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Regensburger Recht: Massenhafte Facebook-Abmahnungen angeblich nicht rechtsmissbräuchlich

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Ein beliebtes Abmahnthema ist ein fehlendes oder unvollständiges Impressum bei Facebook. 

Dies hat sich im vergangenen Jahr ein Abmahner zunutze gemacht und vielfach einen Impressumsverstoß gemäß § 5 TMG abgemahnt.

Nunmehr liegt ein Urteil des Landgerichtes Regensburg (LG Regensburg, Urteil vom 31.01.2013, Az.: 1 HKO 1884/12) vor, das trotz eindeutiger Indizien kein Rechtsmissbrauch annahm.

Wir gehen davon aus, dass dieses Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Dem Urteil ist eine Überprüfung in der Berufungsinstanz zu wünschen.

Sowohl das sogenannte Wettbewerbsverhältnis wie auch die Frage des Rechtsmissbrauches wären äußerst streitig. Der Abgemahnte hatte behauptet, dass binnen 8 Tagen 181 Abmahnungen ausgesprochen worden seien. In der Abmahnung war eine Kostenpauschale in Höhe von 265,70 Euro gefordert worden.

Dies würde einen stolzen “Verdienst” innerhalb einer Woche von über 48.000,00 Euro bedeuten!

Das Urteil ist vom Stil her etwas sonderbar, da es – wie in der juristischen Ausbildung an der Universität – den Sachverhalt im sogenannten Gutachten-Stil beantwortet. Dies funktioniert so, dass eine Hypothese aufgestellt oder eine Frage gestellt wird, unter die dann der Sachverhalt subsumiert wird. Es heißt, es wird geprüft, ob der Sachverhalt auf eine bestimmte Rechtslage passt. Vom Stil her wirkt das Urteil so, als sei es von einem Referendar geschrieben worden. In diesem Fall hätte jedoch der Richter vergessen, seiner Ausbildungstätigkeit nachzukommen.

Letztlich werden stichpunktartig die Prüfungskriterien der Rechtsprechung abgearbeitet. Wir möchten wie folgt zitieren:

“Steht die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden?

Überspitzt formuliert: Besteht die Tätigkeit der Klägerin im Abmahnen und nicht in ihrem angegebenen Betriebsfeld, ist dies ein Anhaltspunkt für Rechtsmissbrauch. Davon kann hier keine Rede sein. Der Zeuge … hat nämlich glaubhaft angegeben, dass die entscheidende Arbeit das Suchprogramm für die Verstöße gemacht hat. Die gesamte Arbeit, das Durchsuchen von Facebook auf fehlerhafte Internetseiten und die Kontrolle, ob das Software-Programm Probleme gehabt habe oder nicht einschließlich dem Überprüfen von Meldungen wie bei … habe insgesamt einen Tag Arbeit gekostet.”

Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen… Wer eine Software einsetzt, um Wettbewerbsverstöße automatisch zu suchen, handelt nach Ansicht des Landgerichtes Regensburg nicht rechtsmissbräuchlich, weil den Job der Computer und nicht der Mensch macht. Wenn “nur” ein Tag Computerarbeit benötigt wird, um 181 Verstöße zu dokumentieren, sei dies vollkommen unproblematisch.

Hierzu dürfen wir feststellen, dass es offensichtlich wettbewerbsfremde Ziele sind, wenn extra eine Software eingesetzt wird, um zielgerichtet Wettbewerbsverstöße aufzufinden. Dieses Verhalten hat mit Wettbewerbsrecht schlichtweg gar nichts zu tun, sondern schreit nach Rechtsmissbrauch.

“Werden überhöhte Abmahngebühren gefordert?

Auch dies ist nicht der Fall. Die Klägerin verlangt hier 265,70 Euro Abmahngebühren. Dies ist im Vergleich zu anderen Fällen äußerst gering und liegt kaum über dem Satz von ca. 200,00 Euro der Abmahnkosten bei Vereinen und qualifizierten Einrichtungen ohne Einschaltung eines Rechtsanwaltes.”

Festzustellen ist: Die Klägerin hat innerhalb einer Woche Abmahngebühren von über 48.000,00 Euro gefordert. Die Pauschale ist höher – und zwar um einiges – als die üblichen Gebühren von Abmahnvereinen, die damit einen ganzen Apparat, Personal und Kosten finanzieren müssen. Wir wissen nicht genau, in welcher Welt die Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Regensburg lebt. Eine gewisse Weltfremdheit lässt sich jedoch nicht von der Hand weisen.

“Ist die Klägerin ein sogenannter Vielfachabmahner?

Ein sogenannter Vielfachabmahner liegt dann vor, wenn der Abmahnende bei gleicher Rechtslage eine Vielzahl verschiedener Wettbewerber abmahnt.

Bei über 180 Abmahnungen innerhalb einer Woche liegt diese Eigenschaft aufseiten der Klägerin vor. Allerdings ist dieses Kriterium für sich nur ein Hinweis auf ein missbräuchliches Verhalten und es rechtfertigt allein den Schluss auf Missbrauch nicht.”

Das Gericht arbeitet sich dann an einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2001 und an einer Entscheidung des OLG Frankfurt aus dem Jahr 2006 ab. Die BGH-Entscheidung “Bauheizgerät” ist in Regensburg offensichtlich vollkommen unbekannt. Es folgt dann ein Exkurs zum Wettbewerbsrecht aus der “Wilhelminischen Zeit”, der rechtsgeschichtlich interessant ist, jedoch mit der aktuellen Rechtslage jedoch nur wenig zu tun hat.

Das Gericht nimmt an, dass ein Indiz, nämlich die Forderung einer Vertragsstrafe unter Ausschluss des sogenannten Fortsetzungszusammenhangs, gefordert wird.

Zusammenfassend heißt es:

Da von den 7 Kriterien bei der Prüfung der Missbräuchlichkeit des klägerischen Vorgehens nur eins erfüllt und dieses kein gewichtiges ist, liegt nach Auffassung des Gerichtes kein Rechtsmissbrauch vor.

Das Olg Hamm prüft bis zu 11 Indzien…Die Entscheidung des Landgerichtes Regensburg, das nach unserer Kenntnis nicht für dezidierte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung bekannt ist, ist abwegig und stellt einen bedauerlichen Einzelfall dar. Wir können uns nicht vorstellen, dass diese Entscheidung in der nächsten Instanz tatsächlich Bestand hat. Ob gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, können wir nicht genau beurteilen.

Auch weiterhin lohnt es sich zu kämpfen, wenn Vielfachabmahner in dieser Form versuchen, Geld zu verdienen.

Stand: 26.02.2013

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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