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LG Rostock: Einwand der „unclean Hands“ führt nicht zum Rechtsmissbrauch

Ein beliebtes, aber nicht hilfreiches Argument gegen eine Abmahnung ist die Behauptung, der Abmahner würde ebenfalls wettbewerbswidrig handeln. Dies wird auch der Einwand der „unclean Hands“, d. h. der schmutzigen Hände genannt.

In der Praxis führt dieser Einwand jedoch nicht weiter, wie eine aktuelle Entscheidung des Landgerichtes Rostock zeigt (LG Rostock, Urteil vom 24.11.2020, Az. 6 HK O 89/20):

„Soweit sich die Verfügungsbeklagte darauf beruft, die Verfügungsklägerin habe ihrerseits in der Vergangenheit entsprechende wettbewerbswidrig mit …geworben, rechtfertigt dies – die Richtigkeit unterstellt – den Einwand des Rechtsmissbrauchs bezüglich der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs nicht.

Nach der bereits geäußerten Ansicht der Kammer ist dieser Einwand der „unclean hands“ gegen über einem Unterlassungsbegehren von vornherein nicht zuzulassen, wenn durch den Verstoß zugleich die Interessen Dritter oder der Allgemeinheit berührt werden (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, 38. Aufl., § 11 UWG, Rn. 2.39 m.w.N.). Denn dieser weitergehende Schutzzweck des Unterlassungsanspruchs rechtfertigt die Geltendmachung auch durch einen in vergleichbarer Weise wettbewerbswidrig handelnden Verletzer. Dabei ist unerheblich, ob es sich um aktuelle Werbung handelt oder nicht. Entsprechend des Fortbestehens der Wiederholungsgefahr – diese wird aufgrund eines begangenen Verstoßes vermutet – besteht auch das Interesse der Allgemeinheit an der endgültigen Unterlassung des Wettbewerbsverstoßes.

Aber auch der Einwand, die Verfügungsklägerin handele trotz des laufenden Verfahrens in identischer Weise wettbewerbswidrig und ziehe insofern Nutzen aus der zu unterlassenen wettbewerbswidrigen Handlung der Verfügungsbeklagten, trägt den Rechtsmissbrauchseinwand bereits aus rechtlichen Gründen nicht.

Dass eine unlautere Handlung zu einem (potentiellen) Vorteil gegenüber einem lauteren Mitbewerber führt, also dem Verletzer einen Nutzen bringt, ist jeder wettbewerbswidrigen Handlung immanent. Gerade darin liegt die Unlauterkeit des wettbewerblichen Handelns. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Mitbewerber von sich aus lauter handelt oder aufgrund einer gerichtlichen Inanspruchnahme an der Fortsetzung seines unlauteren Handelns gehindert ist.“

Unclean Hands nur erheblich, wenn der Abmahner Verstoß  beim Abgemahnten selbst verursacht hat

Hierzu führt das Landgericht Rostock aus:

„Der Fall ist auch nicht mit der von der Verfügungsbeklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung angesprochenen Rechtsprechung des OLG Hamm zu vergleichen. Dieses hat die Rechtsmissbräuchlichkeit bejaht, weil die dem Kläger die Klage ermöglichenden Rechtsposition auf eigenem unlauteren Verhalten des Klägers beruhte. Im dortigen Fall (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 22.11.2018 – 4 U 73/18 – abgedr. in: GRUR-RR 2019, 180) hatte der Kläger den Beklagten wegen Irreführung durch eine Angabe in einem Angebot in Anspruch genommen. Diese Angabe stammte jedoch vom Kläger selbst, stellte also selbst eine Irreführung dar. Vorliegend beruht die Rechtsposition der Verfügungsklägers jedoch allein auf dem unlauteren Verhalten der Verfügungsbeklagten.“

Uncelan Hands, d. h. die Behauptung, der Abmahner würde sich ebenfalls wettbewerbswidrig verhalten ist daher in der Regel kein rechtliches Argument gegen Unterlassungsansprüche, die im Rahmen einer Abmahnung geltend gemacht werden.

In diesen Fällen gibt es andere Mittel und Wege, um die Verhandlungsposition des Abgemahnten zu verbessern.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung

Stand: 24.11.2020

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke