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Vom Erfolg überrollt im Internetshop?

Vorsicht bei Lieferzeitangaben

Aktuell tauchen vermehrt Abmahnungen auf, in denen gerügt wird, dass als sofort lieferbar beschriebene Produkte tatsächlich eine längere Lieferzeit hatten. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 07.04.2005, Aktenzeichen: I ZR 314/02. Der Leitsatz spricht für sich:

Der von der Werbung eines Internet-Versandhauses angesprochene Durchschnittsverbraucher erwartet in der Regel, dass die beworbene Ware unverzüglich versandt werden kann, wenn nicht auf das Bestehen einer abweichenden Lieferfrist unmissverständlich hingewiesen wird.

 

Der BGH macht deutlich, dass irreführend ist, für eine Ware zu werben, die “nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage zur Verfügung steht”. Dies gelte auch für den Versandhandel. Hier erwartet der Verbraucher in der Regel, dass die beworbene Ware unverzüglich versandt werden kann, unabhängig davon, ob der Werbende die Ware selbst vorrätig hält oder sie bei einem Dritten abrufen kann. Insbesondere erwartet der Verbraucher, dass ein Internetshop regelmäßig aktualisiert wird, so dass für den Fall, dass die Ware nicht mehr sofort lieferbar ist, der Verbraucher im Internetangebot selbst darauf hingewiesen wird. Wir wissen aus der Praxis, dass es außerordentlich schwierig ist, die Verfügbarkeit just in time zu aktualisieren. Dies hat weniger mit der technischen Darstellung der Lieferzeit im Internetshop selbst zu tun, als denn mit einer Planung, ab wann ein Angebot noch als lieferbar gilt. Da die Bestellung in einem Internetshop noch nicht zwangsläufig einen Vertragsschluss zwischen Käufer und Verkäufer zur Folge hat, sondern dies an weitere Bedingungen geknüpft werden kann, wie bspw. eine Vorkassezahlung, hat eine Bestellung noch nicht automatisch zur Folge, dass das Produkt quasi aus der Lieferliste herausgenommen werden muss. Dies für den Internethändler im Einzelfall konkret abzuschätzen, stellt ein großes Problem dar.

Die BGH-Entscheidung bezog sich im Übrigen auf den Sachverhalt, dass zur Lieferzeit überhaupt keine Angaben gemacht wurden. Mittlerweile, das Urteil ist immerhin auch schon über zwei Jahre alt, sind viele Internetshops dazu übergegangen, grundsätzlich Lieferzeiten anzugeben mit der Folge, dass viele Produkte auch als “sofort lieferbar” beworben werden. Die BGH-Rechtsprechung hat des Weiteren nicht zur Folge, dass in einem Internetshop beworbene Produkte sofort lieferbar sein müssen. Wenn eine sofortige Lieferbarkeit nicht gegeben ist, ist dies kein Problem, solange auf eine abweichende Lieferfrist nicht unmissverständlich hingewiesen wird. Der BGH verwendet hier ausdrücklich die Formulierung “unmissverständlich”, was so zu verstehen ist, dass deutlich auf eine Lieferzeit hinzuweisen ist, wenn es eine derartige gibt.

Selbst wenn Lieferzeiten angegeben werden, das gilt beispielsweise auch beim Angebot bei eBay, bestehen weitere Stolperfallen. So ist es unzulässig, eine unklare Lieferzeit anzugeben mit Formulierungen, wie “ca” oder “in der Regel”. So hatte beispielsweise das Kammergericht Berlin die Klausel “Eine Übergabe an den Paketdienst erfolgt in der Regel 1-2 Tage nach Zahlungseingang, bei kundenspezifischer Anfertigung ca. 7-10 Tage nach Zahlungseingang” mangels Bestimmtheit als wettbewerbswidrig angesehen. Wenn schon Lieferzeit – dann bitte konkret!

Gerade das jetzt kommende Weihnachtsgeschäft macht die Lieferzeitproblematik für Händler wie zu einem Roulettspiel. Neben dem Umstand, dass ein Kunde sicherlich mehr als enttäuscht sein wird, wenn das im Internet bestellte Weihnachtsgeschenk nicht pünktlich unter dem Baum liegt, kann es auch wettbewerbsrechtlich ganz erhebliche Probleme geben. Abmahnungen, die sich auf eine Lieferzeit trotz anderslautender Angaben im Internetshop beziehen, sind mit größter Vorsicht zu behandeln, da der Internethändler beim besten Willen nicht gewährleisten kann, dass er zukünftig die zugesagten Lieferzeiten immer wird einhalten können. Hier unbesehen und ungeprüft eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, kann den wirtschaftlichen Offenbarungseid bedeuten.

Wir beraten Sie gerne!

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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