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Neue Widerrufsbelehrung 2011 am 04.08.2011 in Kraft getreten

Übergangsfrist seit dem 05.11.2011 abgelaufen

neues Belehrungsmuster, Regelungen zum Wertersatz ändern sich

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  • Aktuell: Seit November 2011: Alte Widerrufsbelehrung wird abgemahnt
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    Wir bitten um Verständnis, dass wir die neue Widerrufsbelehrung allein nicht anbieten. Hintergrund ist u.a., dass Sie nur unter bestimmten Voraussetzungen mit einer 14-Tagesfrist belehren dürfen und bspw. bei Verwendung der 40 € Klausel in der Belehrung eine gesonderte Vereinbarung mit einer aktuellen Formulierung notwendig ist. Die Rechtsicherheit Ihres Handels wäre somit nicht gewährleistet.

Das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz beim Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge wurde am 26.05.2011 durch den Bundestag beschlossen. Das Gesetz wurde nach längerer Verzögerung endlich am 03.08.2011 im Bundesgesetzblatt BGBL 2011, Teil I vom 03.08.2011, S. 1600 ff) veröffentlicht und gilt ab dem 04.08.2011.

Hintergrund

Auf Grund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vom 03.09.2009, Aktenzeichen C 4 89/07 – Messner, ist der Gesetzgeber gezwungen, das Muster der Widerrufsbelehrung wieder einmal abzuändern. Hierfür hat sich der Gesetzgeber doch relativ viel Zeit gelassen, wäre es theoretisch doch möglich gewesen, die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes bereits in die letzte Änderung des Widerrufsrechtes zum 11.06.2010 einfließen zu lassen.

Was ändert sich?

Es wurde zum einen das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geändert sowie das EGBGB. Es gibt es ein neues Muster für die Widerrufsbelehrung. Wenn wir im Folgenden von der Widerrufsbelehrung sprechen, ist hiermit natürlich auch die Rückgabebelehrung gemeint, die sich ebenfalls geändert hat. Die nachfolgenden Informationen beziehen sich auf den Verkauf von Waren über das Internet, nicht auf das Angebot von Dienstleistungen oder Finanzdienstleistungen.

Es wurde ein neuer § 312 e BGB eingefügt mit der Überschrift “Wertersatz bei Fernabsatzverträgen”. Dieser lautet wie folgt:

§ 312 e Wertersatz bei Fernabsatzverträgen

(1) Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für Nutzungen nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur dann zu leisten,

1. soweit er die Ware in einer Art und Weise genutzt hat, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht, und

2. wenn er zuvor vom Unternehmer auf diese Rechtsfolge hingewiesen und nach § 360 Absatz 1 oder 2 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt worden ist oder von beidem anderweitig Kenntnis erlangt hat.

§ 357 Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden.

§ 357 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

(3) Der Verbraucher hat abweichend von § 346 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Wertersatz für eine Verschlechterung der Sache zu leisten

1. soweit die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinaus- geht, und

2. wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist.

Bei Fernabsatzverträgen steht ein unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilter Hinweis einem solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise über die Wertersatzpflicht unterrichtet hat. § 346 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 ist nicht anzuwenden, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist oder hiervon anderweitig Kenntnis erlangt hat.”

Soweit sich der Gesetzentwurf im Übrigen mit Finanzdienstleistungen beschäftigt, konzentrieren wir uns an dieser Stelle ausschließlich auf Fernabsatzverträge im elektronischen Geschäftsverkehr über den Verkauf von Waren.

Regelung des Wertersatzes

 

Der Europäische Gerichtshof hat nicht ausgeurteilt, dass ein Wertersatz unter keinen Umständen geltend gemacht werden darf. Ein Wertersatz kann lediglich für ein “Ausprobieren” der Ware nicht geltend gemacht werden. Der EuGH hat ausdrücklich den Punkt offen gelassen, dass unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sehr wohl ein Wertersatz geltend gemacht werden kann. Aus diesem Grund, dies finden wir ganz gelungen, spricht der Gesetzgeber auch davon, dass ein Wertersatz dann zu leisten ist, wenn die Ware in einer Art und Weise genutzt wurde, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht. Die wirtschaftlichen Folgen hat der Gesetzgeber hierbei durchaus erkannt. Es heißt insofern in der Gesetzesbegründung:

 

“Soweit der Verbraucher die Ware in einer Weise nutzt, die nicht erforderlich ist, um sein Widerrufsrecht effektiv auszuüben, entspricht es daher den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben, für diese weitergehende Nutzung bzw. Abnutzung der Ware Wertersatz leisten zu müssen. Es wäre unbillig, wenn der Unternehmer diesen Nachteil tragen müsste. Denn nicht selten kann eine benutzte Sache nicht mehr als  neuwertig  verkauft werden und ist daher für den Unternehmer faktisch wertlos. Darüber hinaus wäre es dem Verbraucher bei einer Regelung, nach der er generell keinen Wertersatz leisten müsste, ohne weitere Konsequenzen möglich, eine Ware über mindestens zwei Wochen vollständig zu nutzen und dann wieder zurückzugeben.

 

Die Beweislast für eine Nutzung der Ware, die im Einzelfall über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht, liegt beim Unternehmer. Diesem kommt nach Ansicht des Gesetzgebers der Beweis des ersten Anscheins zugute.

