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Rückruf von wettbewerbswidrigen Produkten: Was Hersteller tun müssen, um keine Vertragsstrafe zu verwirken

Youtube Unterlassung RueckrufZum Teil ist es so, dass die Bewerbung auf einem Produkt selbst wettbewerbswidrig ist. Dies ist für den Lieferanten bzw. Hersteller insofern im Fall einer Abmahnung misslich, wenn die entsprechenden Produkte bereits bspw. an Wiederverkäufer und gewerbliche Abnehmer ausgeliefert wurden.

Was konkret in diesen Fällen zu tun ist, hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 04.05.2017, Az: I ZR 208/15 “Luftentfeuchter”) näher beleuchtet.

Es ging um eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich einer Werbeaussage auf einem Luftentfeuchter. Der Abgemahnte hatte die Produkte an Verbrauchermärkte bereits ausgeliefert.

Beseitigungspflicht?

Eine Unterlassung bedeutet letztlich, dass etwas nicht mehr getan werden darf. Nach Ansicht des BGH ist die Nichtbeseitigung des Verletzungszustandes hierbei gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung. Folge ist, dass der Abgemahnte zur Vornahme von Handlungen verpflichtet ist, um einen Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung zu verhindern. Dies kann, so der BGH, die Verpflichtung umfassen, auf Dritte einzuwirken, um diese zu einem tun oder einem Unterlassen anzuhalten. “Der Schuldner eines Unterlassungsanspruches hat zwar für das selbstständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zu Gute kommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche oder tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat”, so der BGH.

Was ist in diesem Fall konkret zu tun?

Hierzu führt der BGH aus:

“Danach muss ein Schuldner, dem gerichtlich untersagt worden ist, ein Produkt mit einer bestimmten Aufmachung zu vertreiben oder für ein Produkt mit bestimmten Angaben zu werben, grundsätzlich durch einen Rückruf des Produktes dafür sorgen, dass bereits ausgelieferte Produkte von seinen Abnehmern nicht weiter vertrieben werden. Dasselbe gilt, wenn der Schuldner durch vertragliche Vereinbarung eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung übernommen hat.”

Ein sogenannter verlängerter Eigentumsvorbehalt ist in diesem Zusammenhang im Übrigen keine rechtliche Handhabe, auf das Verhalten der Abnehmer einzuwirken.

Anstrengungen sind zumutbar

Hierzu führt der BGH aus:

“Die Verpflichtung des Unterlassungsschuldners, bereits ausgelieferte und mit einer wettbewerbswidrigen Werbung versehene Produkte zurückzurufen, setzt nicht voraus, dass ihm gegen seine Abnehmer rechtlich durchsetzbare Ansprüche auf Unterlassung der Weiterveräußerung oder auf Rückgabe dieser Produkte zustehen. Der Beklagte war zu ihr tatsächlich möglichen und zumutbaren Anstrengungen verpflichtet, um auf das Verhalten der … Märkte einzuwirken. Selbst wenn ein Rechtsanspruch gefehlt hat, schließt dies nicht die Pflicht aus, einen Rückruf zumindest zu versuchen. Gegen diese Verpflichtung hat die Beklagte verstoßen. Sie hat sich weder an die … Märkte gewandt, um sie zu veranlassen, die beanstandete Werbung zu überkleben oder – falls dies nicht möglich gewesen wäre – die Produkte aus den Vertriebswegen zurückzurufen.”

Die II. Instanz in diesem Verfahren war davon ausgegangen, dass der Abgemahnte telefonisch oder schriftlich zu den einzelnen von ihr belieferten Abnehmern Kontakt aufnehmen und sich schriftlich hätte bestätigen lassen müssen, dass keine solche Produkte mehr an Abnehmer gelangen könnten.

Wichtig in diesen Fällen ist es, dass nachweisbar etwas passiert. Eine telefonische Information der gewerblichen Abnehmer dürfte daher zu wenig sein.

Was tun, wenn eine Abmahnung die Kennzeichnung von ausgelieferten Produkten betrifft?

In diesem Fall sollten Abgemahnte mit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sehr vorsichtig sein. Es gibt durchaus noch andere Reaktionsmöglichkeiten, die sich in diesem Fall anbieten.

Wir beraten Sie gern konkret.

Stand: 17.07.2017

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke

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