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Minderjährige haften für Urheberrechtsverletzungen und Tauschbörsennutzung

(OLG Hamburg)

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Die Frage, inwieweit Kinder und Jugendliche für Urheberrechtsverletzungen im Internet haften, ist nicht abschließend geklärt. Aspekte des Minderjährigenschutzes und der Einsichts- und Deliktsfähigkeit von Minderjährigen wurden bisher eher auf herkömmliche Fälle bezogen, d.h. bspw. Sachbeschädigungen durch Minderjährige. Inwieweit Kinder und Jugendliche eine Einsichtsfähigkeit in die komplizierte Materie des Urheberrechts haben, ist nicht ganz eindeutig. Das Unrechtsbewusstsein geht jedenfalls nach unserer Beratungserfahrung oftmals gegen Null. Das OLG Hamburg (Hanseatisches Oberlandesgerichtes Hamburg, Beschluss vom 13.09.2006, Az.: 5 U 161/05) hat sich nach unserer Kenntnis als eines der ersten Oberlandesgerichtes zur Haftung von Kinder- und Jugendlichen bei einer Urheberrechtsverletzung im Internet geäußert.

Hintergrund war, dass ein 15-jähriger Jugendlicher aus einer Tauschbörse ein Foto einer Künstlerin herunter geladen hatte, um dies wohl, dies wird aus dem Sachverhalt nicht ganz deutlich, bei eBay anzubieten. Gerichtlich war der Minderjährige selbst, vertreten durch seine Eltern, auf Unterlassung in Anspruch genommen worden. Das Oberlandesgericht nimmt an, dass die Unterlassungsansprüche auch gegenüber Minderjährigen geltend gemacht werden können. Der Unterlassungsanspruch ist, so das OLG Hamburg, berechtigt, da dieser kein Verschulden voraussetzt, nicht einmal eine Verschuldensfähigkeit. Auf die Frage, ob der Jugendliche in dem Bewusstsein gehandelt hat, seine Tätigkeit sei verboten, kommt es nicht an. Die Ausführungen des Senates zur Einsichtsfähigkeit von 15-Jährigen bei Urheberrechtsverletzungen sind durchaus problematisch, wie wir aus unserer Beratungspraxis wissen. Wir teilen diese Ansichten nicht. Es heißt in der Entscheidung:

“Es entspricht im Übrigen allgemeiner Kenntnis – auch eines 15-Jährigen, dass über fremde Rechtsgüter nur dann verfügt werden darf, wenn einem hierzu die Erlaubnis erteilt worden ist. Es mag sein, dass insbesondere im Internet vielfältige-geistige-Leistungen zur Nutzung bereitstehen, ohne dass hierfür ein Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung verlangt wird. Dies mag  in manchen Fällen – ohne dass der Senat dies aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreites zu entscheiden hat – als konkludentes Einverständnis in eine kostenfreie Nutzung interpretiert werden, die im privaten Bereich hingenommen wird. Eine solche Situation lag hier jedoch nicht vor, denn es wird der Antragsgegnerin nicht vorgeworfen, die Lichtbilder nur für eigene, private Nutzungszwecke verwendet zu haben. Das urheberrechtsverletzende Verhalten der Antragsgegnerin bestand vielmehr darin, dass Sie geschützte geistige Eigentum eines Dritten unrecht………… unrechtmäßig dazu benutzt hat, für sich selbst daraus einen Gewinn zu erzielen.

 

Auch minderjährigen Internetteilnehmern ist bewusst, dass dieses Medium bzw. der Internetmarktplatz eBay – nicht dazu berechtigt, sich unerlaubt und gegen Willen des Berechtigten fremde Güter anzueignen und daraus unbefugt Gewinn zu erzielen. Dies gilt selbst dann, wenn Sie Lichtbilder aus einer “anonymen Tauschbörse” herunter geladen hat….

Es erschließt sich jedoch auch jedem (auch jugendlichem)  Nutzer ohne große Mühe, dass mit den dort erhaltenen Gütern ohne Zustimmung des Eigentümers bzw. des Urhebers keine Geschäfte gemacht bzw. versucht werden dürfen. Darüber, ob der Urheber in diesem Zusammenhang sein “Copyright” ausdrücklich beansprucht hat, kommt es maßgeblich nicht an”

Ferner setzt der Senat die Kenntnis voraus, dies ist auch für die Tauschbörsenabmahnungen der Musikindustrie oder der Softwareindustrie relevant, dass Jugendliche wissen, dass die Nutzung von Internettauschbörsen illegal ist. Auch diese Ansicht teilen wir aus unserer Beratungspraxis nicht. Es heißt insofern in der Entscheidung “Auch unabhängig von den Besonderheiten des vorliegenden Falls entspricht es allgemeiner Erkenntnis, dass gerade und insbesondere der “Tausch” urheberrechtlich geschützter Werke über das Internet unzulässig ist. Hierfür ist die von praktisch allen relevanten Nutzerkreisen – insbesondere auch Jugendlichen – zur Kenntnis genommene Diskussion über die Frage der rechtlichen Zulässigkeit der Musiktauschbörse “Napster” nur ein Beispiel.

 

Die Tatsache, dass sich die interessierten Kreise in erheblichem Umfang gleichwohl nicht an ein derartiges Verbot halten, sondern sie in der Hoffnung schlicht ignorieren, mit ihrem rechtswidrigen Verhalten nicht aufzufallen, ändert nichts daran, dass derartige Verbote bestehen. Durch kollektive Verstöße wird ein unrechtmäßiges Verhalten nicht rechtmäßig”

Auch diese Ansicht verkennt die praktischen Umstände. Minderjährigen Tauschbörsennutzern wird nicht die gewerbliche Weiterverwertung von Musikdateien bspw. vorgeworfen, sondern die Tatsache, dass Tauschbörsenprogramme heruntergeladene Dateien gleichzeitig wieder zum Hochladen anbieten. Genau dieser Umstand stellt den urheberrechtlich relevanten Vorwurf darf. Vielen jugendlichen Tauschbörsennutzern ist diese Tatsache überhaupt nicht bekannt.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es, da der Streitwert für das Verfahren angesichts der Tatsache, dass der Antragsgegner minderjährig war, auf “nur” 10.000,00 Euro festgesetzt worden ist.

Durch diese Entscheidung des OLG Hamburg ist das letzte Wort in Sachen Minderjährigenhaftung bei Urheberrechtsverletzungen, insbesondere bei Tauschbörsenutzungen noch nicht gesprochen. Letztlich stellt die Entscheidung des OLG Hamburg eine konsequente Weiterführung der sehr weitreichenden Rechtsprechung des Landgerichtes Hamburg zur Tauschbörsennutzung dar. Wie die Entscheidung des Landgerichtes Mannheim, bei der der Urheber durch Rücknahme einer Berufung eine Berufungsentscheidung verhinderte, beweist, kann diese Ansicht nicht als eindeutige und gefestigte bundesweite Rechtsprechung bezeichnet werden.

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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