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LG Bochum: KN 95-Schutzmasken sind nicht FFP 2, Vertrieb nur an bestimmte Empfänger mit Marktverkehrsfähigkeitsbescheinigung zulässig

Der Markt für Schutzmasken zur Vorbeugung einer Corona-Infektion hat sich mittlerweile entspannt. Dies sah vor einem Jahr noch ganz anders aus. Um systemrelevante Einrichtungen und Gesundheitseinrichtungen mit Masken zu versorgen, war unter eingeschränkten Voraussetzungen auch der Vertrieb von Masken nach dem KN 95-Standard zulässig. Der Standard KN 95 ist eine chinesische Norm (GB 2626-2006 „Respiratory protective equipment. Non-powered air-purifying particle respirator“ und GB 19083-2010 „Technical requirements for protective face mask for medical use”). Zudem war bei der Auslieferung von KN 95-Atemschutzmasken eine Marktverkehrsfähigkeitsbescheinigung der zuständigen Marktüberwachungsbehörde mit der Auskunft beizulegen, dass es sich um persönliche Schutzausrüstung handelt, die nach der Verordnung zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Produkten des medizinischen Bedarfs bei der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Epidemie (Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung – MedBVSV) und nicht nach der PSAVerordnung (EU) 2016/425 bereitgestellt werden.

Das Landgericht Bonn (LG Bonn, Urteil vom 9.12.2020 Az. 1 O275/20) hatte sich mit einem Angebot von Schutzmasken zu befassen, die von dem Beklagten im Juli 2020 angeboten wurden. Es waren damals die „wilden Zeiten“ des Angebots von persönlicher Schutzausrüstung.

Jedenfalls hatte der Beklagte KN 95-Schutzmasken ohne CE-Kennzeichnung vertrieben. Dabei war behauptet worden, dass die Maske über eine europäische Schutzklasse (FFP) verfügen würde. Des Weiteren erfolgte eine Lieferung nicht nur an Gesundheitseinrichtungen und systemrelevante Einrichtungen. Es fehlte zudem, der Maske beigefügt, eine Marktverkehrsfähigkeitsbescheinigung.

All diese Verstöße sah das Landgericht Bonn als wettbewerbswidrig an:

Fehlender Aufdruck auf der Schutzmaske der CE-Kennzeichnung und der 4-stelligen Zahlenfolge

Da es sich bei einer Schutzmaske um eine partikelfiltrierende Halbmaske handelt, gelten die Vorgaben der PSA-Verordnung (Verordnung (EU) 2016/425). Die Kennzeichnung einer Schutzmaske mit einem CE-Zeichen und einer 4-stelligen Nummer ist letztlich das Ergebnis einer Zertifizierung einer zugelassenen Stelle (notifizieren der Stelle bzw. notified Body). Die 4-stellige Zahl gibt an, welche Stelle die Schutzmasken zertifiziert hat. Ohne die Information auf der Maske selbst ist davon auszugehen, dass keine Zertifizierung nach PSA-Verordnung vorlag. Das Gericht orientierte sich jedoch an der reinen Kennzeichnungspflicht:

„Gemäß Ziffer 9 der DIN EN 149:2001+A1:2009 müssen partikelfiltrierende Halbmasken jedoch deutlich und dauerhaft mit

– dem Namen, dem Warenzeichen oder anderen Mitteln zum Identifizieren des Herstellers oder Lieferanten (9.2.1),

 – der Typ-identischen Kennzeichnung (9.2.2),

– der Nummer und dem Jahr der Veröffentlichung der Europäischen Norm (9.2.3) sowie

– der Klasse (FFP1, FFP2, FFP3) gefolgt von einer einzigen Leerstelle und sodann „NR“ (nur eine Schicht) oder „R“ (wiederverwendbar) (9.2.4) und

f- alls zutreffend der Buchstabe „D“ („Einspeicherleistung“) (9.2.5)

ausgewiesen sein.“

Nach Ansicht des Gerichtes schließen sich die Schutzklassen FFP 2 und KN 95 aus. „Daher wird eine KN 95-Maske auch eine entsprechende CE-Kennzeichnung nicht erhalten“, so das Gericht.

„Ähnlich einer FFP 2-Maske“

Auch hier sah das Gericht eine Irreführung als gegeben an, da die KN95-Atemschutzmasken auch nicht den Anforderungen der DIN EN 149:2009-08 entsprechen, weil sie entgegen der dortigen Vorgaben nicht in der Lage seien, ölhaltige Aerosole (Paraffinnebel) zu filtern und es ihnen an der erforderlichen Dichtsitze fehle.

Auch eine Sonderzulassung gemäß § 7 Abs. 1 MPDG lag nicht vor. Zudem ist die Verkehrsfähigkeit in diesem Fall durch die zuständige Marktüberwachungsbehörde zu bestätigen. Die Bestätigung ist beizulegen.

Dürfen KN 95-Schutzmasken überhaupt noch angeboten werden?

Wir haben erhebliche Zweifel, ob KN 95 oder N95-Schutzmasken aktuell überhaupt noch angeboten werden dürfen. Masken, die aktuell noch auf dem Markt sind mit entsprechenden Kennzeichnungen, sind wahrscheinlich nicht verkehrsfähig.

Wie immer bei einer Abmahnung wegen der fehlerhaften Kennzeichnung eines Produktes oder dem Vertrieb von nicht verkehrsfähigen Produkten, geht es nicht nur um eine Unterlassung. Vielmehr können auch Beseitigungsansprüche oder Rückrufansprüche gegenüber gewerblichen Abnehmern in Betracht kommen.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung wegen des Vertriebs von Schutzmasken.

Stand: 27.05.2021

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard