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eBay-Abmahnungen von Angela D.: jetzt mit der Lizenz zur

Vielfachabmahnung (OLG Celle) ?

Wir hatten bereits in der Vergangenheit über die Abmahnung von Frau Angela D. aus Rendsburg berichtet. Frau D. verkauft bei eBay u.a. Parfum und Kosmetika und lässt über ihre Rechtsanwälte in Kiel umfangreich abmahnen.

Zumindest nach Ansicht des Landgerichtes Stade (Urteil vom 23.04.2009 Aktenzeichen: 8 O 46/09) waren die Abmahnungen von Frau D. rechtsmissbräuchlich. Nach Ansicht des Landgerichtes war die Grenze zu einem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen von Frau D. gemäß § 8 Abs. 4 UWG überschritten. Vor dem Hintergrund, dass Frau D. in gut fünf Jahren 164 Abmahnungen ausgesprochen hatte, nahm das Landgericht ein Missverhältnis zwischen Umsatz und Abmahnverhalten an, vor dem Hintergrund eines Umsatzes wird es im Jahr 2007 von 238.000,00 Euro. Nach Ansicht des Gerichtes stand der Umfang der Abmahnaktion in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zum betrieblichen Nutzen. Es heißt insofern auch in der Entscheidung “Die Verfügungsklägerin überprüft fortlaufend das Internet; ihr Verhalten dient jedenfalls ganz vorwiegend dazu, ihrem Anwalt kontinuierlich besondere Einnahmen zu verschaffen. Vor diesem Hintergrund gelangt die Kammer zur Feststellung, dass mit der Geltendmachung des Anspruches überwiegend sachfremde Ziele das vorherrschende Motiv gebildet haben.” Nach Ansicht des Landgerichtes stehen jedenfalls Gebührenerzielungsinteressen im Vordergrund.

Diese Entscheidung ist durch das OLG Celle mit Urteil vom 30.07.2009 Aktenzeichen: 13 O 77/09 aufgehoben worden. Das OLG nimmt jedoch einen Rechtsmissbrauch nicht an. Das OLG führt insofern aus:

Für einen Missbrauch spricht auch weiterhin, wenn der Abmahnende kein nennenswertes eigenes wirtschaftliches Interesse an der Unterlassung der Wettbewerbshandlung hat. Insoweit hat der Beklagte erstinstanzlich geltend gemacht, dass der Umsatz der Klägerin “verschwindend gering” sei. Auch dies ist nicht hinreichend belegt oder unter Beweis gestellt worden. Die Klägerin hat im Rahmen ihr insoweit obliegenden sekundären Beweisleist angegeben, im Geschäftsjahr 2007 über eBay einen Gesamtumsatz von 238.000,00 Euro generiert zu haben. Auch für das Jahr 2008 sei ein sechsstelliger Betrag zu erwarten. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht glaubhaft gemacht. Soweit sich die Beklagte erstinstanzlich auf sogenannte “goofbay-Auszüge” berufen hat, vermag der Senat diesem keinen hinreichend sicheren Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Umsatz der Klägerin so gering ist, wie von dem Beklagten behauptet. Soweit der Beklagte sich mit Schriftsatz vom … auf seine eigene eidesstattliche Versicherung von … beruft, ist der Beklagte mit dieser erstmalig im Berufungsrechtszug erhobene Vorbringen bereits ausgeschlossen… unabhängig davon, ist das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten aber auch nicht ausreichend, um einen hinreichenden sicheren Schluss darauf zu gewinnen, dass der Umsatz der Klägerin in einem derart niedrigen Bereich liegt, wie von dem Beklagten behauptet”

Hierzu möchten wir erläuternd anmerken, dass der Beklagte in diesem Verfahren im Rahmen der Berufungsinstanz an weitere interessante Informationen gelangt war, aus denen sich die Vermutung ergibt, dass der Umsatz von Frau D. bei eBay nicht so hoch sein könnte, wie von ihr angegeben. Diese Informationen wollte der OLG-Senat jedoch offensichtlich nicht hören. Zudem dürfen wir anmerken, dass zu keinem Zeitpunkt in dem einstweiligen Verfügungsverfahren der Umsatz der Abmahnerin bei eBay von dieser glaubhaft gemacht wurde. Es ist schon auffällig, wenn allgemeine Behauptungen der Antragstellerin für die Überzeugung des Gerichtes ausreichen, der Abgemahnte jedoch quasi machen kann was er will, jedoch mit seinen Beweisangeboten vor Gericht nicht gehört wird.

