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Erst ASIN abändern und dann abmahnen:

Markenrechtliche Ansprüche können bei Amazon nicht geltend gemacht werden, wenn Abmahner den Markennamen nachträglich selbst eingefügt hat

Bei Amazon-Angeboten besteht das Grundproblem darin, dass Dritte die Artikelbeschreibungen bei Amazon (ASINs) abändern können. Der Klassiker in diesem Zusammenhang ist, dass eine Produktbeschreibung bei Amazon bereits existiert und der Inhaber einer Marke dann später das Produkt zum Markenprodukt macht. Dies kann dadurch geschehen, indem ausdrücklich eine Marke hinzugefügt wird oder die Bezeichnung “von” abgeändert wird. Bereits das Landgericht Frankfurt, wie auch das OLG Frankfurt haben es als missbräuchlich angesehen, wenn erst die ASIN bei Amazon abgeändert wird, um dann die Händler abzumahnen, die die ASIN nutzen und zwar aus Markenrecht.

Mal wieder Landgericht Frankfurt

In einem von internetrecht-rostock.de geführten Verfahren war der Beklagten, die wir vertreten hatten, eine Markenrechtsverletzung vorgeworfen worden. Das Landgericht Frankfurt (LG Frankfurt / Main, Urteil vom 21.01.2015, Az.: 3-08 O 104/14)  hatte sich mit markenrechtlichen Unterlassungsansprüchen zu befassen.

Hierbei kennt sich das Landgericht Frankfurt gut aus, führt es doch zu der Darstellung bei Amazon aus:

“Die Handelsplattform Amazon funktioniert nach dem Prinzip eines Warenkataloges, in dem jeder Artikel nur einmal eingestellt wird. Dies führt dazu, dass bei einer Vielzahl von Angeboten gleicher Artikel von verschiedenen Verkäufern jeweils nur ein einziges Angebot angezeigt wird, wenn ein bestimmter Artikel aufgerufen wird. Eine Vielzahl von Anbietern teilt sich also ein Angebot.

Nutzer, die an der Handelsplattform von Amazon teilnehmen, sind nicht allein auf die redaktionellen Inhalte von Amazon angewiesen, sondern sind dazu berechtigt, bestehende Angebot zu ergänzen und / oder abzuändern. Dies kann dadurch geschehen, dass ein Anbieter von ihm selbst gefertigte Bilder einstellt, die anschließend von allen anderen Teilnehmern benutzt werden. Ebenso steht es Anbietern frei, im Rahmen der vorgegebenen Kategorien für neue Artikel, neue Artikelseiten zu eröffnen, die anschließend von anderen Anbietern desselben Artikels mit benutzt werden. Die Einstellung neuer Produkte geschieht mittels Vergabe eines ASIN durch Amazon.

….

Soweit ein Händler ein gleiches, bereits gelistetes Produkt mit eigenen Bildern und seiner Produktbeschreibung einstellen will, kann er von ihm selbst gefertigte Fotografien einstellen und Artikelbeschreibung hinzufügen, die dann einer bereits bestehenden ASIN zugeordnet werden.”

Zuarbeit von Amazon

Der rechtssicherste Weg ist es natürlich, genutzte ASINs bei Amazon regelmäßig zu dokumentieren, um nachzuweisen, dass die Artikelbeschreibung früher ganz anders aussah. Dies können nur die wenigsten Amazon-Anbieter. In diesen Fällen ist man auf die Zuarbeit von Amazon angewiesen. Im vorliegenden Fall hatte Amazon auf Anfrage mitgeteilt, dass ein Drittanbieter den Markennamen, um den es hier ging, nachträglich eingefügt hatte.

Folge: Rechtsmissbrauch

Nach Ansicht des Landgerichtes ist in diesem Fall das Vorgehen des Markeninhabers rechtsmissbräuchlich, da der Markeninhaber das markenrechtswidrige Verhalten der Beklagten selbst provoziert hat, um unmittelbar danach markenrechtliche Ansprüche geltend zu machen.

Nach Anfrage des Abgemahnten bei Amazon hatte Amazon die ASIN wieder in die alte Fassung zurückversetzt. Dies war für das Gericht ein eindeutiges Indiz dafür, dass die ASIN nicht ursprünglich mit der Marke angelegt wurde. Insbesondere wurde es dem Abmahner zum Verhängnis, dass Amazon ganz konkret mitgeteilt hatte, dass der Markeninhaber den Markennamen nachträglich eingefügt hatte.

“Die Änderung der Produktbeschreibungen wirkte sich auf die Internetpräsentation der unter dieser ASIN auftretenden Beklagten dahingehend aus, dass die Beklagte nunmehr unter der Marke … Produkte anbot, die nicht von der Klägerin stammten, was die Klägerin auch wusste. Die gilt auch für den Händlershop der Beklagten, weil die Hinzufügung der Marke … sich auch automatisch auf den Händlershop auswirkte, soweit die Beklagte sich mit ihren Produkten an die beiden streitgegenständlichen ASINs anhängte.

Ohne die Beklagte von den Änderungen in den Produktbeschreibungen zu informieren, ging die Klägerin gegen die Beklagte wegen Markenrechtsverletzung vor. Eine Information der unter den beiden ASINS agierenden Anbietern wäre jedoch bei redlichem Vorgehen angezeigt gewesen, weil die Klägerin nicht ohne Weiteres annehmen konnte, dass der Beklagten die Änderung der Produktbeschreibungen aufgefallen sind oder zumindest auffallen mussten.

Redlicher Weise wäre es auch von der Klägerin zu erwarten gewesen, dass sie ihre Produkte unter einer neuen ASIN angelegt hätte, wenn es ihr darauf angekommen wäre, ihre Tastatur unter der Marke … über die Handelsplattform Amazon zu vertreiben.”

Auch keine Markenverletzung hinsichtlich der automatischen Rechnung von Amazon

Eine automatisch von Amazon erstellte Rechnung enthält Teile der Artikelbeschreibung, somit ggf. auch den Markennamen. Die Rechnung wird von Amazon in einem automatisierten Verfahren erstellt “Deshalb konnte der Beklagten auch nicht auffallen, dass die Marke der Klägerin in Versandbestätigung und Rechnung angegeben war.”, so das Landgericht.

Artikelbeschreibung regelmäßig überprüfen

Nach unserer Praxiserfahrung ist es nicht immer so, dass Amazon in derartigen Fällen auch Informationen liefert, die für eine Verteidigung in einem Rechtsstreit geeignet sind. Die Abänderung von ASINs durch unterschiedliche Händler hat jedoch nach unserem Eindruck ein erhebliches Ausmaß angenommen, dies scheint auch Amazon bewusst zu sein.

Dies ist im Übrigen ein grundsätzliches Problem:

Wer aufgrund des Inhaltes einer Amazon-Artikelbeschreibung abgemahnt wird, kann sich nie ganz sicher sein, wie diese Artikelbeschreibung in Zukunft aussehen wird. Alle möglichen Dritten haben die Berechtigung, diese abzuändern.

Wir beraten Sie.

Stand: 17.02.2015

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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