abmahnung-verpackungsgesetz

Erste Abmahnungen liegen vor: Abmahnung wegen fehlender Anmeldung nach Verpackungsgesetz

  • Aktuell 11.03.2019 : Uns liegt eine weitere Abmahnung, diesmal von einem anderen Rechtsanwalt für einen anderen Mandanten wegen der fehlenden Anmeldung nach Verpackungsgesetz vor. Viele Internethändler sind offensichtlich immer noch nicht bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister angemeldet.
  • 24.01.2019: Uns liegen mehrere Abmahnungen wegen einer angeblichen fehlenden Registrierung bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister vor (siehe hier). An der Berechtigung der uns vorliegenden Abmahnungen haben wir erhebliche Zweifel. Die in der Abmahnung geforderte Unterlassungserklärung ist sehr nachteilig und zu weit gehend. Sollten Sie eine Abmahnung wegen eines Verstoßes gegen das Verpackungsgesetz erhalten haben, empfehlen wir eine Beratung.

Der Onlinehandel ist von ständigen Rechtsänderungen begleitet. Sei es eine neue Widerrufsbelehrung, wie zuletzt 2014 oder umfangreiche Verpflichtungen nach Datenschutzgrundverordnung: Neue gesetzliche Vorschriften führen auch immer zu einem Handlungsbedarf bei Internethändlern. Leider, so unsere Erfahrung, gibt es regelmäßig einen nicht unerheblichen Teil an Internethändlern, die diese Änderungen nicht mitbekommen. Diesen Umstand machen sich Abmahner zu Nutze, um aufgrund der Rechtsänderungen plötzlich vorhandene Rechtsverstöße des ursprünglich rechtskonformen Internetauftritt oder Handelns mit einer Abmahnung zu belegen.

Die neue Verpflichtung für alle Internethändler: Anmeldepflicht nach Verpackungsgesetz

Zum 01.01.2019 ist das Verpackungsgesetz (VerpackG) in Kraft getreten. Das Verpackungsgesetz betrifft jeden Vertreiber, der Verpackungen, die beim Endverbraucher anfallen, erstmalig gewerbsmäßig in den Verkehr bringen. Internethändler verwenden sogenannte Versandverpackungen mit denen die Ware, die ein Kunde bestellt hat, an diesen geschickt wird. Da ein Internethändler diese Versandverpackungen erstmalig gewerbsmäßig in den Verkehr bringt, besteht gem. § 9 VerpackG die Verpflichtung, sich vor dem Inverkehrbringen von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen bei der Zentralen Stelle registrieren zu lassen. Die Zentrale Stelle Verpackungsregister ist für die ordnungsgemäße Registrierung nach Verpackungsgesetz zuständig. Die Registrierung erfolgt in der Datenbank LUCID.

Gleichzeitig muss der Händler sich bei einem sogenannten System registrieren. Das (Entsorgungs-)System ist das Unternehmen, das die tatsächliche Verpackungsentsorgung organisiert und gewährleistet. Ein anerkanntes System ist bspw. Interseroh.

Auch wenn das Thema Verpackungsgesetz im Internethandel an vielen Stellen intensiv diskutiert wird und es auch eine Vielzahl von Informationen zu diesem Thema gibt, gehen wir davon aus, dass ein nicht unerheblicher Teil von Internethändlern noch nicht registriert ist. Diese Einschätzung beruht auf langjähriger Beratungspraxis: Es war in der Vergangenheit regelmäßig so, dass ein Teil der Shopbetreiber und Internethändler die notwendigen Änderungen wie auch die tatsächliche Umsetzung nicht mitbekamen. Wie bei der Änderung der Widerrufsbelehrung ist das neue Verpackungsgesetz eine Regelung, die schlichtweg alle Internethändler betrifft.

Folgen einer fehlenden Anmeldung bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister und der Datenbank LUCID

Anders als bei einer falschen Widerrufsbelehrung sind die Rechtsfolgen bei einer fehlenden Anmeldung nach § 9 VerpackG, in dem die Registrierungspflicht geregelt ist, weitreichend:

Vertriebsverbot

Gem. § 9 Abs. 5 VerpackG dürfen Hersteller systembeteiligungspflichtige Verpackungen nicht in den Verkehr bringen, wenn sie nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind. Vertreiber dürfen systembeteiligungspflichtige Verpackungen nicht zum Verkauf anbieten, wenn die Hersteller dieser Verpackungen entgegen Abs. 1 nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind.

Dieses Vertriebsverbot enthält für Internethändler zwei Aspekte:

Da quasi jeder Internethändler Versandverpackungen verwendet, ist der Internethändler im Rechtssinne Hersteller der Versandverpackung. Der Hersteller ist, anders als der Wortsinn dies auf erstem Blick verdeutlicht, nicht unbedingt derjenige, der die Verpackung produziert. Hersteller gem. § 3 Nr. 14 VerpackG ist derjenige Vertreiber, der Verpackungen erstmalig in den Verkehr bringt. Da ein Internethändler Versandverpackungen erstmalig mit Ware befüllt, ist er im Rechtssinne Hersteller. Dies wiederum führt zur Registrierungspflicht des Internethändlers für die Versandverpackungen.

