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Desinfektionsmittel ist nicht „Bio“ oder „hautfreundlich“ (LG Karlsruhe)

In Pandemiezeiten spielen Desinfektionsmittel auch weiterhin eine große Rolle. Der Markt für Desinfektionsmittel ist groß und umkämpft.

Es lauern jedoch einige juristische Fallstricke.

Biozid oder Arzneimittel?

Ein Desinfektionsmittel kann entweder ein Biozid sein und unterfällt damit der Biozid-Verordnung. Je nach Kennzeichnung kann ein Desinfektionsmittel jedoch auch ein Arzneimittel sein ( siehe “Warnhinweise bei der Werbung für ein Biozidprodukt: Wie Sie feststellen können, ob es ein Biozidprodukt ist”)

Die allgemeinen Rechtsfolgen beim Vertrieb von Desinfektionsmitteln über das Internet sind erheblich:

Wenn das angebotene Desinfektionsmittel ein Biozid ist, ist ein Warnhinweis in der Werbung notwendig:

„Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen.“

Wenn es sich dagegen um ein Arzneimittel handelt, muss sich der Händler beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte registrieren und ein Versandhandels-Logo darstellen, das auf seine Registrierung verlinkt (siehe “Beim Angebot von medizinischen Desinfektionsmitteln über das Internet ist eine Anzeige bei DIMDI und die Darstellung des Versandhandels-Logos notwendig“).

Wenn es sich bei dem angebotenen Desinfektionsmittel um ein Biozid handelt, gibt es jedoch Einschränkungen in der Bewerbung:

Desinfektionsmittel ist nicht „Bio“ oder „hautfreundlich“

Das Landgericht Karlsruhe (LG Karlsruhe, Urteil vom 25 Stent 3. 2021, Az. 14 O61/20) hatte über die Werbung einer Drogeriemarktkette zu entscheiden. Ein Desinfektionsmittel war mit „hautfreundlich“ und „Bio“ beworben worden.

Da nach Art. 72 Abs. 3 der Biozid-Verordnung Biozide nicht so beworben werden dürfen, dass die Risiken des Produkts für die Gesundheit von Menschen oder Tieren oder die Umwelt verharmlost werden, sah das Landgericht die Bewerbung als wettbewerbswidrig, weil irreführend an.

Durch ein Desinfektionsmittel kommt es nicht zu einer Pflege der Haut. Das Desinfektionsmittel war auch nicht „Bio“, da, wie üblich, die Desinfektion durch chemische Stoffe erfolgte. Bio, so das Gericht, ist es jedenfalls nicht, wenn ein Produkt dazu dient, Mikroorganismen abzutöten. Töten ist nicht bio.

Da ein Desinfektionsmittel das Wohlbefinden der Haut nicht fördert, sah das Gericht den Begriff „hautfreundlich“ ebenfalls als unzulässig an. Als zulässig wird wohl „hautneutral“ angesehen.

Desinfektionsmittel verträgt sich somit nicht mit Bio-Aussagen oder der Hautpflege.

Nach unserem Eindruck werden jedoch auch weiterhin viele Produkte entsprechend beworben.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung wegen des Angebotes von Desinfektionsmitteln.

Stand: 03.06.2021

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard