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Wann darf mit “Made in Germany” geworben werden? 

 

Produkte, die in Deutschland hergestellt wurden, haben einen besonders guten Ruf, so dass mit dieser Eigenschaft auch gerne geworben wird. “Made in Germany” (engl. für hergestellt in Deutschland) ist mittlerweile ein Qualitätssiegel.

Die Frage, wann ein Produkt mit “Made in Germany” beworben werden darf, ist nicht abschließend geklärt. Bereits 1995 hat das OLG Stuttgart entschieden, dass “Made in Germany” irreführend sein kann, wenn zahlreiche wesentliche Teile eines Gerätes aus dem Ausland stammen. Wenn einzelne Teile oder ganze Baugruppen eines industriellen Erzeugnisses im Ausland zu gekauft wurden, darf das Erzeugnis die Bezeichnung “Made in Germany” tragen, sofern die Leistungen in Deutschland erbracht worden sind, die für die Eigenschaft der Ware ausschlaggebend sind und die für die Wertschätzung des Verkehrs im Vordergrund stehen. Vor diesem Hintergrund vermuten wir, dass viele Hersteller im Ausland zugekaufte oder hergestellte Produkte in Deutschland zusammen schrauben lassen.

 

Die Rechtsprechung hat verschiedene Kriterien aufgestellt, wann mit “Made in Germany” geworben werden darf. Bereits 1973 hatte der BGH angenommen, dass Ware deutscher Herstellung entstammt, wenn die Eigenschaften oder Bestandteile der Ware, die in den Augen des Publikums deren Wert ausmachen, auf einer deutschen Leistung beruhen. Wichtig, so auch das OLG Stuttgart, sind letztlich die Leistungen, die für die Wertschätzung des Käufers ausschlaggebend sind.

Die meisten Industriegüter werden aus Rohstoffen hergestellt. Wichtig ist somit der Verarbeitungsvorgang und in der Regel nicht die Frage, wo der Rohstoff eigentlich tatsächlich herkommt. Wo der Stahl eines deutschen Autos herkommt, interessiert den Verbraucher in der Regel nicht.

Teilfertigung im Ausland

Etwas anderes kann ggf. gelten bei sogenannten Halbfertigerzeugnissen oder Halbfabrikaten. Diese werden im Rohzustand im Ausland hergestellt und erhalten ggf. ein Finish oder eine qualitativ verbessernde Weiterverarbeitung in Deutschland.

Das OLG Düsseldorf (Urteil v. 05.04.2011, Az.: I – 20 U 110/10) hat sich aktuell wieder einmal mit der Frage befasst, wann die Angabe “Made in Germany” bzw. “Produziert in Deutschland” eigentlich zulässig ist.

Es ging um ein Besteckset, welches aus Messern, Gabeln, Löffeln und Kaffee-Löffeln bestand. Auf der Produktverpackung befand sich neben einer schwarz-rot-goldenen Flagge der Hinweis “Produziert in Deutschland”, im Produkteinleger hieß es ebenfalls “Made in Germany”. Tatsächlich werden Gabeln, Löffel und Kaffee-Löffel in Deutschland hergestellt, die Roh-Messer werden auf in Deutschland hergestellten Maschinen in China geschmiedet, umgeschnitten, gehärtet und geschliffen. In Deutschland erfolgt dann das Polieren.

Der Hersteller, die I. Instanz hatte ihn verurteilt, macht geltend, dass die Verbrauchererwartung bezüglich eines Essbestecks nicht zutreffend bestimmt sei, maßgebend sei bei einem Messer der Poliervorgang, zudem seien 75 % der Besteckteile in Deutschland hergestellt worden.

Der Senat des OLG Düsseldorf hat seine eigene Verkehrsauffassung eingebracht, d. h. die höchstpersönliche Vorstellung, wann ein Besteckset für den Senat “Made in Germany” ist. Die Senatsmitglieder fühlten sich ganz offensichtlich getäuscht und nahmen eine Irreführung an. Zum einen fiel dem Hersteller auf die Füße, dass das Herstellungsland in besonderem Maße hervorgehoben wird und zwar durch die auffallende Angabe “Produziert in Deutschland” wie auch auf Grund der Deutschland-Fahne auf der Packung. Im Einliegezettel wird “Made in Germany” als einziges Merkmal besonders herausgestellt.

Dies hat nach Ansicht des Senats zur Folge, dass der Käufer des Bestecks die Erwartung hat, dass sämtliche Teile des beworbenen Bestecks in Deutschland hergestellt seien.

Wichtig auch für andere Fälle erscheint insbesondere auch folgender Satz, der auch immer wieder in der Kommentar-Literatur verwendet wird:

Bei Industrie-Produkten -wie hier- geht der Verkehr davon aus, dass die Behauptung “Produziert in Deutschland” voraussetzt, dass alle wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgt sind.

Wird es nur um das Design gehen, wäre der Begriff “Produziert” ebenso falsch wie “Made”. Das Polieren eines Messers ist nach Ansicht des Senates kein wesentlicher Herstellungsschritt. Dass die Messer in China auf Maschinen hergestellt wurden, die in Deutschland hergestellt wurden, ändert an der Ansicht ebenfalls nichts.

Man muss davon ausgehen, dass dem Hersteller hier insbesondere der Umstand zum Problem wurde, dass er sehr hervorgehoben mit dieser Produkteigenschaft geworben hat. Mit großen deutschen Landesflaggen sollte man daher bei Produkten, die nicht eindeutig in Deutschland komplett hergestellt worden sind, vorsichtig sein. Dies dürfte auch für Internet-Angebote gelten, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, dass das Produkt  “Made in Germany” ist.

“Designed in Germany”

Nicht selten ist es so, dass Produkte in Deutschland lediglich entwickelt oder designed werden. Der Herstellungsprozess erfolgt dann im Ausland. “Made in Germany” wird letztlich gleichgestellt mit “produziert in Deutschland”. Wenn lediglich das Design oder die Entwicklung in Deutschland stattgefunden hat, dürfte es zulässig sein, damit zu werben, jedoch nicht damit, dass das Produkt auch in Deutschland hergestellt worden ist.

Tatsächlicher Herstellungsort ist entscheidend

Die werthaltige Werbung “Made in Germany” führt zu Konstellationen, bei denen die Anbieter versuchen, in irgendeiner Form das “Made in Germany”-Siegel zu verwenden. Nicht zulässig ist dies, wenn die Ware im Ausland mit deutschen Maschinen hergestellt worden ist. Auch deutsche Patente spielen keine Rolle. Es kommt letztlich darauf an, dass der Herstellungsort in Deutschland liegt. Entscheidend ist somit die Produktionsleistung und nicht das Know-how. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass die Werthaltigkeit der Bewerbung der Herstellung in Deutschland mit der deutschen Qualität und dem hier ansässigen Know-how eng zusammenhängt.

Einzelteile?

Gerade bei komplexeren Industrieprodukten ist es so, dass diese natürlicherweise nicht von A-Z in Deutschland hergestellt worden sind. Wenn ein Produkt aus mehreren Einzelteilen besteht, darf es dann mit “Made in Germany” beworben werden, wenn der Anteil der Herstellungs- und Produktionsprozesse in Deutschland für die Eigenschaften der Ware ausschlaggebend sind, die für die Wertschätzung des Verkehrs (der Kunden) im Vordergrund stehen. Natürlich darf ein Auto mit “Made in Germany” beworben werden, wenn das Radio tatsächlich aus dem Ausland kommt. Ein Computer wiederum dürfte nicht mit “Made in Germany” beworben werden, weil Grafikkarte, Flashplatte, DVD-ROM-Laufwerk und Mainboard im Ausland gefertigt wurden. Das reine Zusammenstecken der Einzelteile reicht für die Herkunftsbezeichnung nicht aus.

Vorsicht mit indirekter Werbung “Made in Germany”

Gern übersehen wird bei der Bewerbung, wo ein Produkt hergestellt wird, dass der Begriff “Made in Germany” nicht einmal verwendet werden muss, damit der Eindruck entsteht, dass das Produkt aus Deutschland kommt. Auch die Abbildung der schwarz-rot-goldenen Flagge auf dem Produktbild oder auf der Verpackung kann den Eindruck erwecken, es würde sich um ein aus Deutschland stammendes Produkt handeln.

Gerade bei Internethändlern beobachten wir eine oftmals viel zu häufige Verwendung von Flaggen-Symbolen, die dann einen problematischen Aussagegehalt haben können.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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