 

Weist die Ware deutliche bzw. erhebliche Gebrauchsspuren auf, entspricht die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass dies typische Folge einer intensiven Nutzung und nicht lediglich einer Prüfung ist. Erheblich sein kann aber nicht nur die Intensität der Gebrauchsspuren. Neben anderen Indizien kann unter Umständen auch die Gesamtsituation herangezogen werden. Wird etwa ein Kommunionskleid nach dem Weißen Sonntag zurückgesandt, kann ggf. aus den Umständen geschlossen werden, dass es getragen und nicht nur ausprobiert wurde, auch wenn das Kleid keinerlei Gebrauchsspuren aufweist.” 

 

Soweit die Theorie – in der Praxis dürfte es dem Verkäufer schwerfallen nachzuweisen, dass Schuhe bei einer Hochzeit getragen wurden oder ein Kommunionskleid einmalig genutzt wurde. Gleiches gilt auch für die Mitnahme einer Kamera in einen Urlaub, der weniger als zwei Wochen dauert.

 

Der Gesetzgeber vertritt ferner die Ansicht, dass eine entsprechende Prüfung bei Öffnen einer Verpackung, bei der dies nach Verkehrssitte nicht üblich ist (z. B. Hygiene-Artikel, verschweißte Medikamente) zu einer Wertersatzpflicht führt, da eine derartige Prüfung auch im Ladengeschäft nicht vorgenommen werden kann. Dies hat die Rechtsprechung bisher anders gesehen.

Übergangsregelung bis zum 04.11.2011 eingeführt

Bei der letzten sehr grundsätzlichen Änderung des Widerrufsrechtes zum 11.06.2010 hat der Gesetzgeber keine Übergangsregelung vorgesehen. Nunmehr gibt es eine entsprechende Übergangsregelung in Artikel 229 § 27  EGBGB. Es besteht eine Übergangsregelung von drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes. Die entsprechenden Widerrufsbelehrungen müssen somit bis spätestens zum 04.11.2011 abgeändert sein. Solange das alte Belehrungsmuster verwendet wird, gilt für den Händler natürlich auch noch die “alte” Regelung zum Wertersatz.

Konkrete Änderung der Widerrufsbelehrung

Für alle Internethändler, die eine Widerrufsbelehrung oder eine Rückgabebelehrung im Fernabsatz benutzen, geht an der Änderung der Widerrufsbelehrung kein Weg daran vorbei. Durch Formulierungsänderungen sowie die Änderung der Paragraphenkette in der Widerrufsbelehrung über die Informationspflichten (“und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Absatz 1 und 2 EGBGB sowie unserer Pflichten gemäß § 312g Absatz 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB. “) kann die alte Widerrufsbelehrung auf keinen Fall dauerhaft weiter verwendet werden.

Ergänzend wird das Wort “auch” im Zusammenhang mit dem Hinweis aufgenommen, dass der Widerruf auch durch Rücksendung der Sache erfolgen kann. In die 40 € Klausel wird das Wort “regelmäßigen” mit aufgenommen.

In den Widerrufsfolgen heisst es bei einer unverzüglichen Textforminformation nach Vertragschluss über den Wertersatz wie folgt:

 

“Für die Verschlechterung der Sache und für die gezogenen Nutzungen müssen Sie Wertersatz nur leisten, soweit die Nutzungen oder die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht. Unter “Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise ” versteht man das Testen und Ausprobieren der jeweiligen Ware, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist.”

 

Für den Fall, dass eine unverzügliche Textforminformation über den Wertersatz nicht möglich ist, gibt es auch weiterhin eine Alternativformulierung.

Praxistipp: Vereinbarung der 40 € Klausel muß das Wort “regelmäßigen” enthalten

Für die Verwendung der 40-Euro-Klausel im Rahmen der Widerrufsbelehrung ist eine gesonderte Vereinbarung notwendig.Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber das Wort “regelmäßigen” bei der Kostenerstattung mit aufgenommen hat, muss auch die entsprechende Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, jedenfalls außerhalb der Widerrufsbelehrung, angepasst werden. Das Wort “regelmäßigen” im Zusammenhang mit den Kosten der Rücksendung muss auf jeden Fall verwendet werden. Anderenfalls wird etwas anderes vereinbart als das, was der tatsächlichen Rechtslage entspricht.  

Bei Nutzung der Widerrufsbelehrung sollten Händler daher darauf achten, dass auch die regelmäßigen Kosten der Rücksendung gesondert vereinbart werden.

Nicht mehr aktuelle Widerrufsbelehrungen können dann abgemahnt werden

 

Ähnlich wie bei der letzten Änderung der Widerrufsbelehrung zum 11.06.2010 kann nach Ablauf der Übergangsfrist nach dem 04.11.2011 wieder einmal wettbewerbsrechtlich umfangreich abgemahnt werden, wenn Internethändler es verpassen, die Widerrufsbelehrung abzuändern. Wie auch bei der letzten Änderung ist für den Abmahner leicht zu erkennen, ob es sich um ein neues oder ein altes Muster handelt. Diesmal wird es jedoch entspannter zugehen, da die Übergangsfrist von drei Monaten besteht.

 

Mandanten, die unseren Update-Service beziehen, erhalten  natürlich  Informationen über die konkreten Änderungen und das neue Belehrungsmuster.

Stand: 03.08.2011

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Andreas Andreas Kempcke, Rostock

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