Auch zur Anzahl der ausgesprochenen Abmahnungen hat sich der Senat geäußert:

Ein Indiz kann schließlich der ausgesprochenen Abmahnungen darstellen. Dies allein für sich genommen würde indes nicht ausreichen, um einen Missbrauch anzunehmen. Vorliegend ist nach Auffassung des Senats die Anzahl des seitens der Klägerin in der Vergangenheit ausgesprochenen Abmahnung bereits noch nicht einmal in bedenklicher Weise hoch. Die Klägerin hat angegeben, in den letzten fünf Jahren 164 Abmahnungen ausgesprochen zu haben. Dies entspricht im Durchschnitt ca. 35 Abmahnungen pro Jahr. Dem Bundesgerichtshof lag in seiner Entscheidung vom 05.10.2000 (I ZR 237/98) beispielsweise zu Grunde, dass der dortige Kläger im Jahr 1997 ca. 150 Abmahnungen, im Jahr 1998 noch ca. 35 Abmahnungen ausgesprochen hatte. Das ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, zumal in dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zu dem vorgenannten Umstand noch zumindest ein weiteres Indiz für einen Missbrauch hinzu kam.

Überspitzt gesagt “dürfte” die Abmahnerin somit sogar 150 Abmahnungen im Jahr aussprechen….

Nachdem uns von Frau D. in der Zeit nach Verkündung des Urteils des Landgerichtes Stade bis zur Entscheidung des OLG Celle keine Abmahnungen mehr bekannt geworden sind, gibt es nunmehr wohl offensichtlich Einiges nachzuholen. Allein in der 33. Kalenderwoche 2009 liegen uns mehere neue Abmahnungen vor. Dass gerichtliche Ansprüche nunmehr gerne vor dem Landgericht Stade geltend gemacht werden, erstaunt ebenfalls nicht.

Dass wir aus unserer Sicht die Entscheidung des OLG Celle für nicht richtig halten, versteht sich an dieser Stelle fast von selbst. Diese Ansicht hat nicht nur damit zu tun, dass unser Mandant bedauerlicher Weise in der zweiten Instanz das Verfahren verloren hat. Der Eindruck, dass der Senat sich den Argumenten und Beweismitteln des Abgemahnten im Berufungsverfahren verschlossen hat, bleibt als bitterer Beigeschmack zurück.

Es wäre sicherlich sinnvoll, die Rechtsansichten des OLG Celle einmal dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Dies gilt umso mehr, als dass Oberlandesgerichte, die im Bereich des Wettbewerbsrechts im Internet über einschlägige Erfahrungen verfügen, eine sehr viel liberalere Rechtsprechung zum Thema Rechtsmissbrauch haben. Einen derartigen Rechtsstreit bis zum Bundesgerichtshof zu bringen, kostet jedoch Geld -viel Geld-, das die oftmals kleineren eBay-Händler, die abgemahnt werden, nicht haben.

Die Entscheidung des OLG Celle ist im Übrigen nicht damit gleichzusetzen, dass Frau D. nunmehr für alle Zukunft einen Freibrief hat, so umfangreich abzumahnen, wie es ihr beliebt. Auch wenn die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichtes Stade durch das OLG Celle aufgehoben wurde, ist die rechtliche Begründung für die Annahme des Rechtsmissbrauches durch das Landgericht Stade durchaus nachvollziehbar und in sich schlüssig.

Das letzte rechtliche Wort dürfte noch nicht gesprochen worden sein.

31.08.2009

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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