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BGH zu Abmahnkosten bei markenrechtlicher Abmahnung:

Patentanwaltskosten nur erstattungsfähig, wenn die Mitwirkung des Patentanwaltes erforderlich war

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  • In einer weiteren Entscheidung vom 10.05.2012, Az.: I ZR 70/11 (Kosten des Patentanwaltes IV) hat der BGH jetzt aktuell seine Rechtsprechung zur Erstattung der Kosten des Patentanwaltes vertieft.

    Allein die nicht substantiierte Behauptung, der Patentanwalt habe eine Markenrecherche durchgeführt, ist nach Ansicht des BGH nicht dazu geeignet, die Erforderlichkeit der Mitwirkung eines Patentanwaltes an der Abmahnung einer Markenverletzung so darzulegen, dass eine Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltskosten für die Abmahnung besteht.

    Im Rahmen der Entscheidung hatte der BGH die Erstattungsfähigkeit der in der Abmahnung geltend gemachten Patentanwaltskosten zurückgewiesen. Die Vorinstanz hat noch angenommen, dass es hierauf nicht ankäme, da nicht zu prüfen sei, ob die Mitwirkung des Patentanwaltes notwendig sei.

    Der BGH hat nochmals ausgeführt, dass eine Erstattungsfähigkeit nur dann besteht, wenn diese Kosten erforderlich waren. Die Richter haben die Erforderlichkeit ausdrücklich zu prüfen.

    Für die markenrechtliche Abmahnung führte der BGH aus:

    “Aus dem Umstand, dass es in einem konkreten Fall erforderlich ist, einen Rechtsanwalt mit der Abmahnung einer Kennzeichenverletzung zu betrauen, folgt nicht, dass es notwendig ist, daneben auch noch einen Patentanwalt mit dieser Abmahnung zu beauftragen. Ist ein Rechtsanwalt nach seinen kennzeichenrechtlichen Fähigkeiten allein dazu im Stande, den Fall rechtlich zu beurteilen und den Verletzer abzumahnen, ist es nicht nötig, zusätzlich noch einen Patentanwalt einzuschalten. Es bedarf daher grundsätzlich einer gesonderten Prüfung, ob es notwendig war, zur außergerichtlichen Verfolgung einer Markenverletzung neben einem Rechtsanwalt auch noch einen Patentanwalt zu beauftragen.”

    Es ist in diesem Fall Aufgabe des Abmahners darzulegen und nachzuweisen, dass die Mitwirkung des Patentanwaltes erforderlich war.

    Es gilt zwar der Grundsatz, dass die Mitwirkung eines Patentanwaltes regelmäßig nur dann als erforderlich angesehen wird, wenn er Aufgaben übernommen hat, die zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwaltes gehören. Dies ist jedoch noch nicht zwangsläufig zu setzen mit einer Erforderlichkeit.

    Erst recht keine Erstattungspflicht, wenn eine Abmahnung durch einen Fachanwalt für gewerblicher Rechtsschutz ausgesprochen wird?

    Im vorliegenden Fall war der Abmahneranwalt Fachanwalt für gewerblicher Rechtsschutz. Der BGH führt zutreffend aus, dass ein Fachanwalt für gewerblicher Rechtsschutz eine besondere Sachkunde im Kennzeichenrecht haben muss und somit regelmäßig auch dazu im Stande sein muss, im Rahmen einer Abmahnung eine Markenrecherche durchzuführen. Zudem wies der Streitfall keine besonderen Schwierigkeiten aus.

    Dies dürfte die Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten erheblich einschränken.

    Dies gilt um sehr mehr, je spezialisierter der abmahnende Rechtsanwalt ist.

Überblick

In markenrechtlichen Abmahnverfahren war es in der Vergangenheit durchaus übliche Praxis, dass der Ausspruch der Abmahnung nicht nur durch einen Rechtsanwalt sondern auch durch einen mitwirkenden Patentanwalt erfolgte. Hintergrund dieser Praxis ist eine Sonderregelung im Markengesetz, nach der in Kennzeichenstreitsachen die Kosten aufgrund der Mitwirkung eines Patentanwaltes zu erstatten sind. Folge dieser Regelung ist, dass der Abgemahnte im Falle einer berechtigten Abmahnung Abmahnkosten in doppelter Höhe zu erstatten hat. Diese Folge wurde in der Vergangenheit insbesondere in einfach gelagerten Fällen als unbillig angesehen, da davon ausgegangen werden kann, dass sich die “Mitwirkung” des Patentanwaltes in vielen Fällen auf die Unterschrift auf dem Abmahnschreiben beschränkte. In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 24.02.2011, Az.: I ZR 181/09) nunmehr klargestellt, dass bei einer markenrechtlichen Abmahnung die Erstattung der Patentanwaltskosten nur beansprucht werden kann, wenn die Mitwirkung des Patentanwaltes erforderlich war. Damit hat der BGH eine längst überfällige Beschränkung der Erstattungspflicht auf solche Fälle vorgenommen, in denen die Mitwirkung eines Patentanwaltes tatsächlich sinnvoll und geboten ist. Gleichzeitig hat der BGH konkrete Voraussetzungen formuliert, unter denen die Mitwirkung eines Patentanwaltes bei dem Ausspruch einer markenrechtlichen Abmahnung erforderlich ist.

Schon länger umstritten: Geltendmachung doppelter Abmahnkosten bei markenrechtlicher Abmahnung

Grundlage der Erstattungspflicht hinsichtlich der Patentanwaltskosten bei einer markenrechtlichen Abmahnung ist die Regelung in § 140 Abs. 3 Markengesetz. Dort heißt es:

“Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.”

Wie wir in einem anderen Beitrag bereits berichtet hatten, war die Geltendmachung doppelter Abmahnkosten bei einer markenrechtlichen Abmahnung bereits seit längerer Zeit heftig umstritten. So vertrat das Landgericht Berlin in einer Entscheidung vom 18.09.2007 zum Az.: 5 O 698/06 ganz grundsätzlich die Auffassung, die Regelung des § 140 Abs. 3 Markengesetz beziehe sich lediglich auf die Mitwirkung eines Patentanwaltes in einem gerichtlichen Verfahren. Das OLG Frankfurt entschied dagegen mit Urteil vom 12.11.2009 zum Az.: 6 U 130/09, dass die Regelung des § 140 Abs. 3 Markengesetz auch bei einer markenrechtlichen Abmahnung anwendbar sei. Beide Gerichte lehnten die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines mitwirkenden Patentanwaltes aber jedenfalls für einfach gelagerte Fälle ab.

Nach unserer Erfahrung wurden in markenrechtlichen Abmahnverfahren in vielen Fällen auch bei einfach gelagerten Sachverhalten quasi standardmäßig sowohl Rechtsanwaltskosten als auch Patentanwaltskosten geltend gemacht. Vor dem Hintergrund, dass die Erforderlichkeit der Mitwirkung eines Patentanwaltes jedoch gerade in einfach gelagerten Fällen erheblichen Zweifeln unterlag, wurden die Patentanwaltskosten in aller Regel nicht weiter verfolgt, wenn zumindest die Rechtsanwaltskosten erstattet wurden.

