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Chinesische FBA-Verkäufer bei Amazon: Von Steuerhinterziehung über unsichere Produkte bis hin zur Markenrechtsverletzung – was können Amazon Verkäufer tun?

Eine aktuelle Untersuchung des Portals marketplace pulse hat ergeben, dass 34% der Top-Amazon-Verkäufer in China ansässig sind. marketplace pulse hat dies aufgrund eines gemeinsamen Durchschnittes von fünf europäischen Amazon-Marktplätzen errechnet, nämlich für Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien.

Der Anteil der chinesischen Verkäufer ist bei Amazon – USA nach Branchenschätzungen sogar noch höher.

Viele chinesische Amazon-Verkäufer nutzen FBA (Fulfillment bei Amazon). Über 70% der chinesischen Verkäufer nutzen das Fulfillment bei Amazon. Im Vergleich dazu liegt die Quote der FBA-Verkäufer aus Europa unter 50%.

Wettbewerbsverzerrung durch Steuerhinterziehung

Die dadurch entstehende Wettbewerbsverzerrung für deutsche Amazon-Verkäufer ist erheblich:

Das deutsche, wie auch das europäische Steuerrecht hat ganz offensichtlich Lücken mit der Folge, dass auch dem deutschen Fiskus nicht nur Umsatzsteuer von nach Schätzungen über 1 Milliarde Euro entgehen. Die Finanzministerkonferenz ist sich des Problems sehr wohl bewusst. In einer Pressemitteilung wird davon gesprochen, dass sowohl Zölle und Einfuhrumsatzsteuer als auch die Umsatzsteuer selbst systematisch durch ausländische Händler hinterzogen werden “Die Kunden glauben, sie bezahlen die Umsatzsteuer, der Online-Handel führt diese aber nicht ab”, heißt es in einer Pressemitteilung der Finanzministerkonferenz aus Mai 2017.

Der Käufer merkt es daran, dass er trotz Aufforderung keine Rechnung erhält. Dies verwundert nicht weiter, es gilt hier in der Praxis der übliche Schwarzarbeits-Grundsatz: Keine Rechnung = keine Steuern.

Hinsichtlich dieses Problems ist die Politik gefragt, insbesondere die Europäische. Dem rechtstreuen deutschen Amazon-Verkäufer hilft dies jedoch aktuell nicht weiter.

Es gibt jedoch Hoffung: Ende Dezember 2017 hat die Steuerfahndung wegen Umsatzsteuerbetruges Lagerbestände und Händler-Konten chinsischer Anbieter bei Amazon beschlagnahmt.

Unfaire Preisgestaltung

Im Gegenteil leiden viele deutsche Amazon-Verkäufer darunter, dass sich Asiaten an “Ihre” ASINs anhängen und zwar mit weitreichenden Folgen:

Nicht nur, dass chinesische Händler mangels Zwischenhändler und Wegfall einer Handelsstufe besser kalkulieren können. Der Preis ist auch deshalb oft ein Schnapper, weil keine Steuern gezahlt werden und auch sonst asiatische Händler von allen finanziellen Belastungen befreit sind, mit denen sich deutsche Händler konfrontiert sehen.

Markenrechtsverletzung und Verletzung weiterer Schutzrechte

Ein weiterer Aspekt ist, dass die Asiaten es mit Patenten, Markenechten und sonstigen Schutzrechten nicht so genau nehmen.

Es ist somit nicht übertreiben, wenn wir immer wieder feststellen, dass das, was asiatische Händler ausliefern, entweder Komplettfälschungen sind oder Produkte von wirklich minderwertiger Qualität. Angeboten werden diese jedoch häufig durch das Anhängen an ASINs mit Qualitätsprodukten. Der Markeninhaber oder jedenfalls derjenige, der mühsam über eine gute Produktqualität sich positive Kundenbewertungen erarbeitet hat, schaut hier unter dem Strich in die Röhre, wenn Kunden in diesen Fällen zurecht negative Bewertungen aufgrund schlechter Qualität abgeben (siehe auch: Was tun bei schlechten Kundenrezensionen bei falscher oder gefälschter Ware?).

Häufig sind es schlichtweg andere Produkte, die im Falle einer Bestellung bei einem asiatischen Verkäufer von Amazon selbst im Rahmen von FBA ausgeliefert werden. Uns sind sogar Fälle bekannt, in denen asiatische Händler auf Grundlage von Produktfotos bei Amazon selbst Plagiate in Asien produzierten.

