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Wesentliche Merkmale der Ware im Check-Out von Internetshops: erste ausführliche Entscheidung des OLG Hamburg zu diesem Thema

Seit dem 01.08.2012 gilt die sog. Button-Lösung. Diese regelt neben konkreten Vorschriften, wie der Button zu gestalten ist, mit dem die Bestellung abgesandt werden kann, sehr genau, wie der Check-Out in einem Internetshop zu gestalten ist.

Gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB müssen im Rahmen des Check-Out in der Warenkorbzusammenfassung auch die wesentlichen Warenmerkmale angegeben werden. Was genau darunter zu verstehen ist, ist nicht abschließend geklärt. Nunmehr hat sich das OLG Hamburg (Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 13.08.2014, Az: 5 W 14/14) zu dieser Frage geäußert. Nach unserer Kenntnis handelt es sich um eines der ersten Urteile zu diesem Thema.

Nach Ansicht des OLG Hamburg müssen – bezogen auf das streitgegenständliche Produkt – das Material des Gestells, der Stoff und das Gewicht angegeben werden. Es ging offensichtlich um einen Sonnenschirm.

Je ausführlicher das Produkt im Shop beschrieben wird, desto ausführlicher muss die Zusammenfassung im Check-Out sein.

In der Entscheidung heißt es

“Welches die wesentlichen Merkmale einer Ware sind, bedarf einer wertenden Betrachtung im Einzelfall. Die Beantwortung dieser Frage kann nicht allgemein erfolgen, sondern hängt möglicherweise auch davon ab, auf welche Weise und in welcher Detailgenauigkeit der Anbieter selbst seine Ware in seinem Onlineshop anpreist. Für das Angebot “Bekleidung” wird insoweit die Angabe von “Material, Farbe, Schnitt, Größe und Waschbarkeit” für erforderlich gehalten.”

Das OLG verweist in diesem Zusammenhang auf den Standard-BGB-Kommentar Palandt. Da auch sonst nicht zwangsläufig über die Waschbarkeit von Textilien informiert werden muss, halten wir diese Ansicht für zweifelhaft.

Konkrete Artikelbeschreibung

Die Antragsgegnerin hatte im Rahmen der Produktbeschreibung zu dem Sonnenschirm Angaben dazu gemacht, dass der Stoff zu 100 % aus Polyester bestehe, wetterfest, verrottungsfest und lichtecht und von Natur aus stark wasserabstoßend sei. Ferner wurden Abmessungen ausgeführt und Informationen zum Gestell.

“Vor dem Hintergrund der eigenen Produktbeschreibung der Antragsgegnerin, die eine verlässlichen Rückschluss darauf zulässt, welche Merkmale der Ware zumindestens sie selbst für wesentlich hält, genügen ihre Angaben im Rahmen des Bestellvorgangs entgegen der Auffassung des Landgerichtes den gesetzlichen Vorgaben aus § 312 g Abs. 2 BGB nicht bzw. nicht vollständig. Sie sind vielmehr im Vergleich zu den aussagekräftigen Angaben in der Produktinformation relativ farblos. Der Name des Produktes verkörpert keine wesentliche Eigenschaft. Der Preis und die Lieferzeit sind Angaben, die nicht unter Art. 246 § 1 Nr. 4 EGBGB, sondern unter andere Untergliederungen der genannten Vorschrift fallen.

Die Maße, die Form und die Farbe des Sonnenschirms beschreiben seine wesentlichen Merkmale hingegen nur unzureichend. Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise stellen daneben z. B. das Material des Bezugsstoffs und das Material des Gestells einen wesentlichen Entscheidungsfaktor dar, da davon, – neben der allgemeinen Haltbarkeit des Produktes – einerseits z. B. die Regenbeständigkeit und andererseits eine leichte Transportmöglichkeit sowie die Standsicherheit abhängt.”

OLG will sich nicht festlegen

Im Weiteren führt das OLG Hamburg aus:

“Welches die wesentlichen Merkmale eines Sonnenschirms im Einzelnen sind, hat der Senat aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits indes nicht abschließend zu entscheiden. Denn dies hat die Antragsstellerin in allgemeiner Weise selbst nicht im Einzelnen dargelegt. Die Antragsstellerin hat in ihrem Verfügungsantrag einen gesetzeswiederholenden Wortlaut gegeben, der in der gestellten Weise als Verbot unzulässig wäre, weil er für die Antragsgegnerin nicht erkennen lässt, welches Verhalten von ihr konkret erwartet wird. Indes hat die Antragsstellerin im Rahmen ihrer Antragsschrift jedenfalls drei Merkmale ausdrücklich genannt, die nach ihrer Auffassung von der Antragsgegnerin als “wesentliche Merkmale” anzugeben wären:

  • Das Material des Gestells,
  • den Stoff,
  • und das Gewicht.

Jedenfalls diese Eigenschaften beschreiben auch nach Auffassung des Senats wesentliche Merkmale des angebotenen Sonnenschirms. Weitergehende Angaben verlangt die Antragsstellerin im vorliegenden Rechtsstreit nicht …

Ggf. können weitere Angaben notwendig sein

In dem Beschluss wird dann weiter ausgeführt:

“Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich die wesentlichen Merkmale eines Sonnenschirms notwendigerweise auf diese Angaben beschränken. Die Begrenzung erfolgt allein aus prozessualen Gründen deshalb, weil die Antragsstellerin im vorliegenden Verfahren keine weitergehende Verpflichtung der Antragsgegnerin konkret begründet und begehrt hat. Die Auffassung der Antragsgegnerin, im Rahmen des Bestellvorgangs seien die Merkmale nicht “bis ins kleinste Detail” zu wiederholen, mag deshalb zutreffend sein. Dies indes verlangt schon der Gesetzeswortlaut nicht.”

Dilemma Artikelbeschreibung vs. Warenkorbzusammenfassung

Der Beschluss des OLG Hamburg macht deutlich, dass je ausführlicher eine Artikelbeschreibung in einem Internetshop ist, umso ausführlicher auch die Warenkorbzusammenfassung sein muss. Dies wirft nicht ganz unerhebliche Probleme auf:

Eine nur kurze Artikelbeschreibung ist sicherlich nicht verkaufsfördernd. Eine sehr ausführliche, die Eigenschaften eines Produktes sehr sorgfältig beschreibende Artikelbeschreibung hat im Umkehrschluss zur Folge, dass die Warenkorbzusammenfassung immer länger werden muss.

Der Rechtssicherste Weg wäre sicherlich, die gesamte Artikelbeschreibung in die Warenkorbzusammenfassung mit aufzunehmen. Inwieweit dem Verbraucherschutz damit genüge getan wird, lassen wir an dieser Stelle einmal dahingestellt. Übersichtlicher wird der Bestellablauf dadurch sicherlich nicht.

Fakt ist jedenfalls, dass eine extreme Kurzzusammenfassung zu der Artikelbeschreibung im Warenkorb nicht ausreichend ist.

Abmahnungen in diesem Bereich sind nach unserer Erfahrung eher selten, da sich die wenigsten Abmahner die Mühe machen, sich einen Internet-Check-Out genauer anzusehen. Umso weitreichender ist eine entsprechende Abmahnung, da diese den Shopbetreiber zwingt, seinen gesamten Bestellablauf und ggf. seine Produktdatenbank umzustellen.

Stand: 20.08.2014

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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