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Ist dies wirklich so? Lieferzeit von mehr als 3 Wochen bei Alltagsgegenständen wettbewerbswidrig?

Aktuell diskutiert wird eine Entscheidung des Landgerichtes Bochum (Az. I-13 O 55/13), in der es um Irreführung der Lieferzeitangaben bei Amazon ging. Das Problem waren zwei Aussagen, die in räumlicher Nähe nebeneinander standen und sich eigentlich widersprachen: Nämlich zum einen der Hinweis, dass Verfügbarkeit vorausgesetzt, die Ware noch am selben Tag versandt wird und auf der anderen Seite der Hinweis, dass die Ware gewöhnlich versandfertig in 3-5 Wochen sei. Die zweite Formulierung wird standardisiert von Amazon bei längeren Lieferzeiten zur Verfügung gestellt. “Gewöhnlich versandfertig” ist in diesem Zusammenhang eine durchaus übliche Formulierung bei Amazon. Das Landgericht Bochum sah Lieferzeiten von mehr als 21 Tagen (3 Wochen) als irreführend im Sinne des § 5 UWG an und begründete dies kurz und knapp damit, dass der Kunde bei Gegenständen des alltäglichen Bedarfs wie einer Kinderdecke im Online-Handel davon ausgeht, dass diese innerhalb absehbarer Zeit geliefert werden können. Ein Zeitraum von 21 Tagen sei unangemessen. Auch diese kurze Begründung nimmt Bezug auf die gleichzeitige Bewerbung mit der Aussage, dass die Ware am selben Tag, Verfügbarkeit vorausgesetzt, versandt wird.

Wann sind lange Lieferzeiten problematisch?

Die Entscheidung des Landgerichtes Bochum, soweit wir diese kennen, erscheint wie ein schlecht begründeter Schnellschuss. Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass § 5 UWG grundsätzlich verschiedene Tatbestände für irreführende geschäftliche Handlungen beinhaltet. Diese sind dann wettbewerbswidrig. Allein § 5 Abs. 1 UWG nennt hier sieben verschiedene Unterpunkte, hinzu kommen noch weitere Möglichkeiten einer irreführenden Werbung.

Es ist grundsätzlich als irreführend anzusehen, wenn Waren des Alltagsbedarfs längere Lieferzeiten haben, dürfte jedoch neben der Sache liegen. Eine grundsätzliche Entscheidung zur Lieferzeitangabe ergibt sich aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH-Urteil vom 07.04.2005, Az. I ZR 314/02). In dem Leitsatz heißt es:

Der von der Werbung eines Internet-Versandhauses angesprochene Durchschnittsverbraucher erwartet in der Regel, dass die beworbene Ware unverzüglich versandt werden kann, wenn nicht auf das Bestehen einer abweichenden Lieferfrist unmissverständlich hingewiesen wird.

In diesem vom BGH entschiedenen Fall war zur Lieferzeit überhaupt keine Aussage gemacht worden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass lange Lieferzeiten durchaus zulässig sind, wenn darauf deutlich hingewiesen wird. Die vom Landgericht Bochum angenomme Frist von 3 Wochen ist vollkommen willkürlich, was Gegenstände des alltäglichen Bedarfs sein sollen ebenfalls. Auch eine Kinderdecke kann so speziell sein, dass sie ausverkauft, aber dennoch begehrt ist und Verbraucher durchaus bereit sind, längere Wartezeiten hinzunehmen. Nicht vergessen darf man zudem, dass die Aussagen des Abgemahnten in der vom Landgericht Bochum entschiedenen Fallkonstellation deshalb irreführend waren, weil es vollkommen unterschiedliche Aussagen zur Lieferzeit gab, bei der der flüchtige Verbraucher durchaus eine sofortige Lieferung annehmen könnte.

Wäre ausdrücklich und klar – auch bei etwas so profanem wie einer Kinderdecke – auf eine Lieferzeit von 3 Wochen oder mehr hingewiesen worden, gibt es eigentlich keinen Anlass, hier irgendein wettbewerbsrechtliches Problem anzunehmen. Der Verbraucher weiß, worauf er sich einlässt, wenn er diesen Artikel bestellt.

Wir können nur vermuten, dass das  Landgericht Bochum es gar nicht so gemeint hat, sondern immer auf den Gesamtzusammenhang auf zwei vollkommen unterschiedlichen und tatsächlich verwirrenden Aussagen hinsichtlich der Lieferzeit abgestellt hat.

Wer Waren nicht unverzüglich liefern kann, sollte möglichst konkret auf die Lieferzeit hinweisen. “Ca.” und “in der Regel” -Angaben sind auf jeden Fall problematisch.

Was tun?

Wer nicht unverzüglich liefern kann, sollte deutlich (!) und möglichst konkret auf die Lieferzeit hinweisen. Des Weiteren sollten Anbieter natürlich auf jeden Fall vermeiden, dass es sich widersprechende Aussagen gibt, aus denen der Verbraucher nicht genau schließen kann, wann die Ware nunmehr geliefert wird. Es mag sein, dass Amazon hier problematische Gestaltungen eröffnet. Zu berücksichtigen ist jedoch aus, dass der vom Landgericht Bochum entschiedene Fall davon geprägt war, dass der Abgemahnte selbst eine zusätzliche Information zur Lieferzeit in sein Angebot mit aufgenommen hatte.

Lieferzeiten – auch von mehr als 3 Wochen – sind nach unserer Auffassung auf jeden Fall unter Berücksichtigung der oben genannten Punkten nicht per se abmahnbar.

Stand: 01.08.2013

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock.

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