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Abmahngefährdete Produktbeschreibungen: Wie Markeninhaber bei Amazon den Vertrieb ihrer Produkte behindern können

Viele Inhaber, gerade größere und bekanntere Marken schätzen den Online-Handel mit Ihren Produkten nicht besonders. In erster Linie dürfte es der Preis sein, der den Markeninhabern nicht gefällt. Versuche, wie z. B. die des Sportartikelherstellers Adidas, den Onlinehandel zu einzuschränken, waren 2014 durch das Bundeskartellamt unterbunden worden.

Bei Amazon beobachten wir aktuell, dass es bei einigen Markenprodukten für Verkäufer nicht möglich ist, diese rechtskonform bei Amazon anzubieten. Dies ist dann der Fall, wenn in der ASIN wettbewerbswidrige Aussagen stehen oder rechtliche Pflichtinformationen, wie z.B. ein Grundpreis fehlt. Grundsätzlich haftet der Amazon-Verkäufer für wettbewerbsrechtliche Probleme der ASIN, die er für seinen Verkauf nutzt (BGHI ZR 110/15) . Wenn somit z. B. bei einem grundpreispflichtigen Produkt der Grundpreis fehlt, kann der Amazon-Verkäufer abgemahnt werden. Warum der Grundpreis fehlt, ist für die Berechtigung der Abmahnung unerheblich.

Amazon räumt Markeninhabern weitreichende Rechte ein

Markeninhaber haben die Möglichkeit, Ihre Marke bei Amazon zu registrieren. Amazon bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten an, um Markeninhaber vor dem Angebot von Fälschungen etc. zu schützen. Ein Vorteil und eine Folge der Markenregistrierung bei Amazon, ist die Möglichkeit von Markeninhabern, auf die Markenpräsentation Einfluss zu nehmen. Amazon informiert dazu wie folgt:

„Korrekte Markenrepräsentation

Sobald Sie sich angemeldet haben, haben Sie mit der Markenregistrierung mehr Einfluss auf und Kontrolle über die Produktangebote Ihrer Marke bei Amazon.“

Der Einfluss der Markeninhaber auf die Produktangebote bei Amazon erstreckt sich offensichtlich auch auf die Produktbeschreibung.

Aktuell häufen sich in unserer Beratungspraxis Fälle, in denen Produktbeschreibungen von Bekannten Markenprodukten fehlerhaft sind, weil z.B. ein Grundpreis fehlt. Ein fehlender Grundpreis ist wettbewerbswidrig. Entsprechende Abmahnungen sind für die betroffenen Händler häufig sehr weitreichend. Die ASIN kann aufgrund der Abmahngefahr eigentlich nicht genutzt werden. Die Anlage einer weiteren ASIN mit dem identischen Produkt ist nach den Amazon-Richtlinien unzulässig. Wenn der Händler Schreibrechte hat, kann versuchen, die fehlenden Informationen bei der ASIN zu ergänzen. Dies klappt jedoch häufig aktuell nicht, wenn es sich um Markenprodukte handelt. In diesen Fällen teilt Amazon dem Händler mit:

„Die Detailseite dieser ASIN wird offenbar vom Markeninhaber verwaltet. Alle produktbezogenen Informationen müssen von ihm genehmigt werden. Wir haben die von Ihnen angeforderten Änderungen an den Markeninhaber gesendet. Bitte beachten Sie jedoch, dass dieser nicht verpflichtet ist, diese Änderungen vorzunehmen. Sie müssen im Moment nichts weiter tun.“

Es überrascht nicht, dass in den uns bekannten Fällen die ASINs nicht geändert wurden.

Marktabschottung durch die Hintertür?

Dieser „Markenschutz“, den Amazon Markeninhabern einräumt, kann durch Markeninhaber in dieser Form dafür verwendet werden, um einen Vertrieb von Markenprodukten bei Amazon erheblich zu erschweren. Bei Artikelbeschreibungen, die für den Händler eine Abmahngefahr zur Folge haben, werden viele Händler es sich zweimal überlegen, ob sie das Markenprodukt bei Amazon anbieten wollen. Häufig ist es, gerade bei bekannten Marken so, dass der Markeninhaber gar nicht selbst als Verkäufer bei Amazon tätig ist. Der Markeninhaber ist in diesen Fällen von den wettbewerbsrechtlichen Problemen der ASIN nicht betroffen.

Amazon selbst hält sich nach unserem Eindruck aus diesem Konflikt heraus. Es wäre Amazon ein Leichtes, dafür Sorge zu tragen, dass bei grundpreispflichtigen Produkten ein Grundpreis auch dargestellt werden kann. Amazon sieht sich jedoch darauf zurück, keine Änderungen an den ASINs vornehmen können, so die Formulierung aus einer Mitteilung von Amazon an einen Händler.

Wer in diesen Fällen im Übrigen der Verantwortliche ist, ist häufig nicht ganz klar. Es muss nicht zwangsläufig der Markeninhaber selbst sein, der eine Marke bei Amazon hinterlegt hat. Es können auch Berechtigte bzw. Bevollmächtigte sein. Ebenfalls unklar ist aktuell, ob die Markeninhaber vorsätzlich handeln bzw. vorsätzlich nichts tun oder ob es andere Gründe gibt, die dazu führen, dass die fehlerhaften ASINs unbearbeitet bleiben.

Denkbar ist jedenfalls, dass der Markeninhaber in diesen Fällen selbst wettbewerbswidrig handelt in Form eines Behinderungswettbewerbs. Auch kartellrechtliche Probleme könnten sich ergeben.

Im Ergebnis ist die Situation für Händler aktuell sehr problematisch. Einige Verkäufer können bestimmte ASINs nicht mehr verwenden, da diese nicht rechtskonform sind und Abmahner genau dies erkannt haben und entsprechend abmahnen. Dies gilt umgekehrt natürlich auch für Markeninhaber, die von Amazon eine Information zu notwendigen Änderungen an der ASIN erhalten, jedoch nicht reagieren.

Wir beraten Sie.

Stand: 17.9.2020

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard