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BGH entscheidet (nicht) zu Google-AdWords

 

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In drei lange erwarteten Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 22.01.2009 zur markenrechtlichen Beurteilung der Verwendung fremder Kennzeichen als Schlüsselwörter (Keywords) für die Schaltung sogenannter Google-AdWords-Anzeigen Stellung genommen. Gegenstand der Verfahren war die Frage, inwieweit es eine Kennzeichenrechtsverletzung darstellt, wenn zur Schaltung einer Google-AdWords-Werbeanzeige bei Google als Keyword ein fremdes Kennzeichen angegeben wird. Die Problematik beschäftigt die Instanzgerichte bereits seit einiger Zeit und führt zur erheblicher Rechtsunsicherheit. Während einige Obergerichte eine Kennzeichenrechtsverletzung bejahten, verneinten andere Obergerichte eine solche. Eine abschließende Klärung der diesbezüglichen Rechtsfragen steht jedoch nach wie vor aus. Zwar verneinte der BGH in zwei der drei vorgelegten Verfahren eine Kennzeichenrechtsverletzung, allerdings ging es in den beiden Verfahren um Unternehmenskennzeichen. In dem dritten Verfahren, in dem es um die Benutzung einer Marke ging, entschied das Gericht nicht. Es legte die relevante Rechtsfrage vielmehr dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zur Entscheidung vor.

Die entscheidende Rechtsfrage:

Ist die Nutzung eines fremden Kennzeichens als Keyword eine markenmäßige Benutzung?

 

Wer AdWords-Werbeanzeige schaltet, gibt bei Google nicht nur den Text für die entsprechende Werbeanzeige an, sondern auch Keywords. Die entsprechenden Keywords werden in der Werbeanzeige nicht mit dargestellt. Sie dienen Google vielmehr als Vorgabe des Werbekunden, bei Eingabe welcher Suchbegriffe die AdWords-Anzeige des Werbekunden neben den Suchergebnissen eingeblendet werden soll. Unter marketingstrategischen Aspekten ist es daher sinnvoll, insbesondere die Marken von Wettbewerbern als Keywords anzugeben, um auf das eigene Angebot aufmerksam zu machen. Wer über die Google-Suche nach den Markenartikeln eines bestimmten Herstellers sucht, interessiert sich vermutlich auch für die Markenartikel anderer Hersteller. Gut möglich also, dass der Internetnutzer nicht nur den Links in der Suchergebnis-Liste folgt, sondern auch den Links in der AdWords-Anzeige-Liste. Fakt ist: Je punktgenauer eine Werbung auf die Bedürfnisse der angesprochenen Zielgruppe ausgerichtet ist, umso wirkungsvoller ist die Werbung. Aus diesem Grunde überrascht es kaum, dass die Nutzung von fremden Kennzeichen für die Schaltung von Google-AdWords-Werbeanzeigen sehr unterschiedlich bewertet wird. Was die einen als legitimes Umwerben potentieller Kunden ansehen, betrachten die anderen als rechtsverletzende Rufausbeutung.

Rechtlich gesehen stellt sich im Zusammenhang mit der Angabe fremder Kennzeichen als Keywords die Frage, ob eine markenmäßige Benutzung vorliegt. Der europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem anderen Zusammenhang zum Begriff der rechtsverletzenden Benutzung einer Marke darauf abgestellt, ob die Marke zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens, also als Marke benutzt werde, oder ob die Benutzung zu anderen Zwecken erfolge. Der Bundesgerichtshof (BGH) setzt dementsprechend für eine rechtswidrige markenmäßige Benutzung voraus, dass der Verkehr in dem angegriffenen Zeichen einen Herkunftshinweis sieht. Dies ist im Falle der Nutzung eines fremden Kennzeichens als Keyword für die Schaltung von Google-Adwords-Werbeanzeigen jedoch gerade fraglich, wenn das fremde Kennzeichen in dem Text der Werbeanzeige selbst nicht erscheint. Die Markeninhaber verweisen insoweit auf die sogenannte Lotsenfunktion der Marke, die man sich gerade zu Nutze mache, wenn man eine fremde Marke als Keyword für die Schaltung eigener Google-Adwords-Werbeanzeigen nutze. Im Ergebnis, so die Argumentation würden die Internetnutzer bei ihrer Suche nach einem bestimmten Markenprodukt unter (wenn auch verdeckter) Nutzung der fremden Marke auf das eigene Angebot aufmerksam gemacht. Ein derartiges Vorgehen sei vergleichbar mit der Einbindung eines fremden Kennzeichens als sogenanntes Metatag in den für den Internetnutzer nicht sichtbaren Quelltext einer Internetseite. Dies hatte der Bundesgerichtshof in seiner Metatag-Entscheidung als Markenrechtsverletzung bewertet. Ob die Grundsätze dieser Entscheidung jedoch auf die Nutzung fremder Kennzeichen als Keyword bei der Schaltung von Google-Adwords-Werbeanzeigen übertragen werden können, ist zweifelhaft, weil die Google-Adwords-Werbeanzeigen für den Internetnutzer deutlich erkennbar als Werbeanzeigen ausgestaltet sind. Für den Internetnutzer sei somit deutlich erkennbar, dass ihm von Google zu seiner Suchanfrage zu bestimmten Suchbegriffen einerseits die Suchergebnisse des Google-Dienstes und andererseits die Werbeanzeigen von Kunden von Google präsentiert werden. Da der Bundesgerichtshof die relevante Rechtsfrage dem europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte, bleibt die Frage zunächst unbeantwortet.

