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LG Hamburg: Link auf Seite mit urheberrechtswidrigen Bildern führt zur eigenen Haftung wegen Urheberrechtsverletzung

Wir hatten bereits im September über eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil vom 08.09.2016, Az: C-160/15) berichtet. DerEuGH hatte angenommen, dass eine Verlinkung auf eine Internetseite, die wiederrum urheberrechtsverletzende Inhalte enthält, gleichzeitig auch für den Link-Setzenden einen Urheberrechtsverstoß darstellt. Dies ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Link-Setzer in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat.

Nunmehr ist diese EuGH-Entscheidung in voller Konsequenz auch in der deutschen Rechtsprechung angekommen.

LG Hamburg: Link-Setzer haftet für Urheberrechtsverstöße auf den von ihm verlinkten Seiten

Das Landgericht Hamburg (LG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2016, Az: 310 O 402/16) hat jetzt exakt zu diesem Fall eine Untersagungsverfügung beschlossen.

Der Fall: Auf der Plattform Wikimedia (nach unserer Kenntnis die “Bilderdatenbank” von Wikipedia) war ein Foto veröffentlicht worden, das urheberrechtlich geschützt ist. Der Antragsteller in diesem Verfahren war der Urheber. Der Antragsgegner hatte auf eine Internetseite verlinkt, die das urheberrechtlich geschützte Foto enthielt.

Folge: Urheberrechtsverletzung des Link-Setzers

Unter Zugrundelegung der oben zitierten EuGH-Rechtsprechung hat das LG Hamburg für den Link-Setzer einen Urheberrechtsverstoß angenommen. Es heißt insofern in der Entscheidung:

“Die Verlinkung des Antragsgegners auf die Zugänglichmachung der Umgestaltung (des Bildes) bei ihrerseits eine eigene öffentliche Wiedergabe dieser Umgestaltung im Sinne der zitierten EuGH-Rechtsprechung. Die vom EuGH aufgestellten objektiven Tatbestandsvoraussetzungen einer öffentlichen Wiedergabe durch Verlinkung sind erfüllt…”

Nachforschungspflicht des Link-Setzers bei Gewinnerzielungsabsicht

Nach Ansicht des EuGH gilt für einen Link-Setzer, der in Gewinnerzielungsabsicht handelt, ein strengerer Verschuldensmaßstab. Hierzu führt das LG Hamburg aus:

“Ihm wird zugemutet, sich durch Nachforschungen zu vergewissern, ob der verlinkte Inhalt rechtmäßig zugänglich gemacht wurde, wobei die widerlegliche Vermutung einer Kenntnis der fehlenden Erlaubnis bestehe.”

Wann liegt eine Gewinnerzielungsabsicht vor?

Die Entscheidung des EuGH zielte erkennbar auf gewerbliche Internetseiten ab. Nach Ansicht des Landgerichtes Hamburg ist der Begriff “Gewinnerzielungsabsicht” nicht so zu verstehen, dass die einzelne Link-Setzung unmittelbar darauf abzielen müsste, höhere Gewinne zu erzielen. Im vom LG Hamburg entschiedenen Fall wurde die Gewinnerzielungsabsicht unproblematisch angenommen, da auf der Internetseite, die den Link gesetzt hatte, Waren verkauft wurden.

Zumutbare Nachforschung notwendig

Es versteht sich von selbst, dass es außerordentlich schwierig ist, bei jeder Seite, auf die verlinkt wird, dort nachzufragen, ob alle Inhalte urheberrechtlich einwandfrei sind. Der Antragsgegner wird in den Entscheidungsgründen des Beschlusses des Landgerichtes Hamburg mit den Worten zitiert:

“Allerdings wäre ich nicht im Entferntesten auf die Idee gekommen, bei dem dortigen Seitenbetreiber nachzufragen, ob er die entsprechenden Rechte zur Veröffentlichung hat, oder sonstige Nachforschungen zu den urheberrechtlichen Hintergründen des Bildes anzustellen. Das sah ich nicht als meine Aufgabe als Link-Setzender an.”

Das Landgericht Hamburg hat dem Link-Setzer daraus einen Strick gedreht, dass er nämlich die Urheberrechtsverletzung zumindest billigend in Kauf genommen hat.

Was die Entscheidung des LG Hamburg in der Praxis bedeutet

Zunächst einmal muss man anerkennen, dass die Entscheidung des Landgerichtes Hamburg in Einklang mit der EuGH-Rechtsprechung erfolgte. Bei dem Verfahren handelt es sich um ein “Muster-Verfahren”, von dem wir den Eindruck haben, dass es nur deshalb geführt wurde, um entsprechende deutsche Rechtsprechung aufgrund der EuGH-Entscheidung zu schaffen.

Wie problematisch eine Verlinkung zukünftig für gewerbliche Internetseiten sein kann, zeigt das Vorgehen des Heise Verlages. Der Heise Verlag hatte beim Landgericht Hamburg angefragt, ob bei einer Verlinkung auf die Internetseite des Landgerichtes Hamburg an keiner Stelle gegen die Vorgaben des Urheberrechts oder verwandter Gesetze verstoßen wird. Nach einigem Hin und Her teilte die Pressestelle des Landgerichtes Hamburg zwar mit, “dass das Landgericht selbstverständlich davon ausgeht, dass die Zugänglichmachung sämtlicher Inhalte auf der Seite des Landgerichtes rechtmäßig erfolgt.”

Eine verbindliche Aussage wollte man dort jedoch nicht tätigen:

“Zu rechtsverbindlichen Erklärungen Ihnen gegenüber sehen wir uns indes nicht veranlasst.”

Die Anfrage des Heise Verlages an das Landgericht Hamburg ist natürlich etwas überspitzt. Nichtsdestotrotz zeigt sie, dass es zukünftig für Internetseiten mit Gewinnerzielungsabsicht quasi unmöglich sein wird, auf externe Seiten zu verlinken.

Korrektur erforderlich

Es versteht sich von selbst, dass die Entscheidung des Landgerichtes Hamburg die “Linkfreiheit” des Internets erheblich einschränkt. Nach unserem Eindruck hat der EuGH so streng entschieden, weil sich der Urheberrechtsverletzer, d. h. der Link-Setzer, ganz bewusst und vorsätzlich über die Urheberrechte hinweggesetzt hatte. Wir sind uns nicht sicher, ob der EuGH sich über die weitreichenden Folgen des Urteils im Klaren war. Das EuGH-Urteil zeichnete sich durch den interessanten Aspekt aus, dass das Gericht von dem Schlussantrag des Generalanwalts abgewichen war. Dies ist mehr als ungewöhnlich.

Viele Fragen bleiben offen:

Wie intensiv muss der Linksetzer eine Urheberrechtsverletzung prüfen?

Was passiert eigentlich, wenn nach einer Verlinkung urheberrechtsverletzende Inhalte auf der Zielseite eingestellt wurden?

Kann man den Betreiber der verlinkten Seite die Mithaftung mit in die Mithaftung nehmen?

Stand: 12.12.2016

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

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