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OLG Schleswig: Bei einer Abmahnung durch einen Wettbewerber wegen eines Verstoßes gegen Informationspflichten darf keine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe gefordert werden

Seit Dezember 2020 hat sich das Wettbewerbsrecht (UWG) geändert (siehe hier unsere FAQ dazu). Unter anderem wollte der Gesetzgeber erreichen, dass Verstöße gegen Informationspflichten im Internet nicht mehr so massenhaft kostenpflichtig abgemahnt werden können.

Informationspflichten machen den größten Teil von Abmahnungen gegenüber Internethändlern aus. Zu Informationspflichten gehört z.B. ein falsches oder fehlerhaftes Impressum, eine fehlende oder falsche Widerrufsbelehrung, ein fehlender Mehrwertsteuerhinweis, eine fehlende oder falsche Angabe des Grundpreises, wie aber auch produktbezogene Informationspflichten. Hierzu gehören z.B. die sehr komplexen Informationspflichten beim Angebot von weißer Ware, Spielzeug, Textilien oder Bioziden.

Wettbewerber, d.h. Unternehmen, die gleiche oder ähnliche Waren verkaufen, dürfen diese Aspekte zwar noch abmahnen. Es können jedoch keine Abmahnkosten geltend gemacht werden, bei einem erstmaligen Verstoß kann ferner gemäß § 13 a Abs. 2 UWG keine Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafe gefordert werden.

Diese Regelung gilt nur für Wettbewerber. Verbraucherschutzverbände, wie z.B. die Verbraucherzentrale oder Abmahnvereine, die in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände beim Bundesamt für Justiz eingetragen sind, dürfen

  • kostenpflichtig abmahnen
  • und auch bei einem erstmaligen Verstoß eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe fordern

Zu Abmahnvereinen, die relativ häufig Internethändler abmahnen, gehört der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V. sowie die Wettbewerbszentrale.

OLG Schleswig: Bei einer erstmaligen Abmahnung wegen eines Informationspflichtenverstoßes darf keine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe gefordert werden

Das Oberlandesgericht Schleswig (OLG Schleswig, Beschluss vom 03.05.2021, Az: 6 W 5/21) hat sich mit dieser eigentlich nach unserer Auffassung klar geregelt gesetzlichen Regelung ausführlicher befasst:

Im Januar 2021 war eine fehlende Widerrufsbelehrung und eine fehlende Grundpreisangabe abgemahnt worden. Eine Unterlassungserklärung war der Abmahnung nicht beigefügt worden mit dem Hinweis, dass die Formulierung der Unterlassung- und Verpflichtungserklärung nicht Aufgabe des Abmahners sei. Dies ist im Übrigen zutreffend, kann eine böse Falle sein, wenn nicht ganz klar ist, was der Abmahner eigentlich möchte.

Der Abgemahnte gab wegen der fehlerhaften Widerrufsbelehrung und der fehlenden Grundpreisangabe eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe ab.

Der Abmahner beantragte daraufhin eine einstweilige Verfügung, die zurückgewiesen wurde.

Klarstellende Worte vom OLG Schleswig

Unter Bezugnahme auf die klare gesetzliche Regelung wies auch das OLG Schleswig den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.

Der Abmahner vertrat die Ansicht, dass die Wiederholungsgefahr nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung entfallen könne. In diesem Zusammenhang wies das OLG Schleswig zutreffend darauf hin, dass an der Erfordernis der Strafbewehrung zum Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht mehr festgehalten werden kann in diesen Fällen. Anderenfalls wäre es dem Abgemahnten unmöglich, die Vermutung der Wiederholungsgefahr zu widerlegen.

§ 13 a Abs. 2 UWG sei so zu verstehen, dass der Abmahner dem Abgemahnten vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben soll, den Streit durch Abgabe einer Unterlassungserklärung beizulegen. Dies würde sich auch aus der Gesetzesbegründung so ergeben. Zudem wollte der Gesetzgeber die Generierung von Vertragsstrafen und Gebühren eindämmen und damit der missbräuchlichen Anspruchsverfolgung im Wettbewerbsrecht entgegenwirken.

„Dieser Intention würde es zuwiderlaufen, wenn ein Unterlassungsschuldner die Wiederholungsgefahr bei einer Abmahnung durch einen Mitbewerber in den Fällen des § 13 Abs. 2 UWG nicht durch Abgabe einer einfachen, nicht strafbewehrten Unterlassungserklärung ausräumen können. Anderenfalls könne der Mitbewerber den Unterlassungsschuldner trotz abgegebener Unterlassungserklärung – wie im vorliegenden Fall – gerichtlich in Anspruch nehmen. Dies würde zum einen dazu führen, dass die Entlastung der Gerichte durch das System aus Abmahnung und (strafbewehrter) Unterlassungserklärung in einer Vielzahl von Fällen abgeschafft wäre. Zum anderen würde dies in letzter Konsequenz für den Abmahnten dazu führen, dass seine Belastung mit einer Vertragsstrafe durch eine solche mit Gebühren ersetzt werden würde.“

Mit anderen Worten:

Die Ansicht des Abmahners zu Ende gedacht würde es bei einer Verletzung von Informationspflichten quasi immer zu einem (teuren) gerichtlichen Verfahren kommen. Rein rechtlich gesehen dürfte der Abmahnung keine strafbewehrte Unterlassungserklärung fordern. Erhält er diese auch nicht, kann er dann immer klagen. Dadurch würden erheblich höhere Gebühren entstehen als bei einer Abmahnung.

Warum dieser Rechtsstreit?

In der juristischen Literatur, insbesondere in dem Standard-Kommentar Köhler, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, wird die Ansicht vertreten, dass auch bei der Verletzung von Informationspflichten die Wiederholungsgefahr nur durch Abgabe einer strafbewehrten Erklärung entfallen kann. Es handelt sich lediglich um eine Literaturansicht, die nicht nachvollziehbar ist.

Auch aus unserer Beratungspraxis ist uns bekannt, dass diese Literaturansichten durchaus praktische Folgen haben können: Auch uns sind Fälle bekannt, in denen bei der Verletzung von Informationspflichten z.B. gar keine Unterlassungserklärung gefordert wurde.

Um so tückischer ist es natürlich, wenn – zulässigerweise – in der Abmahnung keine Unterlassungserklärung beigefügt ist. Eine Verpflichtung dazu besteht nicht. Es bleibt jedoch in diesen Fällen häufig unklar, was der Abmahner tatsächlich will.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung wegen der Verletzung gegen Informationspflichten.

Wir von Internetrecht-Rostock.de beraten seit vielen Jahren abgemahnte Internethändler. Wir beraten auch Sie, wenn Sie eine Abmahnung wegen der Verletzung von Informationspflichten erhalten haben. Selbst wenn in der Abmahnung selbst keine Abmahnkosten gefordert werden und ggf. ausdrücklich eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafe, ist eine derartige Abmahnung häufig nicht so harmlos, wie sie auf dem ersten Blick scheint.

Rufen Sie uns einfach an, wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben.

Stand: 07.06.2022

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke