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Doch nicht lieferbar: Falsche Information über die Verfügbarkeit von Waren ist wettbewerbswidrig

Internetshops müssen neben einer Lieferzeit auch korrekt über die Verfügbarkeit von Waren informieren. Der Bundesgerichtshof hatte bereits im Jahr 2005 (BGH-Urteil vom 07.04.2005, Az: I ZR 314/02 “Internet-Versandhandel”) entschieden, dass in einem Internetshop korrekt über die Lieferbarkeit von Waren informiert werden muss. Schon damals hatte der BGH ohne Rücksicht auf technische Möglichkeiten angenommen, dass die Information über die Verfügbarkeit ohne Wenn und Aber korrekt sein muss. Dies ist naturgemäß gerade für Shopbetreiber sehr aufwendig.

Eine falsche Information über die Verfügbarkeit von Waren in einem Internetangebot ist immer wieder ein Grund für eine Abmahnung.

Das nicht lieferbare Fahrrad

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 11.08.2015, Az: 4 U 69/15) hatte sich mit einem Fall zu befassen, in dem ein Fahrrad in einem Internetshop mit den Worten “nur noch wenige Exemplare auf Lager, Lieferzeit ca. 2 – 4 Werktage” angeboten wurde. Nach einer Testbestellung stellte sich heraus, dass das Fahrrad nicht mehr lieferbar war. Der Shopbetreiber teilte dem Besteller daraufhin mit, dass das bestellte Rad aktuell nicht mehr auf Lager sei, es würde jedoch das 2015er Modell hereinkommen. Es wurde dann angefragt, wie weiter verfahren werden sollte. Tenor der einstweiligen Verfügung war neben dem Umstand, dass falsch über die Lieferzeit informiert wurde, auch die darauffolgende Email des Shopbetreibers, dass sich nämlich der Kunde für die Lieferung eines anderen Artikels entscheiden könne.

Aufwand ist keine Entschuldigung

Der Shopbetreiber hatte sich damit verteidigt, dass es aufgrund der kurzen zeitlichen Abfolge unterblieben sei, den Datenbestand im Onlineshop entsprechend anzupassen. Ein Warenwirtschaftssystem, dass eine automatische Anpassung der Warenverfügbarkeitsdaten im Internet ermögliche, sei für ihn zu teuer. Es erfordere Anschaffungskosten von mehreren zehntausend Euro.

Der Umstand, dass der Shopbetreiber im Übrigen vortrug, ein höherwertiges Fahrrad eines neueren Baujahrs zum gleichen Preis verkaufen zu wollen, war im Übrigen für den Rechtsstreit ohne Belang.

Wettbewerbswidrige Irreführung

Das OLG hat – wie zu erwarten – den Unterlassungsanspruch durchgewunken. Konkret geht es um das Verbot von Lockangeboten gem. Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 5 UWG:

Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 UWG sind

5. Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne des § 5 Abs. 3 UWG zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Ist die Bevorratung kürzer als 2 Tage, obliegt es dem Unternehmer, die Angemessenheit nachzuweisen.

Nach Ansicht des OLG steht nicht die mangelnde Vorratshaltung durch den Unternehmer, sondern die mangelnde Aufklärung über die Produktverfügbarkeit im Mittelpunkt der wettbewerbsrechtlichen Vorwürfe. Verbraucher haben besonders hohe Erwartungen an die inhaltliche Richtigkeit von Internetangeboten in Hinsicht auf die Warenverfügbarkeit, weil Angebote im Internet – anders als z. B. Angebote in einem gedruckten Katalog – ständig aktualisiert werden können. Wir hatten bereits damals darauf hingewiesen, wie weitreichend die BGH-Entscheidung ist, wenn man die Verpflichtung zu einer Aktualisierung der Warenverfügbarkeit quasi just-in-time betrachtet.

Ersatzangebot nützt nichts

Der Shopbetreiber hatte sich damit verteidigt, dass der unlauter angelockte Kunde im stationären Handel noch eine besondere Hemmschwelle überwinden müsse, um das Ladenlokal, das er einmal betreten habe, wieder zu verlassen. Dieser Argumentation schob das OLG einen Riegel vor: Dem Kunden, der etwas im Internet bestellt und bezahlt hat, fällt es noch schwerer, ein Ersatzangebot eines angeblich höherwertigen Produktes wie im vorliegenden Fall, abzulehnen oder alternativ die Auseinandersetzung um die Rückzahlung des Kaufpreises zu streiten.

Hinweis “Nur noch wenige Exemplare auf Lager” reicht nicht

Der Hinweis darauf, dass nur noch wenige Exemplare auf Lager seien (diese Information sieht man in Internetshops öfter), genügt zur Aufklärung des Kunden über das Fehlen eines entsprechenden Warenvorrats nicht. Der Verkehr (gemeint sind die Kunden des Shopbetreibers) versteht diesen Hinweis gerade dahingehend, dass der Anbieter tatsächlich noch über die entsprechende Ware verfügt und sieht in dem Hinweis lediglich die Aufforderung, mit der Kaufentscheidung nicht mehr allzu lang zu warten.

Warenwirtschaft notwendig

Es versteht sich von selbst, dass ohne eine Warenwirtschaft, die den Warenbestand mit einer Anzeige der Verfügbarkeit im Internet verknüpft, das ordnungsgemäße Betreiben eines Internetshops kaum möglich ist. Eine manuelle Aktualisierung ist quasi ein Ding der Unmöglichkeit.

Bei eBay oder Amazon stellt sich das Problem in der Regel nicht, da die Produkte bei Nichtverfügbarkeit nicht mehr angeboten werden und gerade Amazon durch den hinterlegten Warenbestand (soweit dieser zutreffend ist) die Verfügbarkeit korrekt anzeigt.

Der Aufwand für den Betreiber eines Internetshops ist jedoch sehr viel höher. Neben der Gefahr einer Abmahnung, ist es natürlich auch mit einem erheblichen Kundenfrust verbunden, wenn eine Ware als verfügbar beworben wird, die dann nicht lieferbar ist. Insofern spricht neben einer möglichen Abmahngefahr die Frage der Kundenzufriedenheit für eine ordnungsgemäße Verfügbarkeitsangabe eine große Rolle.

Nachtrag

Soweit an anderer Stelle das Urteil mit der Überschrift besprochen wird, dass nicht verfügbare Ware nicht angeboten werden darf, muss man unterscheiden:

Wenn die Ware nicht mehr reinkommt, stimmt das so. Wenn die Ware aktuell nicht verfügbar ist, später jedoch schon, gilt folgendes:

Die Ware darf angeboten werden, es muss jedoch auf die (dann längere) Lieferzeit hingewiesen werden

Wir beraten Sie.

Stand: 28.09.2015

Ihr Ansprechpartner:Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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