BGH: Erstattung der Patentanwaltskosten nur, wenn die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war

Dem aktuellen Urteil des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin hatte gegenüber der Beklagten wegen einer Markenrechtsverletzung eine markenrechtliche Abmahnung ausgesprochen und mit dem Abmahnschreiben nicht nur zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert sondern auch die Erstattung der Kosten sowohl der beauftragten Rechtsanwältin als auch des beauftragten Patentanwaltes gefordert, insgesamt 4.161,00 Euro. Das Landgericht hatte die Beklagte zwar zur Erstattung der Anwaltskosten verurteilt, die weitergehende Klage auf Erstattung der Patentanwaltskosten jedoch abgewiesen. Auch das Berufungsgericht hat im Berufungsverfahren den Anspruch auf Erstattung der Patentanwaltskosten zurückgewiesen. Daraufhin verfolgte die Klägerin ihren Anspruch im Revisionsverfahren vor dem BGH weiter. Der BGH lehnte die Erstattungspflicht jedoch ebenso wie die Vorinstanzen ab.

Der BGH wies zunächst darauf hin, dass die Regelung des § 140 Abs. 3 Markengesetz nicht für die Kosten der Mitwirkung eines Patentanwaltes in einem Abmahnverfahren gelte:

“Die Regelung des § 140 Abs. 3 Markengesetz gilt unmittelbar nur für Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einem Rechtsstreit entstanden sind und nicht für Kosten, die -wie hier die Abmahnkosten- durch die Mitwirkung eines Patentanwalts außerhalb eines Rechtsstreits angefallen sind. (…) Die Bestimmung des § 140 Abs. 3 Markengesetz kann auch nicht in entsprechender Anwendung als Grundlage für einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit eines Patentanwalts herangezogen werden. Voraussetzung für die entsprechende Anwendung einer Vorschrift ist das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage. Hier liegt schon keine Regelungslücke vor.”

Im Weiteren stellt der BGH jedoch auch klar, dass die Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten bei einer markenrechtlichen Abmahnung nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Eine Erstattungspflicht setze jedoch voraus, dass die Mitwirkung des Patentanwaltes erforderlich war:

“Die Kosten, die durch die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, sind nur zu erstatten, soweit sie erforderlich waren. Dabei ist es Sache des Anspruchstellers, darzulegen und nachzuweisen, dass es erforderlich war, einen Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu beauftragen. Es gibt keinen Grund dafür, die außergerichtlichen Patentanwaltskosten anders als die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ohne Prüfung ihrer Erforderlichkeit zu ersetzen. (…) Die Kosten für die außergerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache sind auch dann nicht ohne Prüfung ihrer Erforderlichkeit zu erstatten, wenn die Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts in dieser Kennzeichenstreitsache als erforderlich anzusehen und daher zu ersetzen sind.”

Der BGH führt sodann aus, unter welchen Voraussetzungen die Mitwirkung eines Patentanwaltes bei einer markenrechtlichen Abmahnung erforderlich ist, so dass die Kosten seiner Mitwirkung zu erstatten sind:

“Hat neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abmahnung wegen einer Markenverletzung mitgewirkt, kann die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war. Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur erfüllt, wenn der Patentanwalt dabei Aufgaben übernommen hat, die -wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage- zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören.”

Einen kleinen “Seitenhieb” auf die Anwälte der Klägerin konnten sich die Richter des BGH dann auch nicht verkneifen:

“Gegen die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Patentanwalts spricht auch, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, dass die Klägerin in der Abmahnung nach einer kurzen Darstellung des Sachverhalts hat ausführen lassen, dass es “keiner weiteren Erläuterung” bedürfe, warum eine Markenverletzung vorliege.”

Fazit

Mit seiner Entscheidung hat der BGH die längst überfällige Klarstellung getroffen, dass bei einer markenrechtlichen Abmahnung die Kosten eines mitwirkenden Patentanwaltes nur zu erstatten sind, sofern die Hinzuziehung eines Patentanwaltes tatsächlich erforderlich war. Wir gehen daher davon aus, dass zukünftig zumindest bei einfach gelagerten Sachverhalten nur noch Rechtsanwaltskosten geltend gemacht werden. Bei komplexeren Sachverhalten wird zukünftig im Einzelfall zu entscheiden sein, ob die Hinzuziehung eines Patentanwaltes wirklich erforderlich war oder nicht.

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke

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