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Kein Rechtsmissbrauch: Wer finanzstark ist, hat Pech gehabt

Das Thema Rechtsmissbrauch kommt gerade bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung häufiger vor. In § 8 Abs. 4 UWG ist geregelt, dass eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich ist, wenn in sie in erster Linie dazu dient, Anwaltsgebühren oder Einnahmen zu generieren. Es gibt zudem noch viele weitere Indizien für einen möglichen Rechtsmissbrauch.

Nachdem aufgrund der Massenabmahnungen im Internet die Rechtsprechung zeitweilig ziemlich schnell mit einem Rechtsmissbrauch dabei war, gab es in letzter Zeit nicht mehr so besonders viele Urteile, in denen einem Abmahner einmal Rechtsmissbrauch attestiert wurde.

OLG Frankfurt: Kein Rechtsmissbrauch bei hohem Kostenrisiko vs. geringem Umsatz

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt, Urteil vom 24.09.2015, Az 6 U 60/15) hatte sich mit einer wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung bei der Vermittlung von Flugreisen zu befassen. Der Abmahner hatte lediglich 4 bzw. 23 Flugbuchungen vermittelt. Dies hinderte ihn jedoch nicht, im Rahmen einer Abmahnung ein Kostenrisiko von über 150.000,00 Euro zu verursachen.

Wer viel Geld hat, wird von einem Kostenrisiko auch nicht belastet

Ein Indiz des Rechtsmissbrauchs ist der Versuch, dem Abgemahnten mit Verfahrenskosten zu belasten, um diesen zu schädigen. Nach Ansicht des OLG Frankfurt kommt dies jedoch dann nicht in Betracht, wenn der Abgemahnte so viel Geld hat, dass ihn auch 150.000,00 Euro Kostenrisiko nicht weiter kratzen.

Die Entscheidung halten wir für nicht nachvollziehbar, bedeutet sie doch im Umkehrschluss, dass finanzstarke Abgemahnte so gut wie nie die Karte Rechtsmissbrauch ziehen können.  Im Umkehrschluss heisst das jedoch leider auch nicht, das der “arme” Abgemahnte besondern leicht einen Rechtsmissbrauch nachweisen kann.

Gebührenerzielungsinteresse des abmahnenden Rechtsanwaltes – schwer nachzuweisen

Ein weiteres Indiz für einen Rechtsmissbrauch ist ein kollusives Zusammenwirken zwischen Abmahner und Rechtsanwalt. Dies gilt isbesondere dann, wenn der Anwalt zum Zweck der Erzeugung eigener Gebührenansprüche seinem Mandanten vollständig oder zum größten Teil von den Kostenrisiken freistellt. Dem konnte in diesem Verfahren der Antragsstellervertreter jedoch einfach dadurch begegnen, dass er schlichtweg versicherte, dies sei in diesem Fall nicht so. Wer räumt auch schon treuherzig das Gegenteil ein? Nach unserer Praxiserfahrung ist ein Zusammewirken zwischen abmahnendem Rechtsanwalt und Abmahner kaum nachzuweisen. Etwas anderes gilt dann, wenn man eine Staatsanwaltschaft überzeugen kann, weitergehende Ermittlungen einschließlich einer Hausdurchsuchung vorzunehmen. Derartige Fälle sind jedoch selten. Man fragt sich natürlich schon, warum einige eher kleinere Abmahner so häufig abmahnen und denkt sich seinen Teil dabei. Dies reicht jedoch für sich genommen nicht.

Wenn wir bei einem Abmahner den Eindruck haben, dass es sich um Rechtsmissbrauch handeln könnte, besprechen wir dies konkret mit Ihnen im Rahmen der Beratung der Abmahnung.

Stand: 19.11.2015

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke

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