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Mehrfach abkassieren geht nicht: Rechtsmissbrauch, wenn GmbH und Geschäftsführer nach Abmahnung gesondert verklagt werden (LG Bochum)

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Ein Dreh- und Angelpunkt bei rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen ist das liebe Geld:

Das sogenannte “Gebührenerzielungsinteresse” von Rechtsanwälten im Rahmen von Abmahnungen ist ein wichtiger Faktor für die Beurteilung, ob eine Abmahnung im Sinne des § 8 Abs. UWG rechtsmissbräuchlich ist. Die “übliche” Verfahrensweise ist es, sehr viel abzumahnen, um sehr viel Gebühren einzunehmen. Eine andere Alternative sind überzogene Streitwerte. Es geht jedoch auch perfider:

Handelt eine Gesellschaft, wie beispielsweise eine GmbH im Internet und macht wettbewerbsrechtliche Fehler, kann theoretisch neben der GmbH auch der oder die Geschäftsführer in Anspruch genommen werden. Soweit so unproblematisch, wenn Abmahner nicht auf folgenden Gedanken kommen würden:

Wenn keine Unterlassungserklärung abgegeben wird, wird zuerst ein Antrag auf  einstweilige Verfügung gegen die GmbH bei Gericht eingereicht und dann später noch einmal gegen den oder die Geschäftsführer. Der “Vorteil” sind weitaus mehr Gebühren bei zwei einstweiligen Verfügungsverfahren als nur bei einem Verfahren. Genau diese Frage hat jetzt das Landgericht Bochum (LG Bochum Aktenzeichen: I – 13 O 261/09, Urteil vom 21.04.2010, noch nicht rechtskräftig, für den Hinweis danken wir Rechtsanwalt Andreas Gerstel) entschieden:

Abgemahnt wurden Angebote einer GmbH bei eBay, weil nicht für sämtliche Versandländer die Versandkosten angegeben waren. In dem Abmahnschreiben führte der Kläger aus, dass bei juristischen Personen und Personengesellschaften die Unterlassungserklärungen nicht  von der Gesellschaft selbst abzugeben seien, sondern auch persönlich selbst von deren Repräsentanten. In der beigefügten vorformulierten Unterlassungserklärung gab es eine Unterschriftsleiste

 für die Erklärenden sowohl für die GmbH als auch für die beiden Geschäftsführer. Gegen die GmbH hatte das Landgericht Bochum bereits eine einstweilige Verfügung erlassen, ein Ordnungsgeldverfahren ist anhängig.

In dem jetzt entschiedenen Verfahren ging es um die Unterlassungsansprüche aus der ursprünglichen Abmahnung gegen die Geschäftsführer.

Das Landgericht hat die Ansprüche als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG angesehen. Zum Verhängnis wurde dem Abmahner, dass er in der Unterlassungserklärung bereits die Beklagten (Geschäftsführer) in die Unterschriftenleiste mit aufgenommen hatte. Das heißt insofern in den Entscheidungsgründen:

Entscheidend spricht für die Rechtsmissbräuchlichkeit des Klagebegehrens, dass der Kläger ohne sachlich nachvollziehbaren Grund Unterlassungsansprüche wegen desselben Verstoßes gegen die Firma … und gegen die Beklagte in getrennten Verfahren verfolgt. Die Einlassung des Klägers, er habe den Verfügungsantrag in dem ….. LG Bochum zunächst allein gegen die GmbH gerichtet, da aus den Angeboten nicht eindeutig zu entnehmen gewesen sei, ob die Angebote von den Geschäftsführern selbst oder jedenfalls mit ihrer Kenntnis veröffentlicht worden seien und dies erst aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 08.12.2009 erfahren, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen hat der Kläger selbst in der vorformulierten Unterlassungserklärung als Erklärende sowohl …. als auch beide Beklagte angegeben. Zum anderen wäre es bei kleinen Unternehmen, wie die Beklagte, die in dem aus dem Internet ersichtlichen Umfang online mit Computerartikeln handeln, lebensfern, anzunehmen, dass Angebote ohne Wissen der Geschäftsführer eingestellt werden. Für die Verfolgung in unterschiedlichen Verfahren besteht kein vernünftiger Grund. Dies lässt nur den Schluss zu, dass es dem Kläger um die Vervielfachung der Belastung des Kostenrisikos auf Gegnerseite geht. Hinzu kommt, dass der Kläger mehrere Abmahnungen ausgesprochen hat, die von vornherein hätten gebündelt werden können. Eine Mehrfachverfolgung ist missbräuchlich, wenn Möglichkeiten bestehen, eine den Gegner weniger belastende Verfahrenskonzentration zu wählen und das Vorgehen schonender zu gestalten. Für Rechtsmissbrauch spricht ferner der Umstand, dass der Kläger durch Hinweis auf höhere Kosten und Setzen enger Fristen erheblichen Druck ausübt und eine mit 7.000,00 EUR sehr hohe Vertragsstrafe verlangt. Die Gesamtabwägung ergibt daher nach Auffassung des Gerichts, dass von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Klägers auszugehen ist.

Vorsicht bei Abmahnung gegen GmbH UND Geschäftsführer

Es ist durchaus zutreffend, dass bei Personengesellschaften oder größeren Unternehmen nur der Repräsentant beispielsweise der Geschäftsführer haftet, der auch etwas mit den Einstellungen im Internet zu tun hat. Die Auffassung des Landgerichtes Bochum, dass bei einem kleinen Unternehmen, wie der Beklagten es lebensfern wäre anzunehmen, dass die Angebote, ohne das Wissen der Geschäftsführer eingestellt worden sind, dürfte hier zutreffend sein. Zudem hat der Abmahner wohl die übliche “Salamitaktik” verfolgt, dass heißt es wurden mehrere Abmahnungen ausgesprochen, die auch von vornherein hätten gebündelt werden können. Dies führte nach der Gesamtabwägung des Gerichtes dazu, dass von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Klägers auszugehen ist.

Bei Abmahnungen, in denen eine Unterlassungserklärung sowohl für die Gesellschaft wie auch für die Vertreter gefordert wird, muss man somit sehr vorsichtig sein. Hinzukommt, dass gegebenenfalls im Falle eines Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung mehrfach auf Grund eines Verstoßes Vertragsstrafen geltend gemacht werden können.

Wir beraten Sie!

Stand: 10.05.2010

Ihre Ansprechpartner:Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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