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Irre: Kontaktformular statt Telefonnummer im Impressum: Wettbewerbsverstoß wenn auf Kontaktanfrage nicht innerhalb von 1 Stunde geantwortet wird!

Die Frage, ob eine Telefonnummer in der Anbieterkennzeichnung (Impressum) mit anzugeben ist, war lange Jahre ungeklärt. Der Europäische Gerichtshof hat dann mit Urteil vom 16.10.2008, Az.: C-298/07 entschieden, dass eine Telefonnummer im Impressum nicht verpflichtend ist. Statt einer Telefonnummer kann auch eine elektronische Anfragemaske verwendet werden, über die sich der Nutzer direkt an den Anbieter wenden kann.

Hintergrund dieser Diskussion ist die Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 2 Telemediengesetz (TMG). Dort ist es verpflichtend geregelt, dass ein Anbieter im Impressum Angaben vorhalten muss, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation ermöglichen sollen. Verpflichtend ist insbesondere die Angabe einer Email-Adresse.

LG Bamberg: Reaktion innerhalb von 60 min verpflichtend

Das Landgericht Bamberg hat diese Frage jetzt auf die Spitze getrieben (LG Bamberg, Urteil vom 23.11.2012, Az.: 1 HK O 29/12). Wenn ein Kontaktformular statt einer Telefonnummer verwendet wird, muss, so das LG Bamberg, eine Beantwortung der Frage innerhalb von 60 min erfolgen!

Konkret hatte das Landgericht Bamberg dem Verfügungsbeklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes untersagt, es zu unterlassen,

nicht in der Anbieterkennzeichnung (Impressum) einen Kommunikationsweg anzugeben, auf welchem innerhalb von 60 Minuten Anfragen des Verbrauchers beantwortet werden können.

Hintergrund war, dass der Abgemahnte bei eBay in dem Reiter “Rechtliche Informationen des Anbieters” lediglich Anschrift und Email-Adresse angegeben hatte. Eine Telefonnummer wurde nicht angegeben. eBay selbst hält ein Kontaktformular vor.

Die Begründung des Landgerichts ist eher dürr. Es heißt in dem Urteil:

“Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG müssen Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen einschließlich der Adresse der elektronischen Post, erfolgen.

Diese Pflichtangaben müssen einfach und effektiv optisch wahrnehmbar sein. Sie müssen ohne langes Suchen auffindbar sein. Daran fehlt es hier.

Die Verfügungsbeklagten geben im Impressum nur eine postalische Erreichbarkeit und eine E-Mail-Adresse an. Es wurde von ihnen als Verantwortliche des Telemedienauftritts allerdings unterlassen, eine Möglichkeit anzugeben, mit der eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und eine unmittelbare Kommunikation möglich ist.

Es handelt sich hier auch um einen Verstoß, der nicht als unerheblich angesehen werden kann, weil es nicht um eine kurzzeitige Nichterreichbarkeit der Impressum-Seite geht, sondern diese auf Dauer angelegt ist. Jedenfalls haben die Verfügungsbeklagten hierzu nichts erhebliches vorgebracht.”

Nach EuGH-Rechtsprechung reicht ein Kontaktformular grundsätzlich aus. Das Gericht hat nach unserer Auffassung bereits den Umstand übersehen, dass es eine unmittelbare Kontaktaufnahme-Möglichkeit bei eBay gibt, weil am Ende jeder Artikelbeschreibung die Möglichkeit besteht, eine Anfrage an den Verkäufer zu senden, nämlich unter der Überschrift “Fragen und Antworten zu diesem Artikel”. Dieser Umstand ist offensichtlich in diesem gerichtlichen Verfahren gar nicht vorgetragen worden.

Nach der Ansicht des LG Bamberg liegt jedenfalls ein Wettbewerbsverstoß vor mit der Folge, dass abgemahnt werden kann. Dies gilt wohlgemerkt nur für den Fall, bei dem im Impressum keine Telefonnummer angegeben ist.

Wir halten das Urteil für abwegig: § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG spricht von einer schnellen elektronischen Kontaktaufnahme und nicht von einer schnellen Antwort. Die Annahme einer Reaktionszeit von 60 min ist vollkommen willkürlich, eine Rechtsgrundlage können wir hierfür nicht erkennen.

Ob eine Einschränkung auf “übliche” Geschäftszeiten verpflichtend sein soll, erschließt sich uns ebenfalls nicht. Es dürfte fern liegen, dass Shopbetreiber bspw. die Nacht durchmachen müssen, um ggf. Kontaktanfragen unverzüglich auch in den Abend- und Nachtstunden zu beantworten:

Konsequent zu Ende gedacht

Zu Ende gedacht hätte die Entscheidung zudem zur Folge, dass ein Wettbewerbsverstoß bereits dann vorliegt, wenn in der Anbieterkennzeichnung eine Telefonnummer genannt ist, es jedoch nicht gelingt, den Anbieter telefonisch innerhalb von 60 min zu erreichen. Wenn der Telefonanschluss somit nicht besetzt ist, der Anschluss gerade belegt ist oder nur ein Anrufbeantworter geschaltet ist, könnte es – konsequent zu Ende gedacht – somit problematisch werden.

Des Weiteren stellt sich die Frage, was das Landgericht Bamberg unter einer Beantwortung eigentlich versteht. Wenn eine automatische Antwort erfolgt, sinngemäß nach dem Motto “Wir haben Ihre Anfrage erhalten und werden diese bearbeiten” reicht dies dann aus? Müssen auch komplexe Fragen innerhalb von 60 min erschöpfend beantwortet werden?

Die genauen Hintergründe dieser Entscheidung sind uns nicht bekannt, es klingt jedenfalls wie ein verfrühter Aprilscherz.

Besser wird die Entscheidung auch nicht dadurch, dass der Europäische Gerichtshof ein Kontaktanfrageformular als ausreichend erachtet hat, wenn auf Anfragen der Verbraucher innerhalb von 30 – 60 min geantwortet wird.

Nicht nur aus rechtlichen Gründen, sondern auch aus Gründen der Kundenfreundlichkeit, empfehlen wir ohnehin die Angabe einer Telefonnummer im Impressum.

Wir sind gespannt, ob es als Nächstes eine Entscheidung geben wird, dass es wettbewerbswidrig ist, wenn unter der Telefonnummer nicht sofort jemand erreicht werden kann oder Fragen von Verbrauchern nicht zu deren Zufriedenheit innerhalb von 60 min beantwortet werden.

Stand: 18.12.2012

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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