internethandel-vertragssprache

Vorsicht bei Angeboten in verschiedenen Sprachen:

Die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen müssen klargestellt werden

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In vielen Internetshops besteht für die Internetnutzer die Möglichkeit, sich die Angebotstexte in verschiedenen Sprachen anzeigen zu lassen. Üblicherweise werden hierzu verschiedene Länderflaggen dargestellt. Bei Anklicken der entsprechenden Button erfolgt die Darstellung der Texte sodann in der entsprechenden Sprache. Eine solche Gestaltung ist zwar sehr kundenfreundlich, kann in rechtlicher Hinsicht jedoch Probleme aufwerfen. Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem aktuellen Urteil (OLG Hamm Urteil vom 26.05.2011, Az.: I-4 U 35/11) entschieden, dass bei der Darstellung von Angeboten in mehreren Sprachen klargestellt werden muss, welche Sprachen für den Vertragsschluss zur Verfügung stehen. In dem entschiedenen Fall hatte der Händler lediglich die deutsche und die britische Länderflagge als Button dargestellt und damit die Möglichkeit gegeben, für die Darstellung der Texte auf der Internetseite zwischen der deutschen und der englischen Sprache zu wählen. Der Händler hatte dagegen nicht klargestellt, welche Sprachen für den Vertragsschluss zur Verfügung stehen. Dies stellt nach Ansicht des OLG Hamm einen Wettbewerbsverstoß dar.

Verpflichtung zur Information über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen

Für Angebote in Onlineshops sind die rechtlichen Vorgaben für den sogenannten elektronischen Geschäftsverkehr zu beachten. Die entsprechenden Vorgaben ergeben sich aus § 312 e BGB, der auf Artikel 246 § 3 EGBGB verweist. Die entsprechenden Regelungen lauten wie folgt:

§ 312 e Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr

(1) Bedient sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen eines Tele- oder Mediendienstes (Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr), hat er dem Kunden

1. (…)

2. die in Artikel 246 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Informationen rechtzeitig vor Abgabe von dessen Bestellung klar und verständlich mitzuteilen,

3. (…)

4. (…)

Die relevanten Regelungen in Artikel 246 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche lauten wie folgt:

§ 3 Informationspflichten bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr

Bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr muss der Unternehmer den Kunden unterrichten

1. (…)

2. (…)

3. (…)

4. über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen und

5. (…)

Wie die vorgenannten rechtlichen Vorgaben in der Praxis konkret umzusetzen sind, ist rechtlich noch nicht abschließend geklärt.

OLG Hamm: Vor Abgabe der Bestellung muss klar und verständlich über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen informiert werden

In dem Rechtsstreit vor dem OLG Hamm wies das Gericht in seinem Urteil hinsichtlich der Verpflichtung zur Information über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen auf folgende Punkte hin:

“Der Unterlassungsanspruch in Bezug auf die nicht erfolgte Angabe der zur Verfügung stehenden Vertragssprachen, der Gegenstand der Berufung ist, ergibt sich aus § 8 I, III Nr. 1;3;4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 312 e I 1 Nr. 2 BGB i. V. m. Artikel 246 § 3 Nr. 4 EGBGB. Nach den beiden zuletzt genannten Regelungen sind vor Abgabe der Bestellung “klar und verständlich” mitzuteilen u. a. die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen. Explizit waren diese vorliegend nicht mitgeteilt. Diese ergeben sich, anders als es das Landgericht gemeint hat, auch nicht mit genügender Klarheit daraus, dass es die beiden Länderbuttons mit der deutschen und der britischen Flagge gibt und dass die Seiten bei entsprechendem Anklicken auf die jeweilige Sprache umspringen. Es mag sein, dass bei Anklicken der jeweiligen Fahne auch die Internetseite für Vertragsbestandteile auf die gewählte Sprache umstellt. Hier ist es indes ein anderes, ob das Angebot und die Internetpräsentation im Rahmen der Kundenakquirierung in Bezug auf die Sprache umgestellt werden können oder ob der Vertrag dann in welcher Sprache geschlossen wird. Hier wäre es ebenso möglich, dass zwar die Angebote in englischer oder sonstiger Sprache präsentiert werden, dass der Vertrag dann aber nur in einer Sprache, etwa in deutscher Sprache, abgewickelt würde (einschließlich der Bestätigung der Bestellung und etwaiger weiterer Informationen im Zusammenhang mit der Lieferung; wie etwa bei § 355 II 2 BGB, wenn nachvertragliche Informationen solchen bei Vertragsschluss gleichgestellt werden). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin bei entsprechender Sprachwahl den Vertrag tatsächlich in dieser Sprache durchführt. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen hat diese Klarstellung schon im Vorfeld der Bestellung zu erfolgen. Eine solche ist vorliegend auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, die Sprache zu wählen, nicht erfolgt.”

Das OLG Hamm stellte im Übrigen ausdrücklich klar, dass der streitgegenständliche Rechtsverstoß keinen Bagatellverstoß darstellt, sondern einen relevanten Wettbewerbsverstoß:

“Hierbei handelt es sich wiederum nicht um einen Bagatellfall im Sinne von § 3 I UWG. Die Gewichtung des Verstoßes mag zwar nach allgemeiner Betrachtung eher unterdurchschnittlich sein, auch deshalb, weil das Sprachenproblem jedenfalls für die Masse der getätigten Käufe der Antragsgegnerin nicht von Belang sein wird. Indes steht es dem Gericht nicht an, die gesetzlich getroffene Wertung insoweit einzuschränken und den vorhandenen Verstoß wieder als eine unmaßgebliche Bagatelle “abzutun”. Überdies kann es in einer entsprechenden Gestaltung mit einem fremdsprachigen Käufer, wenn die Darstellungssprache möglicherweise von der Vertragssprache abweicht, in der Durchführung des Vertrages einschließlich etwaiger Störungen zu erheblichen Verständnisschwierigkeiten kommen. Eine Klarstellung der zur Verfügung stehenden Vertragssprachen ist dem gegenüber ein einfaches.”

Fazit: Nicht alle Fragen sind geklärt

In der Vergangenheit ist mehrfach darüber diskutiert worden, ob sich eine Information über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen nicht aus der Gesamtdarstellung der Informationen in einem Internetshop ergeben könne. Diese Auffassung lässt sich jedoch ohnehin nur dann nachvollziehbar begründen, wenn sämtliche Texte, also nicht nur die Angebotsbeschreibungen sondern insbesondere auch die Rechtsinformationen und AGB, in den verschiedenen Angeboten Sprachen vorgehalten werden. Selbst dann wäre es jedoch in Anbetracht des Urteils des OLG Hamm angeraten, eine Klarstellung zu den für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen vorzunehmen. Damit stellt sich jedoch die Frage, in welcher Form und an welcher Stelle eine entsprechende Klarstellung erfolgen muss. Zu dieser Frage hat das OLG Hamm in seiner Entscheidung leider nicht Stellung genommen.

Stand: 07.07.2011

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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