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Wie Sie auf eine Abmahnung wegen einer Bewertung oder Rezension reagieren sollten

Egal, ob es um den Kauf eines neuen Handys oder den nächsten Restaurant-Besuch geht. Viele Menschen nutzen zunächst Bewertungsportale im Internet, um sich über Produkte und Unternehmen zu informieren. Kein Wunder also, dass viele Unternehmen inzwischen penibel darauf achten, welche Informationen im Internet zu finden sind. Dies betrifft nicht nur Rezensionen bei Google und Bewertungen bei eBay, sondern ganz generell Veröffentlichungen in Bewertungsportalen. Fühlen sich die Unternehmen ungerechtfertigt negativ bewertet, werden mitunter sehr schnell Anwälte eingeschaltet, um eine Abmahnung auszusprechen. Wir haben in der Vergangenheit wiederholt Betroffene beraten, die eine entsprechende Abmahnung erhalten haben und erläutern im nachfolgenden Beitrag, wie Sie auf eine entsprechende Abmahnung reagieren sollten:

Abmahnung trotz Meinungsfreiheit?

Eine Abmahnung ist der Versuch einer außergerichtlichen Streitbeilegung. Mit einem entsprechenden Schreiben wird der Vorwurf eines rechtswidrigen Verhaltens erhoben. Und um es gleich vorwegzunehmen: Auch eine Meinungsäußerung im Rahmen einer Bewertung im Internet kann rechtswidrig sein. Wohl gemerkt: kann. Ob eine Bewertung oder Rezension tatsächlich rechtswidrig ist, das ist dann häufig eine Frage des Einzelfalls. Es gibt jedoch ein paar einfache Regeln, anhand derer die meisten Fälle auch ohne Jura-Studium richtig eingeordnet werden können. Die Meinungsfreiheit ist in Deutschland zwar grundrechtlich geschützt. Dieser Schutz hat jedoch selbstverständlich Grenzen, und die sind erreicht, wenn

  • die Bewertung/Rezension unzutreffende Tatsachenbehauptungen enthält,
  • die Bewertung/Rezension losgelöst von einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Tätigkeit oder den Produkten des bewerteten Unternehmens ausschließlich aus herabsetzenden Äußerungen besteht (sogenannte Schmähkritik) oder
  • die Bewertung/Rezension einen unzutreffenden Eindruck vermittelt.

Ob eine Tatsachenbehauptung vorliegt, richtet sich danach, ob der Inhalt der Aussage beweisbar ist. Behauptungen, die nicht den Tatsachen entsprechen, sind unzulässig. Enthält eine Bewertung also Tatsachenbehauptungen, die nicht bewiesen werden können, ist dies problematisch.

Schwieriger wird die Bewertung schon, wenn die Äußerung von vornherein als Meinungsäußerung erkennbar ist („Ich persönlich finde ja, dass …“). Nun wird die Meinungsfreiheit zwar sehr weitreichend geschützt, sodass teilweise auch sehr harte Werturteile hingenommen werden müssen. Wenn die Äußerungen allerdings überhaupt keinen Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung haben und sich in Beleidigungen bzw. geschäftsschädigenden Äußerungen erschöpfen, ist die Grenze der Meinungsfreiheit überschritten.

Nach unserer Erfahrung kommt es in der Praxis allerdings sehr häufig vor, dass in einer Bewertung oder Rezension sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Meinungen enthalten sind. In diesem Fall können die Ansichten über die Beurteilung der Äußerungen durchaus unterschiedlich ausfallen, je nachdem aus welcher Perspektive die Beurteilung erfolgt.

Und dann sind da letztlich noch die Fälle, in denen eine Bewertung oder Rezension an sich zwar zulässig ist, aber für einen Außenstehenden einen unzutreffenden Eindruck erweckt, z.B. dass der Rezensent ein Kunde des bewerteten Unternehmens war oder ist.

Was wird gefordert?

