produktdetailseite nicht daran gehindert, selbst solchen Sirup über den Verkaufskanal Amazon abzusetzen. Ihnen ist es zwar aus den oben unter III 1 b aa genannten Gründen versagt, sich an die ASIN XXX anzuhängen. Die von der …. vorgenommene Bündelung von drei Flaschen Sirup mit einem yyy-Block auf einer Produktdetailseite macht es anderen Händlern aber nicht unmöglich, Sirup ohne yyy-Blöcke über den Verkaufskanal Amazon abzusetzen. Hierzu müssen sie lediglich überprüfen, ob im Produktkatalog von Amazon bereits eine Produktdetailseite für Orangensirup der Marke Gut & Günstig existiert. Soweit das der Fall ist, können sie ihr eigenes Angebot dieser Produktdetailseite zuordnen. Andernfalls können sie selbst eine Produktdetailseite für diesen Sirup anlegen.
Dabei ist die Klägerin im Übrigen nicht gezwungen, sich an das von dem Beklagten angeführte Angebot eines Sechserpacks von XXX anzuhängen. Vielmehr kann sie, wenn sie gerne ein Set bestehend aus drei Flaschen XXX anbieten möchte, eine entsprechende Produktdetailseite erstellen. Ein solches Bundle (ohne yyy-Block) ist bislang nicht im Katalog von Amazon enthalten und die Erstellung eines solchen Bundles widerspricht, wie sich aus den oben unter III 1 b bb (1) (d) behandelten, von dem Beklagten als Teil der Anlage B14 vorgelegten „Richtlinien zu Produkt-Bundles 11/24“ und den dort genannten Beispielsfällen ergibt, nicht den für den Amazon Marketplace geltenden Regeln. „
OLG Köln hatte das zu beachtende Regelwerk nicht im Blick
„Den in eine andere Richtung weisenden Überlegungen des Oberlandesgerichts Köln aus dessen Urteil vom 30. August 2024, auf die sich die Klägerin beruft, kann nicht gefolgt werden. Sie beruhen – wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt – auf einer das von Händlern auf Amazon zu beachtende Regelwerk nicht vollständig in den Blick nehmenden Betrachtung. Entgegen der von dem Oberlandesgericht Köln unter II 2 b seiner Urteilsgründe auf Basis des ihm unterbreiteten Parteivortrags getroffenen Feststellungen ist es Händlern möglich, mehrere von einem Lebensmittelhersteller in Einzelverpackungen auf den Markt gebrachte Lebensmittel in beliebiger Stückzahl im Set anzubieten und auf diese Weise die anteiligen Versandkosten zu reduzieren, um einen für den Verbraucher attraktiven Gesamtpreis aufrufen zu können. „
Amazon Richtlinien gerichtsbekannt
Bemerkenswerterweise hat das selbst offenbar Gericht die „Richtlinien für Produktdetails Seite“in das Verfahren als offenkundige Tatsache eingeführt:
„Schließlich war es nicht – wie grundsätzlich geboten (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2022 – III ZR 195/20 [unter II 2 a]) – notwendig, die „Richtlinien für Produktdetailseiten“, deren Inhalt aufgrund der freien Abrufbarkeit der von Amazon über das seller central zur Verfügung gestellten Texte eine im Sinne von § 291 ZPO offenkundige Tatsache darstellt, seitens des Gerichts in den Rechtsstreit einzuführen. Beide Parteien nehmen selbst an dem Programm „Verkaufen auf Amazon“ teil und haben sich vertraglich gegenüber Amazon verpflichtet, die von Amazon aufgestellten Regularien zu beachten. Dementsprechend haben sich beide Parteien (wenn auch teilweise ohne genaue Bezugnahme) auf die auf der Plattform zu beachtenden Regelungen bezogen, weshalb davon auszugehen ist, dass sie ihnen gegenwärtig sind und sie um ihre mögliche Entscheidungserheblichkeit wissen. Abgesehen davon sind die Amazon Richtlinien nicht zu Lasten der Klägerin verwertet worden. Soweit sie im Rahmen der Prüfung der gezielten Behinderung herangezogen worden sind, handelt es sich letztlich um überschießende Feststellungen, da es nicht Sache des Beklagten ist aufzuzeigen, dass sich die xxx regelkonform verhalten hat, sondern Sache der Klägerin, die eine gezielte Behinderung begründenden Tatsachen (zu denen ein möglicher Verstoß gegen auf Amazon.de zu beachtende Regularien zählen kann) beizubringen.“
Keine Irreführung durch Angabe der Marke des Zusatzproduktes in der ASIN
Wenn ein Markenprodukt zusammen mit einem anderen Markenprodukt (dem markenrechtlich geschützten Zusatzprodukt) angeboten wird, wird in der Regel in der Artikelbeschreibung die Marke des Zusatzprodukt des aufgeführt und zwar als einzige Marke.
