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Angebot von Bioprodukten im Internet: Anmeldung bei Öko-Kontrollstelle notwendig? WBZ mahnt ab

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Internethändler, die Bioprodukte (Lebensmittel)  anbieten, müssen nicht nur bei der Kennzeichnung von Bio-Produkten im Internet einiges beachten.Ohnehin ist das Anbeot von Lebensmitteln im Internet nicht ganz unproblematisch. Es droht zuästzlich auch eine aufwendige Zertifizierung durch eine Öko-Kontrollstelle: 

Gemäß § 3 Abs. 2 Öko-Landbaugesetz (ÖLG) bedarf es der Zulassung einer Kontrollstelle unter bestimmten Voraussetzungen, wenn Bioprodukte angeboten werden. In § 3 Abs. 2 ÖLG heißt es:

(2) Unternehmer, die Erzeugnisse im Sinne von Artikel 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 als ökologisch-biologische Erzeugnisse oder Umstellungserzeugnisse direkt an Endverbraucher oder -nutzer abgeben, sind von dem Einhalten der Pflichten nach Artikel 28 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 freigestellt, soweit sie diese Erzeugnisse nicht selbst erzeugen oder erzeugen lassen, aufbereiten oder aufbereiten lassen, an einem anderen Ort als an einem Ort in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagern oder lagern lassen oder aus einem Drittland einführen oder einführen lassen.

Diese Regelung ist auf erstem Blick vollkommen unverständlich und ist immer dann das Endergebnis in deutschen Gesetzen, wenn es um die zwingende Umsetzung von EU-Recht geht.

Das Wort “soweit” ist mit “außer” zu übersetzen. Die Anmeldung bei einer Kontrollstelle ist somit notwendig, wenn Produkte an einem anderen Ort als einem Ort in Verbindung mit der Verkaufsstelle gelagert werden.

Genau dieser Punkt wäre ggf. bei Internethändlern, die Bioprodukte anbieten, einschlägig. Eine Ausnahme, bei der eine Anmeldung als Kontrollstelle nicht notwendig wäre, wäre somit bei einer direkten Verkaufshandlung in Anwesenheit des Endverbrauchers gegeben.

Dies ist im Internethandel nicht der Fall, könnte man annehmen.

Eine bürokratische Folge wäre letztlich, dass jeder Internethändler, der Bio-Lebensmittel anbietet, die Zertifizierung einer anerkannten Kontrollstelle benötigen würde.

Rechtsprechung ist uns zu dieser Thematik (noch) nicht bekannt.

Die Ansicht der LÖK

Die Landesarbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau (LÖK) hat in ihrer Sitzung vom 24.01.2008 eine Auslegung hinsichtlich dieser Norm getroffen, die für Internethändler nichts Gutes erahnen lassen.

In dieser Auslegung heißt es:

“Bio-Auslobung bei der Vermarktung über Internetportale, z. B. eBay,

Internethändler und Abo-Lieferservice-Betreiber sind kontrollpflichtig. Diese Händler sind im Distanz-/Versandhandel tätig. Eine direkte Verkaufshandlung unter Anwesenheit des Enverbrauchers liegt hier nicht vor. Die Freistellungsmöglichkeit gemäß § 3 Abs. 1 a ÖLG wird für diese Händler nicht gesehen.”

Nach Ansicht der Landesarbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau (LÖK) besteht somit die Verpflichtung für Internethändler, sich bei einer Kontrollstelle zertifizieren zu lassen.

Dies ist letztlich eine für Gerichte nicht bindende Auslegung einer Landesarbeitsgemeinschaft, die ein Arbeitskreis der Kontrollbehörden der einzelnen Bundesländer darstellt.

Fehlende Zertifizierung bei einer Öko-Kontrollstelle wird auch wettbewerbsrechtlich abgemahnt.

Uns liegen aktuell (11/2012) mehrere Abmahnungen der Wettbewerbszentrale vor, in der die Anbieter von Bioprodukten (Lebensmittel) im Internet wegen einer fehlenden Zertifizierung einer Öko-Kontrollstelle abgemahnt werden.