Mit einer Abmahnung wegen einer Bewertung oder Rezension werden üblicherweise die folgenden Forderungen geltend gemacht:

  • Änderung der Bewertung oder Löschung der Bewertung,
  • Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und
  • sofern der Abmahnung über einen Anwalt ausgesprochen wird: Erstattung von Anwaltskosten

Typische Streitfragen:

Da unzutreffende Tatsachenbehauptungen unzulässig sind und Meinungsäußerungen bis zur Grenze der sogenannten Schmähkritik zulässig sind, geht es bei der Beurteilung einer Bewertung oder Rezension nach unserer Erfahrung häufig um die Frage, ob eine Tatsachenbehauptung aufgestellt worden ist oder ob eine Meinung geäußert worden ist. Mitunter muss insoweit sogar differenziert werden, weil die Veröffentlichung sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungen enthält. Diese Frage hat erhebliche Bedeutung, weil eine Änderung oder Löschung der Veröffentlichung nur insoweit verlangt werden kann, wie diese unzulässig ist.

Wie Sie auf eine entsprechende Abmahnung reagieren sollten

Wenn Sie eine Bewertung oder Rezension veröffentlicht haben und deswegen eine Abmahnung erhalten haben, sollten Sie Ruhe bewahren und nicht überstürzt handeln. Am besten gehen Sie wie folgt vor:

1. Notieren Sie die laufenden Fristen.

Das Wichtigste zuerst: Sehen Sie sich das Abmahnschreiben genau an, um die laufenden Fristen zu klären. Bei einer anwaltlichen Abmahnung werden häufig zwei unterschiedlich lange Fristen gesetzt:

Die wichtigere Frist ist die erste Frist. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Reaktion auf die Abmahnung, drohen ein gerichtliches Verfahren und erhebliche Mehrkosten.

2. Klären Sie den Sachverhalt.

So banal es auch klingen mag: Überprüfen Sie anhand der Angaben in dem Abmahnschreiben unbedingt, ob der Sachverhalt überhaupt stimmt und ob die angesprochene Bewertung oder Rezension überhaupt von Ihnen veröffentlicht worden ist.

3. Prüfen Sie anschließend die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens.

Auch wenn nach der Abmahnung für Sie der Eindruck entsteht, dass der Sachverhalt und die rechtliche Beurteilung eindeutig sind, haben Sie verschiedene Möglichkeiten für die Reaktion auf die Abmahnung.

Mitunter sind die Äußerungen in einer Bewertung oder Rezension entgegen der Darstellung in der Abmahnung dann doch nicht ganz so eindeutig einzuordnen, woraus sich für Sie als Abgemahnten ein Ansatzpunkt für Verhandlungen über eine Einigung ergeben kann.

Selbst wenn der Vorwurf in der Abmahnung in der Sache selbst berechtigt ist und die Angelegenheit durch die Änderung/Löschung der Bewertung sowie die Abgabe einer Unterlassungserklärung beigelegt werden soll, darf die Unterlassungsverpflichtung in der Erklärung nicht zu weit gefasst sein. Insoweit kann es also gegebenenfalls Sinn machen, eine abgeänderte bzw. eingeschränkte Erklärung abzugeben.  Im Falle einer anwaltlichen Abmahnung stellt sich im Übrigen noch die Frage, ob die geltend gemachten Anwaltskosten der Höhe nach berechtigt sind.

Ist die Berechtigung der Abmahnung zweifelhaft und Sie wollen gleichwohl die Kostenrisiken einer gerichtlichen Auseinandersetzung minimieren, können Sie darüber nachdenken, einerseits zwar die Bewertung zu ändern/zu löschen und eine Unterlassungserklärung abzugeben, andererseits aber die geltend gemachten Anwaltskosten zurückzuweisen.

4. Lassen Sie sich fachkundig anwaltlich beraten.

Wir haben in der Vergangenheit wiederholt Betroffene beraten, die eine Abmahnung wegen einer Bewertung oder Rezension erhalten haben. Gern unterstützen wir auch Sie in einem solchen Fall.

Im Rahmen unserer Beratung würden wir mit Ihnen zunächst den Sachverhalt und die Rechtslage klären. Selbstverständlich würden Sie in diesem Zusammenhang von uns auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen erhalten. Je nach Fall können wir Sie entweder aus dem Hintergrund bei den Verhandlungen mit der Gegenseite unterstützen oder Sie offen gegenüber der Gegenseite vertreten.

Stand:01.06.2022

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Andreas Kempcke