Entscheidungen des BGH

In einem der von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Verfahren stritten zwei Unternehmen, die über das Internet Leiterplatten vertreiben. Die Klägerin ist Inhaberin der Marke “PCB-Pool”. Das beklagte Unternehmen hatte bei Google als Keyword die Abkürzung “PCB” angegeben (printed circuit board). Auf Grund der Angabe dieser Abkürzung als Keyword wurde die von dem beklagten Unternehmen geschaltete Google-Adwords-Werbeanzeige auch bei Eingabe des Suchbegriffes “PCB-Pool” in die Suchmaschine von Google in dem Anzeigenblock neben der Suchergebnisliste von Google eingeblendet. Der Bundesgerichtshof sah hierin keine Markenrechtsverletzung, da die Angabe “PCB” rein beschreibenden Charakter habe. Da ein Markeninhaber gegen die Verwendung einer rein beschreibenden Angabe jedoch selbst dann nicht vorgehen könne, wenn diese markenmäßig benutzt werde und dadurch die Gefahr einer Verwechslung mit der geschützten Marke begründet werde, kam es auf die Frage, ob die Nutzung der Abkürzung “PCB” als Keyword überhaupt eine markenmäßige Benutzung darstelle, in diesem Verfahren nicht mehr an.

In einem weiteren vom Bundesgerichtshof entschiedenen Verfahren hatte die Klägerin des vorgenannten Verfahrens die Verletzung ihrer Rechte an der Unternehmensbezeichnung “Beta Layout GmbH” geltend gemacht, da ein Wettbewerber bei Google für die Schaltung von Google-Adwords-Werbeanzeigen als Keyword die Bezeichnung “Beta Layout” angegeben hatte. Bei einer Suche nach dem Suchbegriff “Beta Layout” wurde aus diesem Grunde von Google neben der Suchergebnisliste im Anzeigenblock die Google-Adwords-Werbeanzeige des Wettbewerbers eingeblendet. Der Bundesgerichtshof sah hierin keine Verletzung der Rechte der Klägerin an ihrer Unternehmensbezeichnung und begründete dies mit dem Fehlen der erforderlichen Verwechslungsgefahr. Der Bundesgerichtshof führte insoweit aus, der Internetnutzer nehme nicht an, dass die in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste erscheinende Anzeige der Wettbewerberin der Klägerin von der Klägerin stamme. Eine Entscheidung war dem Bundesgerichtshof insoweit möglich, weil der Schutz von Unternehmensbezeichnungen, anders als der Schutz von Marken, nicht auf europäischem Recht beruht. Gleichwohl lässt sich der Entscheidung entnehmen, welche Rechtsauffassung der Bundesgerichtshof insoweit wohl auch für Marken vertreten hätte.

Fazit und Ausblick

Es bleibt abzuwarten, wie der europäische Gerichtshof die ihm vorgelegte Rechtsfrage beurteilen wird. Sofern der europäische Gerichtshof in der Verwendung fremder Kennzeichen als Keyword keine markenmäßige Benutzung dieser fremden Kennzeichen sieht, wäre die Nutzung fremder Kennzeichen als Keyword einheitlich zu beurteilen. Sollte der europäische Gerichtshof indes in der Nutzung fremder Kennzeichen als Keyword eine markenmäßige Benutzung dieser fremden Kennzeichen sehen, müsste zukünftig bei der Beurteilung entsprechender Rechtsstreitigkeiten danach differenziert werden, was für ein Kennzeichen verletzt wird. In diesem Fall würde sich auch die Frage stellen, ob der Bundesgerichtshof bei seiner Rechtsauffassung bleibt. Zunächst bleibt es jedoch bei den bekannten Rechtsunsicherheiten.

Stand: 02.03.2009

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Andreas Kempcke und Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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