Eine weitere Regelung enthält § 9 Abs. 5 in Satz 2 für Vertreiber von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen. Dies betrifft die sogenannten Verkaufsverpackungen. Dies sind die Verpackungen, in denen die Ware an sich eingepackt ist (unabhängig von der Versandverpackung). In diesem Fall muss, vereinfacht gesagt, eine Vorlizensierung im Rahmen der Lieferkette stattgefunden haben. Vertreiber ist gem. § 3 Abs. 12 VerpackG jeder, der unabhängig von der Vertriebsmethode oder Handelsstufe Verpackungen gewerbsmäßig in den Verkehr bringt. Dies wäre bspw. dann der Fall, wenn ein Produkt mit einer Verkaufsverpackung an einen Kunden ausgeliefert wird.

Unabhängig von der eigenen Registrierung des Internethändlers bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister in der dortigen Datenbank LUCID muss ein Shopbetreiber somit auch gewährleisten, dass die Hersteller im Rechtssinne der von ihm vertriebenen Verkaufsverpackungen ordnungsgemäß registriert sind.

Es gibt somit bei einer fehlenden Registrierung ggf. ein Vertriebsverbot für die Versandverpackungen, jedoch ggf. auch ein Vertriebsverbot für die Verkaufsverpackungen. Somit darf dann eine Ware nicht verkauft werden.

Bußgeld droht

Bei einem Verstoß gegen die Registrierungspflicht droht gem. § 34 Abs. 1 Nr. 7 VerpackG ein Bußgeld bis zu 100.000,00 Euro. Das Bußgeld droht im Übrigen nicht nur bei einer fehlenden Registrierung, sondern auch bei einer nicht vollständigen oder nicht rechtzeitigen Registrierung.

Abmahnung

Eine fehlende oder auch ggf. unvollständige Registrierung kann auch eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung zur Folge haben. Obwohl es zum Thema Abmahnung nach Verpackungsgesetz bisher noch keine Rechtsprechung gibt, gehen wir davon aus, dass eine fehlende oder falsche Registrierung nach Verpackungsgesetz auf jeden Fall wettbewerbswidrig ist.

Der Bundesgerichtshof hatte bereits 2006 entschieden, dass ein Verstoß gegen die früher geltende Verpackungsverordnung wettbewerbswidrig sein kann (BGH Az. I ZR 171/03 “Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft”).

Auch umweltbezogene Registrierungspflichten sind nicht neu. So gibt es bspw. eine Registrierungspflicht beim Inverkehrbringen von Elektro- und Elektronikgeräten nach ElektroG. Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 09.07.2015, Az: I ZR 224/13) hatte bereits entschieden, dass das ElektroG nicht nur eine umweltpolitische Norm ist, sondern auch eine sogenannte Marktverhaltensregelung. Der BGH begründet dies mit einer Verfälschung des Wettbewerbs durch Marktteilnehmer, die sich nicht rechtstreu und damit auch nicht wettbewerbskonform verhalten. Der BGH leitete ferner aus der Kostenersparnis des nicht rechtstreuen Wettbewerbers einen Wettbewerbsvorteil her. Hinzu kommt, dass bei einer fehlenden Registrierung, sei es nach ElektroG oder nach VerpackG, ein Vertriebsverbot besteht. Der Händler darf eigentlich nicht verkaufen.

Abmahnung ist einfach: Die fehlende Registrierung kann einfach festgestellt werden

Der Gesetzgeber hat ganz bewusst im VerpackG die Möglichkeit eröffnet, dass im Rahmen einer “Registerabfrage Hersteller” in der Datenbank LUCID die registrierten Hersteller abgefragt werden können. Die Zentrale Stelle führt insofern aus:

“Die Veröffentlichung der registrierten Hersteller soll es Jedermann ermöglichen, nach bestimmten Herstellern und Markennamen zu suchen und somit zu überprüfen, ob die Hersteller bzw. Erstinverkehrbringer ihrer Registrierungspflicht nachgekommen sind.”

Da aus rechtlichen Gründen jeder Internethändler registriert sein muss, ist die Überprüfung von Wettbewerbern über die “Registrierungsabfrage Hersteller” bei der Zentralen Stelle einfach möglich:

Nach unserer Einschätzung wird es anfänglich bei einer Abmahnung darum gehen, dass ein Internethändler gar nicht bei der Datenbank LUCID angemeldet ist. Die ggf. nicht vorhandene Registrierung der Verkaufsverpackungen bzw. Marke wird sich nach unserer Einschätzung nur mit einem entsprechenden Hintergrundwissen nachweisen lassen. Wettbewerbswidrig wäre jedoch auch die fehlende Anmeldung der Marke einer Verkaufsverpackung im Rahmen der Lieferkette.

Eine Abmahnung wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Verpackungsgesetz sollte durchaus ernst genommen werden. Die Berechtigung einer derartigen Abmahnung entfällt im Übrigen nicht dadurch, dass der Internethändler unverzüglich nach Erhalt der Abmahnung eine Registrierung bei LUCID und einem (Entsorgungs-)System vornimmt. Zudem wird in einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung auch immer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gefordert. Diese kann ggf. zu weitreichend sein, was angesichts der grundsätzlichen Herstellerregistrierungspflicht nach Verpackungsgesetz zu ernsthaften Problemen führen kann.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung wegen eines Verstoßes gegen das Verpackungsgesetz.

Stand: 24.01.2019

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

 

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/09a00fdc31cd4fa88ce4c02f47eb9130