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Widerrufsrecht auch bei geöffneten Verpackungen von Kontaktlinsen (OLG Hamburg)

Das Widerrufsrecht für Verbraucher ist gemäß § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB ausgeschlossen, wenn die zurückzusendende Ware nicht für die Rücksendung geeignet ist. Die Beklagte, die Kontaktlinsen und Kontaktlinsen-Pflegemittel anbietet, hatte in ihrem Widerrufsrecht das Widerrufsrecht bei geöffneten Original-Verpackungen ausgeschlossen. Dies ist durch das Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg, Urteil vom 20.12.2006, Az: 5 U 105/06 ) jedoch als wettbewerbswidrig angesehen worden. Kontaktlinsen und Kontaktlinsen-Pflegemittel sind weder eine Kundenspezifikation noch wird bei ihnen das Verfallsdatum innerhalb der Widerrufsfrist gemäß § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB überschritten. Die Beklagte hatte sich darauf berufen, dass Kontaktlinsen und Kontaktlinsen-Pflegemittel Medizinprodukte im Sinne des § 3 Medizinproduktgesetz (MPG) seien. Gemäß § 4 Abs. 1 MPG ist es nicht zulässig, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie die Sicherheit und Gesundheit der Patienten gefährden oder das Verfallsdatum überschritten worden ist. Es war daher argumentiert worden, dass geöffnete Original-Verpackungen von Kontaktlinsen oder Kontaktlinsen-Pflegeprodukten nicht zurückgegeben werden können, da sich anderenfalls diese Gefahr realisieren könnte. Kontaktlinsen und Kontaktlinsen-Pflegemittel seien daher, so die Ansicht der Beklagten auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet.

Diese Ansicht teilte das Oberlandesgericht Hamburg jedoch nicht, da bei Öffnen der Umverpackung die in Blistern befindlichen Kontaktlinsen bzw. die in Flaschen befindlichen Kontaktlinsen-Pflegemittel unter hygienischen Gesichtspunkten nicht beeinträchtigt werden. Dies ist erst dann der Fall, wenn auch die Blister geöffnet bzw. die Kontaktlinsen ausprobiert worden seien oder die Pflegemittelflaschen geöffnet worden wären. Da es vorliegend jedoch nur um die geöffnete Originalverpackung ging, ist nach Ansicht des OLG Hamburg das Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen.

Mit anderen Worten kann auch bei Arzneimitteln das Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen werden, wenn lediglich die Original-Verpackung, nicht jedoch das Produkt selbst, bspw. in Blistern, geöffnet wurde. Die Entscheidung ist durchaus kritisch zu sehen, da derartige Produkte zum einen mit gutem Gewissen nicht wieder in den Verkehr gebracht werden können, auf der anderen Seite zum Teil sicherlich nicht nachvollziehbar und überprüfbar sein wird, ob nicht ggf. der Inhalt der Verpackung selbst in irgendeiner Form beeinträchtigt wurde. Es stellt sich hier letztlich die Frage, ob der Verbraucherschuss in diesem Fall nicht nach hinten losgeht, wenn derartige geöffnete Produkte wieder in den Verkehr gebracht werden.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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