Dies ist unlauterer Wettbewerb und zwar nicht nur im rechtlichen Sinne, sondern auch rein tatsächlich.

Vorschriften zur Produktsicherheit werden ignoriert

Die vermeintlichen Schnäppchen können auch Verkäufer teuer werden und schädigen letztlich alle:

Grundlegende Sicherheitsvorschriften und Informationspflichten, bspw. nach Produktsicherheitsgesetz werden häufig nicht eingehalten. Verstöße sind wettebwerbswidrig.Das Schnäppchen von Amazon kann daher auch für Käufer teuer werden, wenn aufgrund von minderwertiger Produktqualität Menschen verletzt oder getötet werden oder Sachwerte beschädigt werden. Dies ist im Übrigen nicht nur blanke Theorie. Uns sind mehrere Fälle bekannt, in denen minderwertige Elektroprodukte aus Asien entweder Brände auslösten oder dies nur durch einen glücklichen Zufall verhindert werden konnte.

Nicht umsonst schreibt das Produktsicherheitsgesetz vor, dass ein Verantwortlicher mit Sitz in der Europäischen Union anzugeben ist. Einer Klage in China gegen einen chinesischen Verkäufer räumen wir nur geringe Erfolgsaussichten ein. Eigentlich unterliegen bssp. Nicht ordnungsgemäß gekennzeichnete Produkte einem gesetzlichen Vertriebsverbot.

Altgeräteentsorgung zu Lasten der Allgemeinheit

Auch die Allgemeinheit wird neben einer systematischen Steuerhinterziehung noch weiter geschädigt:

Bevor bspw. ein Elektroprodukt in Deutschland in den Verkehr gebracht werden darf, muss die Elektroaltgeräteentsorgung geklärt sein. Eine entsprechende Anmeldung nach Elektrogesetz bei der Stiftung EAR ist aufwendig und mit Kosten verbunden, was sich natürlich bei seriösen deutschen Verkäufern dann letztlich auch wieder im Preis niederschlägt. Gleiches gilt auch bei Akkus und Batterien.

Was wünschenswert wäre

Es liegt auf der Hand, dass chinesische und asiatische FBA-Verkäufer durch systematische Steuerhinterziehung den Staat und damit die Allgemeinheit schädigen, wie aber auch den Wettbewerb mit unfairen Mittels so verzerren, dass es zum Teil für deutsche Amazon-Verkäufer schwierig wird. Hier ist grundsätzlich der Gesetzgeber gefragt und zwar nicht nur auf deutscher, sondern auch auf europäischer Ebene. Dies kann dauern.

Aber auch Amazon wird sich fragen lassen müssen, weshalb es zugelassen wird, dass Verkäufer aus China direkt in deutsche und europäische Amazon-FBA-Lager einliefern und Amazon in diesem Zusammenhang nicht nur das Angebot, sondern auch noch die Zahlungsabwicklung und Logistik übernimmt, sich aber nicht um grundlegende Fragen kümmert, ob Produkte bspw. so gekennzeichnet sind, dass diese überhaupt in Deutschland vertrieben werden dürfen.

Langfristig gesehen hoffen wir auf Rechtsprechung, die Amazon in die Mitverantwortung nimmt.

Wie Sie als betroffener Amazon-Händler sich wehren können

Würde ein deutscher Händler als Wettbewerber sich so verhalten, wie es viele chinesische Händler tun, wäre eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erfolgsversprechend und könnte effektiv gerichtlich durchgesetzt werden. Dies gilt auch bei einer Verletzung von Markenrechten. Wenn der Anbieter jedoch ausschließlich seinen Sitz in Asien hat, macht eine Durchsetzung vor deutschen Gerichten schlichtweg keinen Sinn.

Ganz schutzlos stehen deutsche Händler jedoch nicht dar: Der Bundesgerichtshof hat bereits vor längerer Zeit entschieden, dass in bestimmten Konstellationen der Plattformbetreiber haftet, wenn er trotz Mitteilung über einen Rechtsverstoß und in Kenntnis des Rechtsverstoßes die Produkte nicht von der Plattform entfernt.

Aus diesem Grund bietet Amazon bspw. den Infringement-Prozess an. Die Möglichkeit, an Amazon eine Mitteilung über eine Rechtsverletzung abzusetzen, ist jedoch nach unserer Erfahrung häufig, wenn nur das Amazon-Formular genutzt wird, nicht besonders effektiv.

In diesen Fällen unterstützen wir Sie.

Nehmen Sie einfach zu uns Kontakt auf.

Stand: 04.01.2018

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

 

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