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OLG München: Salamitaktik ist Rechtsmissbrauch

irrvideo–vq-q86z8u0 Das Oberlandesgericht München ist nicht gerade dafür bekannt, bei Rechtsmissbrauch im Sinne der Abgemahnten zu urteilen und einen Rechtsmissbrauch anzuerkennen.

Bei einer eindeutigen “Salamitaktik” und überhöhten Abmahnkosten sowie weiteren Indizien nimmt das OLG München einen Rechtsmissbrauch an.

Internetrecht-rostock.de hatte die Abgemahnten vertreten. Bereits die I. Instanz, nämlich das Landgericht München (LG München, Urteil vom 06.11.2014, Az: 17 HKO 1428/14) hatte einen Rechtsmissbrauch angenommen. Die Entscheidung haben wir hier besprochen.

Das Oberlandesgericht München hat eine gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Abmahners gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unbegründet zurückgewiesen. Wenn nach Ansicht eines Oberlandesgerichtes eine Berufung ohne Wenn und Aber offensichtlich unbegründet ist, kommt es nicht zu einer mündlichen Verhandlung und einem Urteil, vielmehr wird die Berufung bereits durch Beschluss zurückgewiesen. Dies machen Oberlandesgerichte nur in eindeutigen Fällen.

Salamitaktik ist unzulässig

Das Oberlandesgericht München (OLG München, Beschluss vom 20.05.2015, Az: 29 U 529/15) erteilte einer scheibchenweisen Abmahnung in Form einer “Salamitaktik” eine eindeutige Absage:

Zutreffend ist, dass die Abmahnung nicht einen einheitlichen, sondern unterschiedliche Wettbewerbsverstöße betreffen. Die vermeintlichen Wettbewerbsverstöße wurden jedoch alle im Rahmen des Auftrags zur Prüfung der Website … der Beklagten festgestellt und für die erfolgte Geltendmachung der Ansprüche im Wege der “Salamitaktik” besteht kein sachlicher Grund. Auch Köhler führt in der von der Klägerin zitierten Fundstelle …, auf die sich die Klägerin beruft, aus, dass hinsichtlich der Zulässigkeit des Vorgehens gegen einzelne unwirksame AGB-Klauseln in getrennten Abmahnungen etwas anderes gelten mag – das Vorgehen somit als unzulässig anzusehen sein kann -, wenn es dem Gläubiger vornehmlich darum geht, den Schuldner durch planmäßiges sukzessives Vorgehen mit Kosten zu belasten. Genau aus diesem Grunde ist die einzelne Geltendmachung der Verstöße in getrennten Abmahnungen hier missbräuchlich. Die Klägerin hat für jeden einzelnen Verstoß einen sehr hohen Geschäftswert angesetzt und die durch die getrennte Geltendmachung erhöhten Kosten jeweils gegen die Beklagten geltend gemacht. Es liegt ein planmäßiges sukzessives Handeln zur Kostenbelastung vor.

Keine Reaktion der Abgemahnten lässt Vorwurf des Rechtsmissbrauches nicht entfallen.

Es wurde innerhalb eines kurzen Zeitraums sehr oft abgemahnt. Die Abgemahnten reagierten auf die Abmahnungen nicht. Auch dies sah das OLG München als unproblematisch an:

Dass die Beklagten auf die Abmahnungen nicht reagiert haben, steht der Missbräuchlichkeit nicht entgegen. Da die Klägerin bereits die nächste Abmahnung versendet hat, bevor die Beklagten überhaupt ausreichend Gelegenheit hatten, auf die vorherige zu reagieren – teilweise erfolgten die Abmahnungen ohne dazwischenliegende Werktage – und aus der Gesamtschau dann schnell deutlich wurde, dass die Verfolgung wettbewerblicher Ziele nicht im Vordergrund stand, ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass eine Reaktion der Beklagten auf die Abmahnungen ganz unterblieben ist.

Wir dürfen darauf hinweisen, dass es in den allermeisten Fällen ohnehin keine Verpflichtung des Abgemahnten gibt, zu reagieren.

Auf die tatsächliche Geltendmachung der Abmahnkosten kommt es nicht an

Die Klägerin hatte in dem Verfahren ursprünglich Abmahnkosten geltend gemacht und diesen Anspruch dann nicht weiter verfolgt, als das Thema Rechtsmissbrauch vor Gericht diskutiert wurde. Dies nützt in diesen Fällen jedoch auch nichts:

Wie bereits ausgeführt, führt die Missbräuchlichkeit der Abmahnung zur Unzulässigkeit der Klage, auch wenn diese für sich genommen nicht rechtsmissbräuchlich wäre. Die Klage wäre daher selbst dann unzulässig gewesen, wenn die Abmahnkosten von vornherein nicht mit eingeklagt worden wären. Daher kann die Rücknahme der Klage bezüglich der Abmahnkosten die Missbräuchlichkeit nicht beseitigen.

Noch extremer wird es natürlich, wenn die auch Abmahnkosten überhöht sind:

Der Ansatz der überhöhten – und im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr weiterverfolgten – Geschäftswerte der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche in Verbindung mit der sachlich nicht gerechtfertigten Aufspaltung der Ansprüche auf einzelne Abmahnungen ist ein Indiz dafür, dass es der Klägerin vorrangig darum ging, den Kostendruck auf die Beklagten zu erhöhen.

Wettbewerbsrecht ist somit nicht dazu geeignet – aus welchen Gründen auch immer – das Instrument der Abmahnung für Ziele zu nutzen, die außerhalb des UWG liegen.

Wir beraten Sie.

Stand: 03.06.2015

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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