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Abmahnfalle Lebensmittel-Angebote: Whiskey “mit Farbstoff” und Würstchen mit Konservierungstoffen – über Zusatzstoffe muss informiert werden

Beim Angebot von Lebensmitteln aller Art gibt es nicht so viele gesetzliche Regelungen, die sich mit Informationspflichten im Internet befassen. Noch ist es bspw. so, dass über Zutaten oder Mindesthaltbarkeitsdatum im Internet noch nicht informiert werden muss. Sehr viel weitergehende Informationspflichten für den Internethandel gelten ab dem 13.12.2014. Dann gibt es für alle Internethändler sehr umfangreiche Informationspflichten gemäß EU-Verordnung Nr. 1169/11.

Eine Verpflichtung, über Inhaltsstoffe im Internet zu informieren, gibt es jedoch bei Lebensmitteln nach der “Zusatzstoff-Zulassungsverordnung-ZzulV (Verordnung über die Zulassung von Zusatzstoffen zu Lebensmitteln zu technologischen Zwecken)”. Vielleicht ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass Sie bei Imbissbuden deutlich sichtbare Schilder sehen, auf denen auf Konservierungsstoffe o. ä. hingewiesen wird.

Sehr versteckt in der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung, nämlich in § 9 Abs. 6 Nr. 4 ZzulV, ist vorgeschrieben, dass die “Angaben nach Absatz 1 bis 5 gut sichtbar in leicht lesbarer Schrift im Versandhandel auch in Angebotslisten dargestellt werden müssen”. Dies bedeutet nichts anderes, als dass bei Internetangeboten (auch dies ist Versandhandel) entsprechende Informationen mit aufzunehmen sind.

Konkret geht es um die Zusatzstoffe, die in § 9 Absatz 1 bis Absatz 5 ZzulV genannt werden.

Denkbar sind somit folgende Zusatzstoff-Angaben:

  • “mit Farbstoff”
  • “mit Konservierungsstoffen” oder “konserviert”
  • alternativ “mit Nitritpökelsalz”
  • mit “Nitrat” oder “mit Nitritpökelsalz und Nitrat”
  • “mit Antioxidationsmittel”
  • “mit Geschmacksverstärker”
  • “geschwefelt”
  • “geschwärzt”
  • “gewachst”
  • “mit Phosphat”
  • “mit Süßungsmittel”
  • “mit Süßungsmitteln” (ggf. mit “auf der Grundlage von …”)
  • “enthält eine Phenylalaninquelle”
  • “kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken”

Was konkret auf der rechtskonformen Verpackung angegeben werden muss, ist letztlich eine Spezialaufgabe für einen Lebensmittelrechtler und Lebensmittelchemiker. Internethändler sollten überprüfen, welche dieser Begrifflichkeiten sich auf der (rechtskonformen) Produktverpackung für Lebensmittel wiederfinden.

Abmahnung wegen fehlender Kennzeichnung bei Internetangeboten

Fehlende Angaben beim Angebot von Lebensmitteln im Internet sind – wie könnte es anders sein – wettbewerbswidrig und werden auch abgemahnt. So liegt uns eine Abmahnung der Wettbewerbszentrale (WBZ) vor, in der gerügt wird, dass ein Whiskey nicht mit der wohl notwendigen Bezeichnung “mit Farbstoff” im Internet gekennzeichnet wurde.

Informationspflichten nach ZZulV nur im Versandhandel

Urteile zu Informationspflichten nach der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung sind selten. Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Urteil vom 07.02.2014, Az.: 6 U 81/13) hat sich aktuell mit dieser Frage befasst.

Der Sachverhalt war ungewöhnlich:

Beklagter war ein Lebensmittelanbieter, der auf seiner Internetseite Lebensmittel anbot, unter anderem auch Bockwürste, bei denen er nicht über Konservierungsstoffe und Antioxidationsmitteln informierte.

Das Ungewöhnliche war, dass die Lebensmittel zwar über das Internet bestellt werden konnten, diese konnten dann entweder vom Kunden abgeholt werden oder wurden ihm an die Haustür geliefert. Der Kunde hatte dabei die Möglichkeit, zu entscheiden, welche Lebensmittel er überhaupt nimmt. Den Rest konnte er unproblematisch sofort zurückgehen lassen.

Nach Ansicht des OLG Köln handelt es sich hierbei nicht um einen Versandhandel. Die Informationspflichten nach ZZulV sollen das Defizit ausgleichen, das dadurch entsteht, dass der Verbraucher die Ware vor dem Vertragsschluss nicht physisch untersuchen kann und daher die vorgeschriebenen Angaben auch nicht wahrnehmen kann.

“Ausschlaggebend ist, dass die AGB und die seitens der Beklagten zitierten FAQ auf ihrer Internetseite keinen Zweifel daran lassen, dass der Kunde nicht verpflichtet ist, die gelieferten Waren ganz oder zum Teil abzunehmen. Er kann die Entgegennahme verweigern und ist auch nur zur Bezahlung der Waren verpflichtet, die er tatsächlich abnimmt. Insoweit unterscheidet sich seine Situation deutlich von der bei einem “klassischen” Fernabsatzgeschäft, bei dem dem Verbraucher zwar ein Widerrufsrecht zusteht, er aber die bestellten Waren im Regelfall erst einmal bezahlen muss und dann zur Ausübung des Widerrufsrecht aktiv werden muss, in dem er selber die Rücksendung der Waren veranlasst. Es kann daher auch nicht mit dem Kläger davon ausgegangen werden, dass der Kunde bei dem Geschäftsmodell der Beklagten seine Entscheidung “faktisch” bereits bei der Bestellung trifft. Vielmehr erscheint es als ebenso wahrscheinlich, dass der Kunde bewusst alternative Waren zur Auswahl bestellt und auch die faktische Entscheidung für eine bestimmte Ware erst nach der Auslieferung trifft.”

Auch kein Verstoß gegen §§ 5, 5a UWG

Eine Irreführung durch Unterlassen, die wettbewerbswidrig ist, insbesondere gemäß § 5a UWG liegt vor, wenn notwendige Pflichtinformationen gegenüber Verbrauchern nicht gegeben werden. Hier hat es sich das OLG einfach gemacht: Wenn eine Information im Internet auftritt nicht notwendig ist, kann diese auch nicht über eine andere Norm eingefordert werden.

Praktische Folgen

Die Entscheidung zeigt, dass die Informationspflichten beim Angebot von Lebensmitteln bereits jetzt Gegenstand der Rechtsprechung werden. Ab dem 13.12.2014 wird sich dies durch die EU-Verordnung 1196/11 erheblich verschärfen.

Unsere dringende Empfehlung ist daher, dass Internethändler, die im großen Umfang Lebensmittel anbieten, sich bereits jetzt auf die neuen Informationspflichten vorbereiten.

Stand: 20.10.2014

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke

 

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