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Nichts währt ewig: Wann und wie eine Unterlassungserklärung aufgehoben werden kann

Eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, d. h. das Versprechen, etwas zu unterlassen, verbunden mit der gleichzeitigen Verpflichtung, im Falle der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen, ist rechtlich gesehen ein Vertrag.

Ist dieser Vertrag geschlossen, ist er im Rahmen der üblichen zivilrechtlichen Verjährung für lange Zeit wirksam.Rechtlich gesehen handelt es sich hierbei um ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis. Wie bei anderen Verträgen auch, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, aus diesem Vertrag wieder herauszukommen.

Anfechtung

Verträge können grundsätzlich entweder wegen sogenannter arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB oder wegen Irrtums angefochten werden. Eine Anfechtung eines Unterlassungsvertrages ist schwierig, da die Anfechtungsgründe durch den Abgemahnten dargelegt werden müssen.

Wenn der Abgemahnte bspw. irrig davon ausgeht, dass der Abmahner klagebefugt sei, kommt sowohl eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung wie auch wegen Irrtums gemäß § 119 Abs. 2 BGB in Betracht, weil die Klagebefugnis als verkehrswesentliche Eigenschaft anzusehen ist.

Auch bei einem Rechtsmissbrauch gemäß § 8 Abs. 4 UWG ist eine Anfechtung denkbar.

Wird ein Wettbewerbsverstoß abgemahnt, der tatsächlich gar nicht gegeben ist, ist ebenfalls eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung denkbar. Irrtumsanfechtungen von Unterlassungserklärungen sind in der Praxis eher selten.

Kündigung der Unterlassungserklärung

Wie bei sonstigen Verträgen auch, gibt es auch bei einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die  Möglichkeit, diese aus wichtigem Grund zu kündigen.

Denkbar sind im Wesentlichen folgende zwei Fallkonstellationen:

Eine denkbare Kündigungsmöglichkeit ist, dass auf Grund höchstrichterlicher Rechtsprechung ein ursprüngliches wettbewerbswidriges Verhalten zulässig wird. Wichtig ist, dass es sich tatsächlich um eine eindeutig geklärte Rechtslage handeln muss. Allein der Umstand, dass irgendein erstinstanzliches Gericht oder ein Oberlandesgericht eine abweichende Rechtsmeinung vertritt, reicht nicht aus. Es sollte schon der Bundesgerichtshof oder das Bundesverfassungsgericht sein, die eindeutig über die Zulässigkeit eines Verhaltens entscheiden, dass früher als wettbewerbswidrig galt. Diese Fälle sind gar nicht so selten. Bspw. kann heutzutage mit der Abkürzung “UVP” für “Unverbindliche Preisempfehlung” geworben werden – ein Umstand, der jahrelang als irreführend und wettbewerbswidrig galt.

Eine andere Alternative, die ebenfalls nicht selten vorkommt, sind Gesetzesänderungen. Zu nennen ist hier bspw. der Wegfall des Rabattgesetzes. Schon fast in Vergessenheit geraten ist die 1950 eingeführte “Verordnung über Sommer- und Winterschlussverkäufe”, der zufolge der Einzelhandel jährlich zwei Saison-Schlussverkäufe durchführen durfte und zwar begrenzt auf eine Dauer von 12 Werktagen und bezogen auf bestimmte Waren. Diese Regelung hat sich durch das neue UWG seit dem 01.07.2004 erledigt.

Ein weiteres aktuelles Beispiel ist die neue Muster-Widerrufsbelehrung des Gesetzgebers. Durch die neue Widerrufsbelehrung, die zum 11.06.2010 in Kraft treten wird, ändert sich zum einen die Formulierung der Widerrufsbelehrung, zum anderen wird es aller Voraussicht nach bspw. bei eBay die Möglichkeit geben, mit einer Zwei-Wochen-Frist zu belehren, statt, wie bisher, mit einer Widerrufsfrist von einem Monat.

Kündigung der Unterlassungserklärung – Die Einzelheiten

Die Kündigung einer Unterlassungserklärung muss konkret erklärt werden. Solange die Unterlassungserklärung nicht gekündigt wurde, ist sie auch weiterhin wirksam, und zwar selbst dann, wenn sich die Rechtslage geändert hat. Es ist somit Aufgabe des Abgemahnten, bei Änderung der Rechtslage bspw. von sich aus tätig zu werden.

Die Kündigung selbst muss ausdrücklich erfolgen und ausgesprochen werden und zwar möglichst konkret. Im Übrigen ist eine Kündigung nur dann möglich, wenn die Möglichkeit einer Vertragsanpassung ausscheidet. Zudem muss klar werden, zu welchem Zeitpunkt die Kündigung eigentlich erfolgen soll. Zudem sollte die Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen. Dies hat zur Folge, dass man bereits vorher reagieren sollte, um nicht mit überhasteten Kündigungen von heute auf morgen Probleme zu bekommen.

Ganz wichtig ist der Umstand, dass entsprechende Kündigungen nur für die Zukunft gelten und nicht für die Vergangenheit. Eine Kündigung beendet einen Vertrag, wie es rechtlich so schön heißt, nur mit der Wirkung ex nunc, d. h. auf die Zukunft gerichtet. Die vertragliche Unterlassungsverpflichtung für die Vergangenheit bleibt bestehen. Bereits verwirkte Vertragsstrafen sind zu zahlen, schon geleistete Vertragsstrafen können nicht zurückverlangt werden. Ggf. kann die Geltendmachung von Vertragsstrafen bei eindeutiger Änderung der Rechtslage rechtsmissbräuchlich sein. Dies ist jedoch eine Einzelfall-Frage.

Was ist mit einstweiligen Verfügungen?

Einstweilige Verfügungen können nicht gekündigt werden, es gibt jedoch die Möglichkeit, gemäß § 927 ZPO die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände zu beantragen. Dies gilt selbst dann, wenn eine sogenannte Abschlusserklärung abgegeben wurde.

Beratung?

Gerade eBay-Händler, die in der Vergangenheit auf Grund Fehlern in der Widerrufsbelehrung abgemahnt wurden, sollten sich beraten lassen, bevor Sie die neue Widerrufsbelehrung bei eBay verwenden. Zu groß ist die Gefahr, dass auf Grund der Formulierung der Unterlassungserklärung die neue Widerrufsbelehrung gegen die Unterlassungserklärung verstößt, mit der Folge, dass Vertragsstrafenansprüche drohen. Dies gilt insbesondere für den Fall, in dem eBay-Händler auf Grund des Umstandes abgemahnt wurden, nicht mit einer Monatsfrist bei eBay belehrt zu haben. Beliebt sind ferner bei Abmahnern auch Unterlassungserklärungen, in denen dem Abgemahnten genau vorgeschrieben wird, wie er über das Widerrufsrecht zu belehren hat. Diese Formulierungen mögen zum Zeitpunkt der Abmahnung aktuell gewesen sein, sind es jedoch bei einer Rechtsänderung oftmals nicht mehr.

Es ist dringend anzuraten, sich frühzeitig beraten zu lassen, um insbesondere auf die neue Widerrufsbelehrung vorbereitet zu sein.

Wir beraten Sie.

Ihre Ansprechpartner:Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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