Zur Begründung der Abmahnung und der Wettbewerbswidrigkeit gibt die Wettbewerbszentrale an:

“…Durch das Inverkehrbringen bzw. das Anbieten und Bewerben von Bio-Produkten, ohne als Online-Händler selbst zertifiziert zu sein, verstoßen Sie gegen Artikel 28 der EG-Ökoverordnung. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung nach § 4 Nr. 11 UWG. (…) Insbesondere wird den Verbrauchern suggeriert, dass sie dazu berechtigt sind, Bio-Produkte anzubieten….”

Wir halten die Rechtslage zum jetzigen Zeitpunkt noch für vollkommen ungeklärt. Jedenfalls ist uns zurzeit noch keine Rechtsprechung bekannt, die zwingend annimmt, dass auch Internethändler, die Bioprodukte anbieten, zertifiziert sein müssten. Es dürfte wohl einiges dafür sprechen, dass die Wettbewerbszentrale nicht ganz unrecht hat.

Sollte dies jedenfalls der Fall sein, dürfte eine fehlende Zertifizierung wettbewerbswidrig sein. In den uns vorliegenden Schreiben nimmt die Wettbewerbszentrale jedenfalls keinen Bezug auf bereits ergangene Rechtsprechung. Jedenfalls ist bei einer derartigen Abmahnung Vorsicht geboten. Auf jeden Fall sollten Sie ohne anwaltliche Beratung nichts unterschreiben!

Ob eine Zertifizierung existiert oder nicht, ist letztlich einfach zu erkennen. Nach unserer Auffassung handelt es sich um Informationen, die gemäß § 5 Telemediengesetz in das Impressum mit aufzunehmen sind. Die Information, dass eine Zertifizierung bei einer anerkannten Kontrollstelle vorliegt, erfolgt durch Angabe von “DE-XXX Öko-Kontrollstelle”, wobei “XXX” einen dreistelligen Code der Kontrollstelle darstellt. In der Regel gibt es bei den einzelnen Kontrollstellen online die Möglichkeit, dass die Zertifizierung im Internet überprüft werden kann.

Wie funktioniert die Zertifizierung?

Für die Zertifizierung sind die zugelassenen Kontrollstellen zuständig, die nach unserem Eindruck wiederum Spezialisierungen aufweisen. Eine Übersicht über Deutsche Kontrollstellen finden Sie hier.In der Regel sind diese Kontrollstellen in allen deutschen Bundesländern zugelassen.

Im Rahmen der Zertifizierung gibt es auf jeden Fall einen Besuch vor Ort, bei dem Betriebsgebäude, Lager etc. geprüft werden. Des Weiteren wird Einsicht genommen in Kaufbelege für die Handelswaren, Belege für den Warenverkauf sowie in die Buchführung.

Nach Berichten unserer Mandanten ist die Zertifizierung relativ unproblematisch und kostengünstig, wenn bekannte Software, wie “Bio Office” oder “Bio Win”, verwendet wird, die eine Verknüpfung zur Lagerhaltungssoftware offensichtlich zulässt. In diesem Fall, so wurde uns berichtet, betragen die Kosten ca. 600,00 Euro.

Das Thema wird auf jeden Fall für Internethändler, die Bio-Lebensmittel im Internet anbieten, zukünftig sehr aktuell werden. Sollte die Wettbewerbszentrale klagen, wird das Thema in aller Munde sein, die nächste Abmahnwelle ist vorprogrammiert.

Internethändler, sei es ob sie über eBay, Amazon oder über einen eigenen Internetshop verkaufen, sind daher gut beraten, sich jetzt frühzeitig um eine entsprechende Zertifizierung zu kümmern. Auf Dauer wird an dieser Thematik kein Weg vorbeigehen.

Wir werden Sie an dieser Stelle aktuell über die rechtliche Entwicklung informieren.

Stand: 12.11.2012

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/d4d43f8a963646628afc86758c75f099