Auch in dieser Darstellung sieht das LG Düsseldorf kein Problem:
„Die Darstellungen auf der Produktseite sind nicht in geschäftlich relevanter Weise irreführend, weshalb das öffentliche Zugänglichmachen des Seiteninhalts nicht gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UWG unlauter ist.
Die Klägerin meint, die Produktseite täusche den Verbraucher über den Hersteller des angebotenen Lebensmittels. Dem kann nicht beigetreten werden. Ein durchschnittlicher Verbraucher in dem oben unter III 2 a beschriebenen Sinn, der die Produktseite besucht, wird mutmaßlich nicht die Vorstellung entwickeln, dass „yyyy“ der Hersteller des Sirups ist und er wird „yyyy“ nicht für den Lebensmittelunternehmer halten.
Der Verbraucher wird, wenn er die Produktseite aufsucht, typischerweise zunächst das als eye catcher fungierende Produktbild links wahrnehmen und seinen Blick von dort nach rechts oben zum Produkttitel („xxxx + yyyy Block“) wandern lassen. Dabei tritt ihm sowohl auf dem Bild als auch im Titel die als Hausmarke des …. Konzerns bekannte Marke „……“ entgegen, die innerhalb des Titels an erster Stelle genannt wird und erkennbar die Herkunft des Sirups bezeichnet. Die Marke „yyyy“ ist demgegenüber nicht dem Lebensmittel zugeordnet, sondern der Beigabe („+ yyyy Block“). Außerdem ist auf dem Produktbild gut zu erkennen, dass die Sirupflaschen mit der weiteren Marke „ZZZZ“ gekennzeichnet sind.
Unter diesen Umständen wird der Verbraucher nicht annehmen, dass es sich bei „yyyy“ um den Lebensmittelunternehmer handelt, obwohl „yyyy“ unter dem Titel in der Zeile Marke genannt wird. Zwar wird diese Angabe im allgemeinen als Hinweis auf den Hersteller des Hauptproduktes verstanden werden. Hier steht der Entstehung einer solchen Vorstellung jedoch entgegen, dass das Produktbild gut erkennen lässt, dass mit der im Lebensmitteleinzelhandel bekannten Eigenmarke „………“ und der gleichfalls im Lebensmitteleinzelhandel bekannten Marke „…..“ die betriebliche Herkunft des Sirups klar anderweitig angegeben wird.
d) Sähe man das anders, ist der Unlauterkeitstatbestand des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UWG gleichwohl nicht erfüllt. Angesichts der fehlenden Bekanntheit der Marke „yyyy“ ist nicht anzunehmen, dass ein durchschnittlicher Verbraucher mit ihr Gütevorstellungen für den Lebensmittelbereich verbindet, die ihn dazu veranlassen könnten, sich deshalb näher mit dem Angebot zu befassen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 30. August 2024 – 6 U 25/24, GRUR-RS 2024, 22986 [unter II 2 c]).“
Fazit
Die nicht rechtskräftige Entscheidung des LG Düsseldorf ist bemerkenswert und unterscheidet sich insbesondere bei einem ähnlichen Sachverhalt von der gegenteiligen Entscheidung des OLG Köln. Wir sind sehr gespannt, was das OLG Düsseldorf dazu sagt.
Ist jetzt alles offen und Amazon-Verkäufer können unbesorgt wieder Set- Angebote mit einem Produkt einer Eigenmarke anbieten?
Wir meinen nein.
Die Entscheidung des OLG Köln (bei der wir den Beklagten vertreten hatten) finden auch wir insofern kritisch, als dass Amazon-Richtlinien nach Ansicht des OLG Köln eine wettbewerbsrechtliche Relevanz zukommt. Dies hatte für eBay-Richtlinien das OLG Hamm vor einer Weile noch völlig anders gesehen. Hinzukommt das grundsätzliche Problem der Angabe der Marke des Händlers von dem Zusatzprodukt in der Artikelbeschreibung.
Aufgrund der möglicherweise unterschiedlichen OLG-Rechtsprechung zu sehr ähnlichen Sachverhalten muss gegebenenfalls der Bundesgerichtshof die Angelegenheit grundsätzlich klären.
Wir beraten Sie zu Set-Angeboten oder eine Abmahnung zu diesem Thema bei Amazon.
Stand: 17.2.2025
Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard