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Unterlassungstitel kann Schuldner auch zum Rückruf verpflichten

Im Wettbewerbsrecht sind Ansprüche in der Regel auf Unterlassung gerichtet. Der Abgemahnte, im Gerichtsverfahren nach einem Urteil Schuldner genannt, soll in erster Linie etwas nicht mehr tun, es nämlich unterlassen.

Dass es damit nicht immer getan ist, zeigt eine Entscheidung des OLG Hamburg (Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 30.01.2017, Az.: 3 W 3/17).

Das OLG hatte über einen Ordnungsgeldbeschluss zu befinden. Diesem lag ein Unterlassungstitel (Urteil) zugrunde, demzufolge ein Unternehmen verpflichtet war, es zu unterlassen, ein Produkt mit einer bestimmten Werbeaussage zu vertreiben. Diese Werbeaussage war auch auf dem Produkt selbst enthalten. Beklagte und Schuldnerin war eine Drogeriemarktkette. Das Produkt wurde weiterhin in Filialen angeboten und auf einem Flyer beworben Es war ferner in Einkaufsmärkten in Deutschland erhältlich. Es gab des Weiteren Werbeständer mit der untersagten Aussage in weiteren Filialen.

Wenn reines Nichtstun und Unterlassen nicht reicht

Das Landgericht als Vorinstanz hatte ein Ordnungsgeld von 22.500,00 Euro verhängt. Der Schuldner hatte argumentiert, er sei nicht verpflichtet auf rechtlich und tatsächlich nicht verbundene Dritte derart einzuwirken, dass bereits ausgelieferte Produkte nicht mehr vertrieben werden.

Dies sah das OLG Hamburg anders:

Der Tenor einer gerichtlichen Entscheidung kann dahingehend auszulegen sein, dass er nicht nur zur Unterlassung von Handlungen verpflichtet. Vielmehr wird auch die Vornahme möglicher zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustandes erfasst. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn nur dadurch dem Unterlassungsgebot entsprochen werden kann.

Danach habe ein Schuldner, dem gerichtlich untersagt worden sei, ein Produkt mit einer bestimmten Aufmachung zu vertreiben oder für ein Produkt mit bestimmten Angaben zu werben, grundsätzlich durch einen Rückruf des Produktes dafür zu sorgen, dass bereits ausgelieferte Produkte von seinen Abnehmern nicht weitervertrieben werden.

Diese Rückrufverpflichtung kann sich aus einem Werbeverbot ergeben. Dies gilt umso mehr, wenn sich die untersagte Aussage auf den Produkten selbst befindet.

“Durch die Auslieferung der Produkte mit dem untersagten Aufdruck hat die Schuldner die Gefahr begründet, dass der Einzelhandel die Produkte in ihrem Sortiment ausstellt und damit über die Produktverpackung gegenüber Kunden wirbt. Sie hat auch die Gefahr begründet, dass diese Abbildung der streitgegenständlichen Produktverpackung im Internet und im Einzelhandel über Verkaufsstände beworben wird.”

Ein entsprechender Rückruf und eine Information der Abnehmer war zudem, so das OLG auch zumutbar.

Hinzu kam offensichtlich, dass sich der Schuldner nicht einmal um einen Rückruf bemüht hatte.

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Beklagte bzw. Schuldnerin in diesem Verfahren ist nach unserem Eindruck eine Drogeriemarktkette. Ein Ordnungsgeld von “nur” 22.500,00 Euro ist nach unserer Auffassung doch bemerkenswert gering. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass mutmaßlich die Kosten eines Rückrufes und einer damit verbundenen Produktvernichtung für den Schuldner ungleich höher gewesen wären. Ein Verstoß gegen die Untersagungsverfügung hat sich somit für den Schuldner durchaus gelohnt, so unsere Einschätzung, ohne dass wir nähere Zahlen kennen.

Die Entscheidung des OLG Hamburg ist somit ein weiteres gutes Argument, welches dafür spricht, in bestimmten Fällen gerade keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Wir beraten Sie konkret.

Stand: 26.09.2017

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke

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