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Weitreichend: Händler haftet für alles, was bei Amazon-Artikelbeschreibungen falsch ist

In mehreren Beiträgen hatten wir bereits darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung ein Amazon-Händler voll und ganz für die von ihm genutzten ASINs haftet. Dies führte so weit, dass das Landgericht Arnsberg empfahl, ggf. von einem Handel über Amazon Abstand zu nehmen.

Die Rechtsprechung macht jedoch fröhlich weiter.

Wieder einmal OLG Köln: Amazon-Händler haftet immer für falsche Artikelbeschreibung

Das Oberlandesgericht Köln hat sich bereits in der Vergangenheit mit inhaltlich falschen und damit wettbewerbswidrigen Angeboten bei Amazon befasst. In den Ausführungen im einstweiligen Verfügungsverfahren in gleicher Sache vertieft das OLG Köln (zu Aktenzeichen 6 O 178/13)  seine Ansicht, dass der Amazon-Händler für den Inhalt der Artikelbeschreibung ohne Wenn und Aber einstehen muss:

“Bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren hat der Senat dazu die Auffassung vertreten, dass die damalige Antragsgegnerin als Anbieterin für ihr eigenes Angebot und die darin befindlichen Angaben haftet, weil sie sich die von Amazon eingepflegten Angaben zu eigen gemacht hat.”

Ähnlich wie das Landgericht Arnsberg, kommt das OLG zu dem Schluss, dass Händler, die Amazon nutzen, quasi selbst Schuld haben:

“Es obliegt ihrer Entscheidung, die Verkaufsplattform der Firma Amazon für die Bereitstellung und Verbreitung ihrer Angebote zu nutzen; dementsprechend obliegt es – auch nach dem Senat aus anderen Verfahren bekannten Marketplace-Bedingungen der Firma Amazon – auch ihr als Anbieterin, die für ihr Angebot angezeigten Produktinformationen und deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen und zu kontrollieren. (…) Der Vortrag in der Berufungsbegründung, eine Einflussnahme auf die Firma Amazon könne schon deshalb nicht verlangt werden, weil sie vor der Abmahnung nicht den geringsten Grund zur Annahme gehabt habe, dass Plattform-System von Amazon berge die Gefahr für Wettbewerbsverstöße Dritter in Anspruch genommen zu werden, ist vor diesem Hintergrund schlichtweg unzutreffend. Dass ein entsprechendes Einwirken auf die Firma Amazon tatsächlich möglich ist und zur Beseitigung der irreführenden Angaben führen kann, ist dem Senat aus den zitierten Beschwerdeverfahren bekannt.”

Hierzu möchten wir anmerken, dass Amazon ggf. im Einzelfall Artikelbeschreibungen abändert. Das grundsätzliche Problem falscher Artikelbeschreibungen (im vorliegenden Fall ging es um falsche unverbindliche Preisempfehlungen) ist damit jedoch noch lange nicht gebannt.

Überprüfung zumutbar?

Wir empfehlen Amazon-Händlern, genutzte ASINs regelmäßig zu dokumentieren und zu überprüfen. Dies ist nach Ansicht des OLG auch zumutbar:

“Dazu, dass der Aufwand regelmäßiger Kontrollen nach Auffassung der Beklagten nicht einmal im Ansatz zumutbar ist, hat der Senat bereits in dem Ordnungsgeldverfahren Stellung genommen. Die Beklagte zieht sich auf diese Behauptung zurück, ohne überhaupt irgendwelche Kontrollmaßnahmen ergriffen zu haben, obwohl ihr die Problematik bereits bekannt war. (…) Eine Analogie zur Haftung des Forenbetreibers kommt schon im Hinblick darauf nicht in Betracht, dass es sich bei den Vorschriften des TMG um Vorschriften spezieller Art handelt, die als Ausnahmevorschrift nicht analogiefähig sind. Im Übrigen ist ein Plattformbetreiber, bei dem eine unüberschaubare Anzahl von Anbietern fremde Angebote einstellt, nicht mit einem Anbieter selbst vergleichbar, der seine eigenen Angebote kennt oder kennen sollte und diese daher auch kontrollieren kann. Eine insoweit “ungerechte Verantwortungsverteilung” ist daher nicht zu erkennen.”

Haftung – immer?

Im Grunde ja. Etwas anderes mag ggf. gelten, wenn – nachweisbar – es der Abmahner selbst war, der durch die Abänderung der ASIN erst ein wettbewerbswidriges Angebot geschaffen hat. Dies im Einzelfall nachzuweisen, ist schwierig.

Amazon-Händler sollten somit wissen, auf was sie achten müssen, wenn sie eine ASIN bei Amazon nutzen. Insbesondere geht es um verschiedene rechtliche Pflichtinformationen, die mittlerweile bei einer Vielzahl von Produkten vorhanden sein müssen (z. B. Textilkennzeichnung, Grundpreisangaben, Lebensmittelinformationen sowie Informationen zum Energieetikett und zum Produktdatenblatt).

Selbst wenn ein Angebot jetzt rechtlich einwandfrei ist, kann es sich zukünftig ändern.

Hier gilt dann nach unserer Auffassung: Bei Amazon dokumentieren und kontrollieren.

Stand: 27.07.2015

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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